Kronstadt/Braşov: Einwohnerzahl 253.200, nach Daten von 2011. Besucher mit mindestens einer Übernachtung: etwa 600.000, nach Zählung 2014. Also eine Stadt, die sich durchaus als beliebtes Reiseziel rühmen kann, wenn man die Statistik und die Werbung in eigener Sache betrachtet. Doch wie wird Kronstadt von den Besuchern bewertet? Auf diese Frage wollen wir im Folgenden ein wenig Licht werfen. In Ermangelung eines eigenen Fragebogens, den man in Hotels und Pensionen auslegen könnte, muss für diesen Bewertungsversuch das Internet herhalten: Was posten die Besucher auf den einschlägigen Reiseseiten in deutscher und englischer Sprache über Kronstadt? Und was behaupten die zuständigen Ämter und Behörden der Stadt und des Kreises? Das Ergebnis ist durchaus überraschend...
Viel zu lange Anreise aus dem Süden
Vom Süden über das Prahova-Tal kommt der größte Teil derer, die Kronstadt besuchen: die Wochenendurlauber aus Bukarest, die meist Pensionen aufsuchen. Diese benutzen den Eigenwagen und sind seit eh und je über die fehlende Autobahn erbost, weil sie für 150 Kilometer fünf Stunden einplanen müssen. Doch sind sie auch seit eh und je die treuesten Stadtbesucher. Gruppen in Langstreckenbussen werden von Reiseveranstaltern wegen der schlechten Verbindung so befördert, dass immer ein halber Tag für die An- oder Abreise gesichert ist. Kritik an den Anreisemöglichkeiten posten vor allem Urlauber aus dem Ausland, welche über die langen Fahrzeiten von den beiden Flugplätzen in Otopeni und Băneasa klagen.
Von Norden und Osten her kommen fast nur Reisegruppen in Bussen, die einen Tagesaufenthalt oder ein volles Wochenende eingeplant haben. Für sie ist die Anreise kein Problem.
Gutes Niveau der Unterkünfte
Beanstandungen an den Unterkünften gibt es immer, darunter auch viele, die durchaus berechtigt sind. Doch in dieser Hinsicht schneidet Kronstadt mit gut und sehr gut ab, da der Konkurrenzkampf die Hoteliers dazu zwingt, peinlich auf das Niveau der Dienstleistungen zu achten.
Schon öfter gibt es Klagen über die Verpflegung, gelegentlich auch Zwischenfälle, die mit Lebensmittelvergiftung enden, davon betroffen waren bisher jedoch ausschließlich selbständige Betreiber, niemals Hotels die zu Ketten gehören. Lob ernten Pensionen, deren Bewirtung auf lokaltypische Speisen ausgerichtet ist. Kritische Bemerkungen zu Hotels und Zimmern gibt es nur über ältere Anlagen, deren technische Ausstattung nicht zeitgemäß ist. Pensionen schneiden in dieser Hinsicht in der Regel gut ab, da es sich meist um Neubauten handelt.
Sehenswürdigkeiten schlecht ausgeschildert
Kronstadts Baudenkmäler sind gleichzeitig Anziehungspunkt und Stein des Anstoßes für nicht wenige Besucher. Keiner möchte sich nachsagen lassen, er sein in Kronstadt gewesen und habe nicht zumindest die Schwarze Kirche gesehen oder das Schnurgässchen in einem Selfie festgehalten. Doch mit dem Auffinden so mancher dieser Ziele haben viele Besucher ein Problem: keine Wegweiser oder falsche Angaben, und das trotz zahlreicher Initiativen zur Bewerbung der Sehenswürdigkeiten der Stadt. Das ist auch einer der Gründe, weshalb die meisten Touristen sich nur mit zuhause gekauften Reiseführern in der Hand durch die „Innere Stadt“ bewegen, deren Stadtplan genauer ist als auf den ausgestellten Tafeln.
Wer die Festung auf dem Schlossberg besichtigen will, ist auf eine Taxifahrt angewiesen, denn der einzige direkte Fußweg vom Stadtpark aus ist nicht beschildert und nicht begehbar. Wer das Geschichtsmuseum in der Weberbastei besuchen möchte, in welchem sich das Modell der mittelalterlichen „Inneren Stadt“ befindet, der kann sich lange um die Einfahrt zum Basteitor drehen - weit und breit kein Schild zu sehen! Ebenso ergeht es den Besuchern, die zu Fuß in der „Oberen Vorstadt“ orientieren wollen: keine Beschilderungen der Baudenkmäler, oft fehlen sogar die Straßenschilder.
Auch an den erst im Sommer 2014 angebrachten Orientierungstafeln wird im Netz Kritik laut, da viele falsche Entfernungen angeben und Richtungspfeile haben, die – sollte man ihnen folgen – einen zu ganz anderen Zielen führen als zu den gesuchten.
An den Sehenswürdigkeiten der Stadt selbst wurden ebenfalls 2014 mehrere Info-Tafeln angebracht, mehrsprachig, wenn auch oft mit Übersetzungssoftware erstellt und demnach unklar bis unverständlich - und beliebte Zielscheibe humoristischer oder spöttischer Kommentare im Internet.
Auch Audioinformationen gibt es stellenweise, zum Beispiel bei der Graftbastei: Inhaltlich zwar sehr gut, der Haken dabei ist, dass sie nur in rumänischer Sprache ausgegeben werden. Gruppen ausländischer Besucher stehen manchmal eine Viertelstunde an, um dann zu entdecken, dass es gar keine anderssprachige Version gibt.
Das einzige Infocenter-Gerät der Stadt befand sich bis vor einem Jahr neben dem Eingang des Geschichtsmuseums am Marktplatz. Bis es an diesem Standort, der sich weit von den für Fahrzeuge zugänglichen Stellen befindet, von einem Laster aus dem Boden gerissen wurde... Ein neues Gerät kommt vorerst nicht in Frage und das nebenan eingerichtete Info-Amt hat an Wochenenden keine Besetzung. Am Wochenende wird ja nicht gearbeitet. Besonders verärgert aber zeigen sich die Urlauber, die gerne die Seilbahn auf die Zinnenspitze nehmen würden und kaum eine Tafel finden, die ihnen den Weg zur Talstation anzeigt.
Ewig gleiche Kritik an der Gastronomie: zu viel Fett
Die Kronstädter Restaurantszene ist seit Jahren derselben Kritik ausgesetzt, welche sich nur sehr wenige Lokale zu Herzen genommen haben: viel zu fette Speisen! Ob Fleischgericht oder Gemüsebeilage, Suppen oder Soßen, es gibt immer wieder dieselbe Beanstandung, alles sei mit viel zu viel Öl zubereitet. Wird anstatt Öl tierisches Fett verwendet, so hat man garantiert noch einen Kunden verloren. Löbliche Ausnahmen bilden die Freiluftlokale unter den Sonnenschirmen, in denen fast nur noch Salate angeboten werden. Diese werden wenigstens wegen des guten Gemüses zum Gegenstand des Internet-Geschwätzes.
Fazit: Um das zu werden, was auf den Sonnenschirmen Kronstadts in wenigen Wochen zu lesen sein wird, braucht es noch sehr viel Arbeit.