Nachdem wir Wien auf der Autobahn in Richtung Linz verlassen, mit überwältigenden Eindrücken, die man in der Hauptstadt Österreichs wieder einmal mitbekommen hat, obwohl wir nicht zum ersten Mal dort weilten, geht es in Richtung Alkoven, der größten Gemeinde des kleinsten Bezirkes von Oberösterreich, Eferding. Die über 5000 Einwohner zählende Gemeinde liegt an der Donau, 268 Meter über dem Meeresspiegel. Seit dem 12. Jahrhundert gehört der Ort zum Herzogtum Österreich und wurde während der Napoleonischen Kriege mehrmals besetzt.
Stift Wilhering und Donauradwege
Seit dem 15. Dezember 1907 führt die erste Postbuslinie auf dem heutigen Gebiet Österreichs durch Alkoven; fünf Jahre später wurde dann die erste Linzer Lokalbahn bis dorthin eröffnet. Alkoven liegt an der Eferdinger-Straße zwischen Linz und Eferding, wobei von der Gesamtfläche, die zu der Gemeinde gehört, 65 Prozent landwirtschaftlich bearbeitet werden, 17 Prozent sind von Wald bedeckt. Nach der Ausfahrt von der Autobahn genießt man gleich die schöne Landschaft auf beiden Seiten der verkehrsarmen Straße.
Die ganze Gegend verströmt Ruhe, aus der Ferne hört man Glocken läuten. Bald befinden wir uns vor dem Pfarrhaus der Pfarrkirche Alkoven, die 1470 erbaut worden ist und 1902 einer Restaurierung unterzogen wurde. Das Wiedersehen mit dem langjährigen Freund, Pfarrer Anton Joseph Ilk, der die Gemeinde als Seelsorger betreut, nach Jahren, in denen man sich nicht gesehen hat, ist besonderes schön.
Aus Oberwischau stammend hat er nach Besuch der deutschen Allgemeinschule in seinem Geburtsort die römisch-katholische Kantorenschule in Karlsburg/Alba Iulia besucht, studierte dort Theologie und wurde 1977 zum Priester geweiht. Als Kaplan in Sathmar/Satu Mare und anschließend als Pfarrer in Neustadt/Baia Mare hat er sich eingehend mit der Erforschung von Brauchtum und Sprachdialekt der Zipser beschäftigt, die Ergebnisse seiner Studien in mehreren Büchern, aber auch als Beiträge in den deutschsprachigen Publikationen des Landes zusammengefasst. 1998 siedelte er aus und wirkt seither als Pfarrer in der Diözese Linz.
Seine Forschungen setzte er fort und promovierte 2009 an der Universität Wien im Fach Europäische Ethnologie. Da unser Besuch sich auf wenige Stunden beschränkt in denen er, als sehr guter Kenner des Herkunftslandes seiner Vorfahren, uns einige Sehenswürdigkeiten zeigen möchte, schlagen wir das Angebot nicht aus.
In den Abendstunden geht es an das Ufer der nahe fließenden Donau. Wie könnte es auch anderes sein, denn spricht man von Österreich, ist auch unmittelbar der Kontakt zur Donau ein Thema. Durch das Gemeindegebiet führt der internationale Donauradweg (R1) wie auch der Eferdinger Landlradweg (R18) und der Trattnachtalradweg (R17). Entlang dem gemächlich fließenden Wasser ist der breite, asphaltierte Donauradweg angelegt, der durch mehrere Donauländer führt.
Das Radfahren wird so zu einem ungefährlichen Erlebnis. Unterkünfte und Lagerplätze stehen zur Verfügung. Auf unserer kurzen Rundfahrt durch die Landschaft geht es vorbei an dem Schloss Hartheim, errichtet im 16. Jahrhundert im Renaissance-Stil, um dann bei Stift, Kloster und Kirche Wilhering anzukommen, gelegen am südlichen Donauufer, acht Kilometer donauaufwärts von Linz. Wie in den meisten Fällen konnte Stift Wilhering im Mittelalter dank einer reichen Adelsfamilie gleichen Namens errichtet werden. Deren Herrschaftsbesitz, die Burg Wilhering an der Donau, lag gegenüber dem heutigen Markt Ottensheim.
Als die Familie des Herren von Wilhering um 1145 auf ihren neuen Wohnsitz, die Burg Waxenberg, umsiedelte, stellte sie die nun aufgelassene Burg Wilhering dem steierischen Zisterzienserkloster Rein für eine Neugründung zur Verfügung. Der 30. September 1146 wird als Gründungstag des Klosters betrachtet, als zwölf Mönche dort eintrafen. Ein Besuch ist unbedingt empfehlenswert, schon allein wegen der kunstvoll ausgestatteten Barockkirche, die aus der Ferne in dem bewaldeten Umfeld der untergehenden Sonne emporragt.
Strenge Bauregeln der Zisterzienserklöster
Die Klosteranlagen der Zisterzienser wurden nach bestimmen Regeln erbaut. Eine Mauer musste den ganzen Bereich umgeben. Die Längsachse der Kirche war stets in Ost-West-Richtung ausgerichtet. Genaue Vorschriften gab es auch für die Anlagen der Mönche. Kapitel- und Mönchssaal lagen im Ostflügel des Kreuzgangs, im Südflügel befand sich der Speisesaal der Mönche. An die Kirche wurde der Kreuzgangflügel angeschlossen. Heute ist wenig bekannt, wie die Stiftskirche, die im 12. Jahrhundert erbaut wurde, ursprünglich aussah. In den späteren Jahrhunderten wurde sie öfters umgebaut.
Das heutige Aussehen erhielt sie zum Großteil nachdem sie 1733 durch Brandlegung zerstört wurde. Berühmte Baumeister wurden mit der Planung eines Neubaus beauftragt, so manche boten auch unaufgefordert Projekte an.
Das Altarbild wurde bei dem bekannten Barockmaler Martino Altomonte bestellt, der somit in eine neue Schaffensperiode eintrat. Alle Zisterzienseraltarbilder mussten der Himmelfahrt Mariens geweiht sein. Die Seitenbilder des Altars malte der Künstler innerhalb von sechs Jahren.
Thematisch waren sie vom Abt des Klosters bestellt worden. Sämtliche Decken und Gewölbeteile wurden mit biblischen Themen ausgemalt. Die Fresken im Deckengewölbe wurden dann vom Sohn des Künstlers Bartolomäo Altomonte gemalt. Spezifisch für die Barockzeit war, kein Stück Fläche an der Wand oder der Decke unverziert zu lassen. Das Stift hatte sich dafür stark verschuldet. Nach Abschluss der Arbeiten, 1748, betrug die Schuld 122.000 Gulden – eine sehr große Summe für die damaligen Zeiten.
Laut Kunsthistoriker Cornelius Gurlitt gibt es jedoch kein zweites Bauwerk, dass diese Kirche in der Fülle des Figurenschmucks übertrifft. „Fülle und Farbigkeit sind die beiden ästhetischen Hauptelemente des Raumes“ schrieb er.
Beim Eintritt in den Kirchenraum wird der Besucher regelrecht in Bann geschlagen. Das Geheimnis liegt in dem Zusammenspiel der vielen Elemente der Dekoration des Innenraumes. Eine bisher letzte und umfassende Generalrestaurierung der Stiftskirche Wilhering erfolgte in der Zeitspanne 1971 – 1977. Die dabei investierte Summe betrug 15 Millionen Schilling.
Linz – ehemalige europäische Kulturhauptstadt
Befindet man sich so nahe an Linz, ist es unumgänglich, die Landeshauptstadt von Oberösterreich zu besuchen, die einem immer etwas Neues zu bieten hat. Als Kronstädter auch schon deshalb, da Linz 2012 eine Partnerschaft mit Kronstadt/Bra{ov eingegangen ist. Linz hat jetzt 18 Partnerstädte weltweit. Zudem war Linz gemeinsam mit Vilnius (Litauen), 2009 europäische Kulturhauptstadt. Dieses wirkte sich nachhaltig sehr positiv auf Linz aus – nach Wien und Graz die drittgrößte Stadt Österreichs. Heute zählt sie 193.486 Bewohner (Stand: 1. Januar 2013) und verzeichnete 2011 einen Zuwachs von 7,1 Prozent betreffend die Touristenzahl. 2012 gab es eine weitere Steigerung um 6,9 Prozent.
Linz blickt auf eine jahrhundertealte Geschichte zurück, die um das Jahr 400 v. Chr. begann, als auf dem heutigen Gebiet keltische Befestigungsanlagen und Siedlungen verzeichnet wurden. Eine erste urkundliche Erwähnung gibt es in der Römerzeit als „Lentia“. Um 799 taucht zum ersten Mal „Linze“ als königlicher Markt und Zollort auf. Zur Zeit der Reformation war Linz bis 1600 protestantisch.
Dann führten Jesuiten und Kapuziner die Gegenreformation ein. Einen diesbezüglich tragischen Vorfall verzeichnet die Stadtgeschichte 1605, als der Jesuit Georg Scherer vom Schlag getroffen wurde, während er gegen die Reformation von der Kanzel eine flammende Ansprache hielt. Nach dem Dreißigjährigen Krieg wurde die Stadt barockisiert, was man auch heute immer noch sieht, obwohl am 15. August 1800, am Tag Mariä Himmelfahrt, mehrere Gebäude durch einen Großbrand in Mitleidenschaft gezogen worden waren.
Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Dampfschifffahrt auf der Donau eingeführt, was die Industrialisierung mit sich brachte. 1840 wurde die Linzer Schiffswerft gegründet, Lokomotiven wurde hergestellt, die Textilindustrie entwickelte sich. Heute bietet sich die an der Donau gelegene Stadt aber auch als bedeutendes Kulturzentrum mit vielseitigen Freizeitanlagen an. Theater, Oper, Kinos, Universitäten, Bibliotheken, Museen prägen die Stadt. Unbedingt sollte das Ars Electrica Center als Museum der Zukunft besichtigt werden.
Vom höher gelegenen Donauufer bietet sich einem ein schöner Blick auf die Stadt mit ihren zahlreichen Sakralbauten, wobei der höchste Bau der Mariä-Empfängnis-Dom mit seinen 135 Metern darstellt. Er wurde 1924 fertiggestellt. Alt und Neu wurden architektonisch bestens eingegliedert, sodass auch die neuen Hochhäuser – der Wissensturm (63 Meter) , der Terminal-Towers der Österreichischen Bundesbahn (99 Meter) – das Stadtbild auch aus der Ferne bestens abrunden. Auch für einen nächsten Besuch bleibt dem Besucher noch viel von Linz zu entdecken.