Wie lassen sich Bier, Elektrizität, Kulturgeschichte und Forellen zueinander bringen? Ein Tagesausflug von Hermannstadt/Sibiu aus wagt den Versuch einer ausgefallenen Fusion: Über die Heltauerstraße/Calea Cisnădiei führt der Weg über die Ortschaft Heltau/Cisnădie mit ihrer aus der Ferne sichtbaren Kirchenburg bis ins Dorf Zoodt/Sadu. Auf dem Weg liegen die Ferienhaussiedlung „Tocile“, die 1989 nach der Wende in Rumänien entstand, und die neue Bierbrauerei Sadu, in der man seit einigen Jahren die Produktion des Traditionsbieres „Bere Sadu“ wieder aufgenommen hat. Auch das erste Museum Rumäniens in einem Elektrizitätswerk und eine Forellenzucht gibt es auf dem Weg zu entdecken.
Erster Halt: Zoodt zwischen Zibins- und Lauterbachgebirge. Klein und unscheinbar mutet das südlich von Hermannstadt gelegene Dorf an. Malerisch liegt es am gleichnamigen Fluss in der „Mărginime“, einem „Randgebiet“ Hermannstadts, in dem lagebedingt seit jeher Schafzucht, Handwerk und Handel blühten. Auf den ersten Blick erinnert wenig an die Geschichte, die von den berühmten Persönlichkeiten ausging, die hier geboren sind.
Wiege rumänischer Kulturgeschichte
Bei einem Spaziergang durch das Dorf weisen Schilder und Plaketten auf die berühmten Söhne der Ortschaft hin: Der Bischof der griechisch-katholischen Kirche, Ioan Inocențiu Micu-Klein, stemmte sich Zeit seines Lebens gegen die Leibeigenschaft der rumänischen Bauern und kämpfte für soziale und politische Gleichberechtigung der Rumänen in Siebenbürgen. Deswegen fiel er schließlich bei Maria Theresia in Ungnade und wurde aus Siebenbürgen verbannt. Sein Neffe Samuil Micu-Klein war einer der Vertreter der „Siebenbürgischen Schule“/„Școala Ardeleană“: Die rumänische Kulturbewegung der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entstand ausgehend von der griechisch-katholischen mit Rom unierten Kirche. Die „Schule“ stand für aufklärerisches Gedankengut und kämpfte für die Rechte der siebenbürgischen Rumänen. Ihre Mitglieder beschrieben erstmalig die Nähe der rumänischen Sprache zum Lateinischen. Auch die erste Grammatik des Rumänischen geht auf Samuil Micu-Klein zurück. Die Gruppe stellte einen direkten Bezug der Abstammung der Rumänen von den Römern her und legte so den Grundstein für eine rumänische nationale Identität. Auch der Augenarzt Ioan Piuariu Molnar wurde in Zoodt geboren und gehört in den Kontext der Siebenbürgischen Schule.
Die Fahrt geht weiter. Auf dem Weg befindet sich im Zoodttal auch der traditionelle Aufstieg auf den Berg „Prejba“. In der Pension „Zum Grünen Tisch“/„Pensiunea Masa Verde“ kann man bis heute gut übernachten. Von hier aus lassen sich Wanderungen in das Lauterbachgebirge unternehmen.
Tradition der Region: „Bere Sadu“
In Zoodt befindet sich noch heute die Ruine der alten Sadu-Bierbrauerei. Ein Siebenbürger-Sachse hatte die Fabrik Anfang des 20. Jahrhunderts gegründet. Produziert wurde das Bier bis ins Jahr 2000; danach hat man die Produktion eingestellt.
Im Jahr 2019 nahm ein Hermannstädter Kleinunternehmer die Produktion wieder auf. Er gründete eine kleine Bier-Manufaktur, die seither ein helles und ein dunkles Bier im Programm hat. Für die Herstellung des Biers wird das Wasser der Region verwendet – die Flaschen stammen aus der Klosterbrauerei Mallersdorf in Bayern und werden als Pfandflaschen umweltfreundlich mehrfach genutzt.
Wie vor hundert Jahren – das Elektrizitätsmuseum
Nächster Halt: Das Museum „Sigmund Dachler“/„Muzeul Energetic Sadu I“. Auf Initiative des Volkswirtschaftlers, Bankdirektors und Publizisten Dr. Carl Wolff hatte man im Jahre 1895 die Pläne zur Elektrizitätserzeugung aufgenommen. Realisiert wurde das Werk durch den Münchener Ingenieur Oskar von Miller. Benannt ist es nach dem ersten Leiter des ersten Wasserkraftwerks Rumäniens, dessen Konstruktion im Jahre 1895 begann. Zoodt I, das erste Elektrizitätswerk, nahm bereits ein Jahr später den Betrieb auf und versorgte Zoodt, Heltau und Hermannstadt mit Strom. Durch die Inbetriebnahme des Werks konnte 1904/05 ein weiteres Projekt Carl Wolffs realisiert werden: Die erste elektrische Straßenbahn fuhr in Hermannstadt.
Die mit alten Warnschildern versehene Fassade des Museums sieht auf den ersten Blick nicht einladend aus: Wer es besuchen möchte, muss die auf der Internetseite des Museums angegebene Telefonnummer anrufen. Sogleich öffnen sich die Tore und eine Gratisführung durch die Räumlichkeiten gibt es gleich mit dazu. Der Eintritt ist frei.
Im Maschinenraum des Erdgeschosses stehen die historischen, auf das Jahr 1901 zurückgehenden und 1925/26 auf Dreiphasenstrom modernisierten Generatoren, die bis heute in Betrieb sind und das Stromnetz mitversorgen. Riesige Werkzeuge, die noch immer zur Wartung der alten Maschinen dienen, hängen in der imposanten Halle.
Im ersten Stock, in dem früher die Angestellten von Zoodt I ihren Arbeits- und Schlafplatz hatten, erfährt man alles über die Geschichte des Elektrizitätswerks bis zum Zeitpunkt des Zweiten Weltkriegs. Auch die Struktur der Betriebsabläufe, die Organisation seiner Mitarbeiter in der Zwischenkriegszeit und die Entstehung des Wasserkraftwerks Sadu V sind dokumentiert. Anhand von Instrumenten, Maschinen und Dokumenten kann man in die verschiedenen Anwendungsbereiche von Elektrizität vom Ende des 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts eintauchen.
Frische Bergluft im grünen Tal
Dritter Stopp: Am Fluss Zoodt entlang führt die Hauptstraße zur Forellenzucht „Tatu Sadu“. Im Jahr 2020 öffnete sie ihre Tore. Unmittelbar neben dem Lauterbachgebirge/Munții Lotrului im Plaiu-Tal/Valea Plaiului gelegen und mit einem großen Parkplatz ausgestattet, bietet der Ort die ideale Gelegenheit zu einem Mittagessen in entspannter Atmosphäre. Die in den Hang gebaute, mehrstufige Terrasse, die sogenannte „Esplanade“, ist mit Sonnensegeln überspannt. Sie bietet ihren Gästen einen großzügigen Außenbereich an. Dreistufig angelegt, lassen sich auf jeder der Terrassenebenen bei sieben „Essens-Stationen“ verschiedene Speisen ordern: Auf der untersten Ebene gibt es Kaffeespezialitäten, Limonaden und Desserts, in der Mitte die Fleischgerichte, Pizza und Burger – auch eine Pizza mit Forelle und ein Fisch-Burger stehen auf der Karte. Die oberste Ebene ist den begehrten Fischgerichten vorbehalten. Bezahlen kann man ausschließlich mit Karte. Auf den verschiedenen Ebenen der Terrasse kann man die Zubereitung der Speisen beobachten. Auch ein Innenbereich mit einer aufwendig gestalteten Bar lädt zum Verweilen ein. Von der Terrasse blickt man auf die Becken der Fischzucht und auf das Lauterbachgebirge – auch die Prejba ist von hier aus zu sehen.
Auf dem großzügigen Gelände ist nicht nur ein Fisch-Restaurant, dort sind auch eine Reihe von anderen Aktivitäten zu Hause: In einem künstlich angelegten Becken kann man selbst angeln, in einem anderen Mini-See gibt es die Möglichkeit, Tretboot zu fahren. Auch ein größerer Spielplatz für Kinder mit Labyrinth und Piratenschiff sowie diverse Sport- und Spielgeräte sind über das Gelände verteilt. In elf Bassins werden verschiedene Forellensorten sowie Störe und Karpfen gezüchtet. In der Hauptsaison finden an Wochenenden Verkostungen des Bieres „Bere Sadu“ und Konzertveranstaltungen statt. Die Vielfalt an Aktivitäten, die das Freizeitgelände anbietet, macht den Ort im Sommer zu einem perfekten Wochenend-Ausflugsziel für Familien mit Kindern.