In der Ulmer Fußgängerzone haben sich Dutzende Schaulustige versammelt. Die Blaskapelle spielt zum Tanz auf, und schon schwingen die zahlreichen Trachtenpaare das Tanzbein. Polka und Walzer unterschiedlicher Art stehen heute auf dem Programm, Mädchen und Jungen haben die banatschwäbischen Volkstrachten angezogen und stellen sie stolz zur Schau. Und das mitten in Ulm.
Ein Stückchen Banat im Herzen der Stadt Ulm - das ist schon seit geraumer Zeit, alle zwei Jahre, immer an Pfingsten, etwas Selbstverständliches. Die Heimattage der Banater Schwaben sind eine Veranstaltung von vielen, die die Stadt Ulm beherbergt. Oft im Mittelpunkt derartiger Events: Das Multikulturelle und damit auch die Einheit in der Vielfalt.
Vor 20 Jahren haben die Stadt Ulm und das Land Baden-Württemberg die Patenschaft über die Banater Schwaben übernommen. Mit dieser Stadt in Deutschland steht die Geschichte der Donauschwaben in enger Verbindung. Eine Geschichte, die hier, in Ulm, auch heute noch gepflegt wird.
Besucher von Ulm bewundern die Altbauten der Stadt. Eines dieser Gebäude ist das Rathaus, das mit verschiedenen Fresken bunt verziert und mit einer astronomischen Uhr versehen ist. Die Bauanfänge reichen in das 14. Jahrhundert zurück, allerdings stammt das jetzige Aussehen des Rathauses aus der Frührenaissance. Beim einfachen Emporschauen können Banater Schwaben ein ihnen bekanntes Element auf der Südseite des Rathauses erkennen: Die Seccomalerei, die eine Ulmer Schachtel darstellt. Die Ulmer Schachtel erzählt die Geschichte deutscher Auswanderer, die sich im 18. Jahrhundert auf den Weg nach Südosteuropa gemacht haben. Diese Menschen wählten dafür die Donau, das blaue Band Europas, um schnell und sicher nach Ungarn oder in andere Teile Südost-
europas zu gelangen.
Was Touristen jedoch direkt ins Auge sticht, ist zunächst einmal ein anderes Gebäude. Das Ulmer Münster, der höchste Bau in Ulm, zieht alle Blicke auf sich. Das Münster Unserer Lieben Frau in Ulm, wie es noch bezeichnet wird, ist die größte evangelische Kirche Deutschlands. Über 161 Meter misst der Turm des gotischen Kulturdenkmals und zählt somit als der höchste Kirchturm der Welt. Der Grundstein dieses Baus wurde 1377 gelegt. Damals war Ulm noch römisch-katholisch, allerdings wandte sich das Blatt, als der Ulmer Reformator Konrad Sam hier zu predigen begann. Eine Bürgerabstimmung von 1530 führte zur Einführung des evangelischen Bekenntnisses und das Ulmer Münster wurde zu einer evangelischen Kirche. Reisende, die sportlich veranlagt sind, können in den Hauptturm des Münsters hochsteigen. Achtung jedoch: Mehr als 700 Stufen führen in das obere Drittel des Turmhelms bis in eine Höhe von 143 Metern. Die Anstrengung lohnt sich aber auf alle Fälle: Von oben hat der Besucher ein wunderschönes Panorama von Ulm und Umgebung.
Touristen, die in das Münster gestiegen sind, müssen erst mal verschnaufen. Nicht weit vom Münster entfernt, in unmittelbarer Nähe des Rathauses, befindet sich das pittoreske Fischerviertel der Stadt Ulm. Das Fischerviertel liegt an der Blau, die in die Donau fließt, und ist das bekannteste Häuserensemble in der Ulmer Altstadt. Die Häuser auf Pfählen, die engen Gassen, die Fachwerkbauten – einen Spaziergang durch das Fischerviertel sollten sich Touristen keineswegs entgehen lassen. Das Ulmer Fischerviertel mag einen ein bisschen auch an das italienische Venedig erinnern. In den Häusern wurden Restaurants, Galerien, Gaststätten und Fachgeschäfte eingerichtet. Ein Blickfang ist das Schiefe Haus, das eine Neigung von bis zu 10 Grad aufweist. Das ursprüngliche Fachwerkhaus stammt aus dem 14. Jahrhundert, allerdings erlebte der Bau mehrere Veränderungen im Laufe der Jahre. Seit 1995 wird es als Hotel genutzt, nachdem die Statik des Hauses gesichert wurde, ohne allerdings seine Neigung zu beeinflussen. Die Zimmerpreise im Hotel Schiefes Haus beginnen bei 109 Euro pro Nacht.
Ein Spaziergang an der Donau in Ulm hat es in sich. Die Donau trennt Ulm und Neu-Ulm, das alte Ulm und das moderne Ulm also. Am Do-nauschwabenufer in Ulm entdeckt der Reisende ein Denkmal zwischen Wilhelmshöhe und Donauufer, unweit des Donauschwäbischen Zentralmuseums. Das Denkmal ist den Aussiedlern aus Ulm gewidmet und wurde am 9. August 1958 zur Erinnerung an die Auswanderung der Deutschen im 18. Jahrhundert nach Südosteuropa aufgestellt. Hier legen die Banater Schwaben alle zwei Jahre, wenn sie ihren traditionellen Heimattag begehen, Kränze nieder.
Für die an Geschichte interessierten Reisenden beherbergt Ulm einige Museen. Eines davon ist das Do-nauschwäbische Zentralmuseum. Die Donauschwaben, die in Südosteuropa leben, stehen im Mittelpunkt des Museums in der Schillerstraße Nr. 1. Das Museum bietet den Besuchern eine umfangreiche Sammlung, bestehend aus Altgegenständen, Fotos, Dokumenten und Kunstwerken aus mehr als drei Jahrhunderten. Die ständige Ausstellung „Deutsche Spuren in Südosteu-ropa“ kann während der Öffnungszeiten besucht werden, zudem veranstaltet das Museum Sonderausstellungen, Schauspielaufführungen, Konzerte, Fotoausstellungen, Lesungen und verschiedene andere Ereignisse, die das Augenmerk auf die Donauschwaben lenken, und darüber hinaus.
Gelebte Vielfalt ist in Ulm gang und gäbe. Das Internationale Donaufest, das im Sommer am Donauufer in Ulm stattfindet, lockt alle zwei Jahre Tausende Besucher nach Ulm. Zu dem Festival kamen in diesem Jahr Händler und Künstler aus zehn europäischen Ländern, darunter aus Serbien, Rumänien, Ungarn, u.a. Bereits zum elften Mal fand Anfang Juli das Internationale Donaufest in Ulm statt, in diesem Jahr unter dem Motto „Wir sind Europa“. Das Festivalgelände säumten 660 Fahnen an beiden Donauufern. Und wer schon dabei ist, am Donauufer spazieren zu gehen, der möge sich die Stiege Ulm nicht entgehen lassen. Die Stiege war früher ein geschlossener Treppengang mit öffentlicher Toilette. Daraus wurde ein Kunstort, wo verschiedene Events gastieren - Lesungen, Vorträge oder Kunstausstellungen. In diesem Jahr werden unter dem Titel „Sister´s Summer“ Werke zeitgenössischer Künstlerinnen aus unterschiedlichen Kunstbereichen wie etwa Bildhauerei, Malerei, Fotografie u.v.m. gezeigt.
Reisende nach Ulm mögen nicht vergessen, dass die Stadt an der Donau der Welt einen der klügsten Köpfe aller Zeiten geschenkt hat. Gemeint ist der Physiker Albert Einstein (1879 – 1955), der in Ulm das Licht der Welt erblickte. In Ulm findet man eine Einsteinstraße sowie ein Denkmal und eine Gedenktafel in der Bahnhofstraße, wo das Geburtshaus des Physikers liegt. Das Gebäude, das die Volksschule beherbergt, trägt den Namen Einstein-Haus.
Wer sich die Stadt zu Fuß ansieht, wird nach dem vielen Herumspazieren ganz bestimmt durstig und hungrig. Traditionelle Gerichte gibt es in den zahlreichen Restaurants im Fischerviertel, doch auch im Ratskeller Ulm, im Erdgeschoss des Ulmer Rathauses, kommen Genießer schwäbischer Gerichte ganz bestimmt auf ihre Kosten. Egal, ob schwäbische Schmankerl oder hausgemachte Maultäschle: Wer nach Ulm kommt, der sollte sich schon trauen, die leckeren lokalen Gerichten auszuprobieren. Dazu noch „Ulms flüssiges Gold“ – das Bier von der lokalen Brauerei „Gold Ochsen“, die auf eine 420-jährige Tradition zurückblickt.