Wenn die Blockheide leuchtet und klingt

Künstlerisches Spektakel zwischen bizarren Steinformationen im Waldviertel von Niederösterreich

Bei Dämmerung beginnt es langsam zu leuchten... | Fotos: Mag. Ignazius Schmid

Bizarre Steinformationen

Ein versteckter Teich

Riesenblumen in allen Farben

Ein Pilzmyzel in Gelb

Farbiges Licht in Glas gebannt: Mit 3-D-Brille erscheinen die Tafeln dreidimensional

Wer glaubt, schon alle interessanten Landschaften gesehen zu haben, und noch nicht in der Blockheide war, hat eben noch nicht alle interessanten Landschaften gesehen. Der Naturpark Blockheide liegt im nordwestlichen Teil des niederösterreichischen Waldviertels, in der Nähe der Stadt Gmünd. Ein riesiges Waldgebiet enthält zahlreiche Steinformationen; es sind keine Findlinge, wie die von den skandinavischen Gletschern in der Eiszeit in die europäischen Ebenen verfrachteten Blöcke, sondern Restlinge, die durch 160 Millionen Jahre Verwitterung aus dem ursprünglich tausende Meter hohen Granitgebirge herausgearbeitet wurden. Manche sind sogar so stark herausgewittert, dass sie nur noch an einem Punkt auf dem Untergrund aufruhen. Sie können mit einer Hand bewegt werden. Diese Wackelsteine sind so ausbalanciert, dass sie zwar wackeln, aber nicht fallen. 

Eine andere Geschichte weiß freilich die Sage zu berichten: Nach der Erschaffung der Welt streifte Gottvater durch das Land, um sein Werk zu besichtigen. Eines Tages wanderte er über den Manhartsberg gegen Westen. Viele große Steine lagen in der Gegend herum und erregten sein Missfallen. Er wollte sie einsammeln, um Ordnung zu schaffen. Er band sich eine blaue Arbeitsschürze um und begann mit der Arbeit. In der Gegend der heutigen Blockheide war die Schürze voll, und die Steine hatten ein ordentliches Gewicht. Plötzlich riss das Band der Schürze, die Steine fielen auf die Erde und rollten auseinander. Es dämmerte schon der Abend, und der Herrgott war müde, so ließ er sie liegen und ging heim in den Himmel. Am nächsten Tag schuf Gott die Menschen, die ihn voll in Anspruch nahmen. Die Steine in der Blockheide vergaß er, und sie blieben bis auf den heutigen Tag dort liegen.

Ein vielfältiges Areal

Der Naturpark Blockheide ist 106 Hektar groß. Ende der 1950er Jahre sollten viele Steine zur Erleichterung der Landwirtschaft gesprengt werden – was der Bildhauer Carl Hermann verhinderte. Und so wurde 1960 der Naturpark Blockheide daraus, den jährlich 120.000 Personen besuchen. Bizarre Granitformationen, stille Wälder, sanfte Heidelandschaften, versteckte Waldteiche … allerhand Bezauberndes erwartet den Besucher. Die fantasievollen Namen der riesigen Felsblöcke wie Koboldsteine, Grillensteine, Pilzstein, Elefantenstein, Totenkopfstein, Christophorusstein, aber auch Teufels Brotlaib, Teufelsbett, Teufelsmühle … mögen sensiblen Gemütern Schauer über den Rücken jagen. 

Wer sich einen guten Überblick verschaffen will, kann den Blockheideturm ersteigen, der im Sommer 2003 erbaut wurde. Über 140 Stufen erreicht man eine Höhe von 26 Metern. 62 Kubikmeter Holz und 12 Tonnen Stahl wurden zum Bau verwendet.

Dem Musiker und Veranstalter Leo Bettinelli aus Argentinien, der schon zwei Jahrzehnte in Österreich lebt, gaben sie die Idee, mit verschiedener Beleuchtung die Eindrücke der Landschaft zu vervielfältigen. Mit fantasievoller Lichtkunst hatte er schon in Buenos Aires, Berlin, Barcelona und Wien Festivals veranstaltet. Als er vor elf Jahren die Blockheide entdeckte, zündete der Funke, und er inszenierte das Festival „Die Blockheide leuchtet“, dem er seit einem Jahrzehnt als Kurator vorsteht. Er brachte internationale Künstler und ihre Lichtkunstwerke ins Waldviertel und setzte die Blockheide auf magische Art in Szene. Die riesige Blockheide hat damit den Naturraum für die Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Kunst geöffnet. Im Jahr 2012 wurde der Kulturverein VEIK (Verein für experimentelle und interdisziplinäre Kunst) gegründet, der im Dezember 2023 vom Land Niederösterreich mit dem Anerkennungspreis der Sparte Volkskultur und Kulturinitiativen ausgezeichnet wurde. 

Ein internationales Festival entsteht

Die Idee hat schon im ersten Jahr eingeschlagen, und es kamen rund 2000 Besucher. Unterdessen hat sich die Besucher- wie die Zahl der teilnehmenden Künstler vervielfacht. 2024 nahmen zwölf Künstler aus sechs Ländern teil: aus Österreich fünf, aus Deutschland drei, je einer aus England, Kroatien, Belgien und Finnland. Acht Musiker mit verschiedenen, teils traditionellen oder auch exotischen Musikinstrumenten verstärkten die optischen Eindrücke des bunten Lichtspektakels. Ein Dutzend Akrobaten, Jongleure und Schauspieler sowie eine Märchenerzählerin am Lagerfeuer sorgten für ein buntes Programm. Und der Wald steuerte geheimnisvolle, mystische, magische Stimmungen bei, die bei den verschiedenen Lichtern immer wieder andere Stimmungen weckten. Bei der leuchtenden Kugelbahn von Andreas Hasenöhrl suchten sich von weit oben über viele Kurven eigens entwickelte Leuchtkugeln ihren Weg nach unten, um mit Krafteinsatz wieder nach oben befördert zu werden. Denny Voch ließ mit blauem Bodennebel über dem Teich eine mystische Atmosphäre entstehen. Im „Rabbit-Hole“ waren organische und abstrakte Strukturen in leuchtenden Farben zu erkunden. Aus einem Foto eines menschlichen Gesichts wurde ein Kaleidoskop lächelnder Gesichter. Reinhard Pölzl verwendete den Wald als Projektionsleinwand für minimalistische Bilder, die in Verbindung mit den Bäumen zu einem Gesamteindruck von Formen, Strukturen und Mustern verschmolzen. Rami Saarikorpi präsentierte Pflanzen aus zwei verschiedenen Perspektiven, wie sie das menschliche Auge sieht, und in ultraviolettem Licht, wie sie von Insekten gesehen werden. Ein Netzwerk dünner Glasfaserstränge stellte das Myzel im Boden und die daraus wachsenden Pilze dar, die sanft ihre Farbe veränderten und den Eindruck erweckten, sie würden miteinander kommunizieren. Markus Anders kreierte überdimensionale Kristallblumen, deren schillernde Blüten und Blätter die Schönheit der Natur betonten, das Kleine groß und den Menschen daneben klein erscheinen ließen ...  2024 wurden die Felsformationen in kunstvolle Lichtinstallationen und Projektionen einbezogen, und tanzende Leuchtwesen zauberten eine Verbindung von Licht mit Kunst und Natur. All dies sind stellvertretend nur einige Beispiele der hunderte Kunstwerke.

„Die Blockheide leuchtet“ ist eine Veranstaltung, die jedes Jahr vier Tage im August die Erwachsenen berührt und die Kinder verzaubert. Die Blockheide ist wie geschaffen dafür …