Gloriette – die Krone von Schloss Schönbrunn

„Ruhmestempel“ oder Triumphbogen zu Ehren der siegreichen Habsburger Armeen

Die Gloriette mit Skulpturen von Johann B. Hagenauer von Hagenau | Fotos: Mag. Ignazius Schmid

Die Gloriette mit Skulpturen von Johann B. Hagenauer von Hagenau

Schloss Schönbrunn, davor ein prächtiger barocker Garten

Der Neptunbrunnen, größter der vielen Brunnen in Schönbrunn

Der westliche Najadenbrunnen

Schönbrunn hat einen langen Werdegang hinter sich, vom Gutshof, der Khattermühle, die ab 1312 dem Stift Klosterneuburg gehörte, über das Jagdschloss, das Kaiser Maximilian II. 1569 für seinen Sohn Mat-thias erwarb, der auf der Jagd über einen „schönen Brunnen“ – einen von dreizehn – in Begeisterung ausbrach und dadurch zum Namensgeber wurde, bis zum barocken Kaiserschloss Schönbrunn, dem schließlich 1775 mit der Gloriette die Krone aufgesetzt wurde. 

Dazwischen gab es noch einiges an Auf und Nieder für das Schloss, bis es zu seiner heutigen Größe ausgebaut wurde, etwa als es 1605 von den Ungarn und 1683 von den Türken verwüstet wurde. Aber Kaiser Leopold I. beauftragte 1695 keinen Geringeren als Johann Bernhard Fischer von Erlach, für seinen Sohn Joseph I. einen barocken Palast zu bauen. Die Pläne waren äußerst prunkvoll, wurden bei einem zweiten Entwurf reduziert und kamen mit dem Tod von Joseph I. für 60 Jahre ganz zu stehen. Sein Bruder Karl VI. erstand Schönbrunn 1728 für seine Tochter Maria Theresia. Er selbst zog Schloss Favorita im Wiener Bezirk Wieden vor. Maria Theresia aber hatte Schönbrunn schon von Anfang an sehr geliebt und mit Beginn ihrer Herrschaft 1740 baute sie Schönbrunn aus, fügte das Schlosstheater hinzu, ebenso die Menagerie, die damit zum ältesten Zoo der Welt wurde, den botanischen Garten, den Park mit der Römischen Ruine, einen Irrgarten, ein Taubenhaus, später kamen eine Orangerie dazu, ein Palmenhaus und ein Wüstenhaus. Und als letztes die Gloriette. Sie ist gedacht als „Ruhmestempel“, ein Triumphbogen zu Ehren der siegreichen Habsburger Armeen. Die regierende Erzherzogin von Österreich, allgemein „Kaiserin Maria Theresia“ genannt, hatte das Glück, in Franz Stephan von Lothringen ein Finanzgenie als Mann zu haben, der imstan-de war, das Geld herbeizuschaffen, denn das Schloss zu restaurieren und auszubauen war schon eine enorme Aufgabe: 1444 Räume werden dem Gebäude nachgesagt, der Park hat 160 Hektar, das Areal vom Tiergarten und diversen Nebengebäuden noch gar nicht eingerechnet. Das alles galt es zu gestalten. Maria Theresia hatte die Energie, Franz Stephan das Geld, und miteinander hatten sie 16 Kinder – also genug Gründe, um ein Schloss auszubauen ... Fischer von Erlach hatte das Schloss ursprünglich auf den Hügel in 241 Meter Höhe hinaufbauen wollen, was aber einige Probleme – zum Beispiel mit der Wasserversorgung – verursacht hätte. So blieb er mit dem Bau 50 Meter unterhalb, auf der ebenen Fläche, die sich bis zum Wienfluss erstreckt. Auf die Anhöhe des Hügels kam 80 Jahre später die Gloriette hinauf. 

Die Gloriette – ein Wahrzeichen von Schönbrunn

Unter Gloriette versteht man ein Bauwerk in einer Gartenanlage, auf einem erhöhten Standort. Ferdinand Hetzendorf von Hohenberg erhielt von Maria Theresia den Auftrag, auf der Anhöhe über dem Schloss Schönbrunn eine Gloriette zu errichten. Hetzendorf entwarf einen Kolonnadenbau, der verglaste Mittelteil wurde links und rechts von Arkadenflügeln begrenzt. Die Gloriette stellt den Gegenpol zum Schloss dar und betonte die Hauptachse, in der Mitte der Strecke unterbrochen vom Neptunbrunnen, dem größten der in Schönbrunn so hochgeschätzten Brunnen. Weitere Brunnen, im Gelände verteilt sind: der Schöne Brunnen, der Obeliskbrunnen, der Westliche und der Östliche Najadenbrunnen … alles mit Figurengruppen gestaltete Kunstwerke. Die Skulpturen für die Gloriette, sowie für den Schlosspark und den Brunnen im Ehrenhof fertigte der berühmte Bildhauer Johann Baptist Hagenauer von Hagenau an. 

Die Gloriette ist 85 Meter lang und 25 Meter hoch und damit die größte und auch schönste in europäischen Landen. Erreicht werden kann sie über einen Serpentinenweg, und den höchsten Punkt des Gebäudes ersteigt man über breit angelegte Treppen. Ein Teil des Baumaterials wurde vom Schloss Neugebäude in Simmering verwendet. Dieses prächtige Renaissanceschloss hatte Kaiser Maximilian II. bauen lassen, aber er starb, bevor es fertig war. Nicht einmal einen Namen bekam es, und als „Neugebäude“ verfiel es vor sich hin. Maria Theresia, die Schloss Neugebäude nicht besonders mochte, bediente sich des Gebäudes als Baustofflieferant, die Doppelsäulen und einige Skulpturen kamen 130 Jahre nach ihrer Erstellung von Neugebäude nach Schönbrunn. Das von Balustraden eingefasste Flachdach der Gloriette wurde bereits im 19. Jahrhundert als Aussichts-terrasse genutzt. An der Frontseite ist auf Latein der Spruch zu lesen: „Unter der Regierung von Kaiser Joseph II. und Kaiserin Maria Theresia errichtet 1775“. Man kann bis auf den obersten Punkt hinaufgehen und befindet sich dann auf der Rückseite des Reichsadlers, dem kaiserlichen Herrschaftszeichen, platziert auf der Weltkugel, umgeben von Waffentrophäen. Diese dürften heute den Blick weniger auf sich ziehen, als die phänomenale Aussicht auf das Schloss Schönbrunn und dahinter die Stadt Wien, bis hin zum Kahlenberg und zum Leopoldsberg. 

Was weiter mit der Gloriette geschah

Der verglaste Mittelteil der Gloriette diente nach seiner Fertigstellung bis zum Ende der Monarchie als Speisesaal. Kaiser Franz Joseph nahm dort auch gerne sein Frühstück ein. Mit dem Ende des Ersten Weltkrieges und der Absetzung des Adels verlor auch die Benützung der Gloriette an Wertschätzung. Im Zweiten Weltkrieg schlugen bis 1945 im ganzen Areal 268 Bomben ein, eine davon zerstörte auch den Ostteil der Gloriette. Ein Regen von Glassplittern und Dachziegeln ging hernieder, gemäß einem gängigen Vergleich sah es nun so aus, „wie wenn eine Bombe eingeschlagen hätte“. Von 1945 bis 1955 wurde Schönbrunn von den britischen Streitkräften als Verwaltungsgebäude benutzt. Schon 1947 ging man wieder an die Restaurierung. Die Verglasung wurde weggelassen, die kam erst wieder 1995, bei der neuerlichen Restaurierung dazu. Seither ist in der Gloriette ein Café mit dem sicher schönsten Ausblick eines Wiener Caféhauses. Unweit der Gloriette liegt die Kleine Gloriette. Es ist ein wenig bekannter, turmartiger Pavillon, der versteckt im Wald liegt, über die Baugeschichte ist wenig bekannt. Das Gebäude ist in Schönbrunnergelb und die Fenster sind in Kaisergrün gehalten, seit Kaisers Zeiten ganz typische Farben.

Für die Erhaltung und Gestaltung der Gärten sorgen die Österreichischen Bundesgärten. Die Schüler der HBLFA (Höhere Bundeslehr- und Forschungsanstalt) für Gartenbau haben nicht nur die historischen Gartenanlagen als Anschauungsmaterial vor Augen. Gelegentlich tragen sie auch einen kleinen Scherz im barocken Sinn und Geist bei. Auf einer gestifteten Bank steht zu lesen: „Für Kater von Maus“. Wer sich draufsetzt, kann sich also entscheiden, ob er als Kater oder als Maus auf die wunderbare Schlossanlage hi-nunterschauen will…