Der Ruhm ausgezeichneter rumänischer Weine und deren jahrhundertealte Geschichte, bereits aus Zeiten des geto-dakischen Königs Burebista, von dem historische Geschichtsschreiber meinten, dass er die damals verbreiteten Reben sogar gezielt schneiden ließ, gehören zum Allgemeinwissen jedes Rumänen. Weniger sind jedoch jene, welche die Einmaligkeit und die eigentliche Herkunft der traditionellen heimischen Weinsorten wirklich kennen. Und obwohl die touristischen Weinrouten in Rumänien bereits um 2000 eingeführt wurden, ist die Infrastruktur bei Weitem und trotz EU-Fördermittel weder ausreichend ausgebaut, noch selbsterklärend für Alleinreisende.
Bisher scheinen es eher die Ausländer zu sein, welche für diese Art von Tourismus offen sind – Ausländer, welche die Einmaligkeit einer echten Fetească Neagră aus dem traditionellen Weinanbaugebiet Dealu Mare von einem gleichnamigen Wein aus einem anderen Weinanbaugebiet oder von sonstigen Weinsorten zu unterscheiden wissen und schätzen.
Aufsehen, auch im Ausland
Über 180.000 Hektar von den insgesamt 24 Millionen Hektar der Gesamtoberfläche Rumäniens gehören dem Weinanbau und jede historische Region hat ihr eigenes Spezifikum. Auch wenn unser Land der sechstgrößte Weinanbauer der EU ist und der dreizehnte weltweit, benutzen laut Eurostat nur rund ein Drittel der rumänischen Weinbauer Qualitätstrauben, was unser Land diesbezüglich wiederum an letzter EU-Stelle platziert. Grund dafür ist insbesondere der heimische Markt, der alles aufnimmt, und Importe dazu. Trotzdem haben die rumänischen Weinhersteller in den letzten fünf bis zehn Jahren begonnen, sich mit Babyschritten in Richtung qualitätvoller Weinkollektionen zu bewegen, die auch im Ausland für Aufsehen zu sorgen scheinen.
An demselben Breitengrad gelegen wie das berühmte französische Weinanbaugebiet Bordeaux bietet unser Land ein trockenes, kontinentales Klima und ein fruchtbares Relief für einen qualitätsvollen Weinbau: das dem Weinanbau bestimmte Drittel des Landes ist mit tauglichen Hügeln bedeckt, die Karpaten bieten Schutz vor widriger Witterung. Die lange Herbstsaison erlaubt den Trauben, langsamer zu reifen und stärkere Aromen zu entwickeln – insbesondere im südlichen Teil des Landes, wo Trauben derselben Sorte sogar fünf Wochen länger reifen als nördlich der Karpaten und somit auch einen anderen Geschmack entwickeln. Gleichermaßen wird die Reife der Trauben auch von der Seehöhe, der Hügelneigung und dem ober- und unterirdischem Wasservorrat der Region beeinflusst.
Weinanbaugebiete…
… sind weitläufigere Regionen, die quasi-gleiche ökologische Charakteristika aufweisen. Im Osten Rumäniens ist der Weinbau von der moldauischen Hügellandschaft zwischen den Kreisen Galatz und Botoșani geprägt und weist höhere Temperaturen und weniger Frosttage auf, dafür aber geringere Wasserressourcen und eine niedrigere Meereshöhe als etwa die Region Siebenbürgens. Dadurch ist diese Region eher für sanftere Weißweine wie Frâncușă, Galbenă de Odobești, Grasă de Cotnari, Fetească Regală sowie die rote Busuioacă bekannt.
In den Weinanbaugebieten Siebenbürgen sowie in Crișana und Maramuresch sind die Winter länger und kälter, wobei jedoch der längere, sonnige und milde Herbst ideal für einen qualitätsvollen Weißwein ist. Spezifisch ist auch eine höhere Häufigkeit der Edelfäule, die während der Reifung der Beeren auftritt. Berühmt in dieser Region ist insbesondere die Fetească Albă oder aber die einmalige „Mustoasă de Măderat“.
Die Hügellandschaft südlich der Karpaten zwischen Râmnicu S˛rat und dem Kreis Dolj ist insbesondere für herbere Rotweine bekannt, etwa für die „Fetească Neagră“. Geanu wie im Banater Flachland werden aber auch Weißweine angebaut.
In dem tiefgelegenen Weinbaugebiet der Dobrudscha und auf den Hügelterassen der Donau sowie in den sandigen Weinbaugebieten gibt es die geringsten jährlichen Regenfälle und die längste Reifezeit der Trauben. Hier, in der Hügellandschaft entlang der Donau, liegen auch die größten Weinbauern des Landes. Die klimatischen Bedingungen erlauben den Anbau einmaliger Traubensorten wie Băbească Neagră, Cadarcă, Crâmpoșie oder Negru de Drăgășani.
Heimische Sorten…
… sind nach der ausgedehnten Reblaus-Pest von 1880-1884 und dem darauffolgenden Import französischer, italienischer und deutscher Traubensorten stark verdrängt worden. Dafür haben sich aber lokale Hybride entwickelt, die im Nachhinein unter der kommunistischen Obhut wei-terhin verfeinert (oder auch zerstört) wurden. Erst nach der Wende haben sich die Weinproduzenten wieder an die heimischen Traubensorten erinnert und versuchen in den letzten fünf Jahren, deren Qualität wieder zu beleben.
• Fetească Neagră, Albă, Regală
Die wahrscheinlich bekannteste Traubensorte (bereits seit dem 18. Jahrhundert) stellt die Sorte „Fetească“ dar – die „Jungfrau“ – mit dem Vorreiter „Fetească Neagră“, gefolgt von „Fetească Albă“ und der „Fetească Regală“ – ein Hybrid zwischen „Fetească Albă“ und einer weiteren heimischen Sorte, der „Frâncușă“. Ursprünglich aus der Moldau stammend, scheint die beste „Fetească Neagră“ derzeit in der Hügellandschaft „Dealu Mare“, nord-östlich von Ploiești, zu gedeihen. Die Traubensorte ist aber landesweit zu finden, da sie sehr wiederstandsfähig ist. Deren Wein ist klar, stark rubinrot gefärbt und von einem leichten Aroma von Waldfrüchten (Brombeeren, Johannisbeeren, Kirschen) mit einem Hauch von Pfeffer, Vanille, Zimt und frischer Toastbrotkruste geprägt.
Die Region Siebenbürgens ist insbesondere für die kräftigen und aromatischen Weine der Sorte „Feteasca Regală“ bekannt. Die „goldene Traube“ stammt aus der Târnava-Gegend und wurde zufällig in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts auf einem Bauernmarkt in der Ortschaft Daneș als Abart der bereits berühmten „Fetească Albă“ entdeckt. Den Namen verdankt die neue Traubensorte der königlichen Familie für ihr Bestreben, das Land wieder den Bauern zuzuteilen.
• Frâncușă
Diese Traubenart wird derzeit insbesondere zur Herstellung der „Fetească Regală“ angebaut, zeichnet sich aber als eigenständiger herber Weißwein mit einem überaus floralen und frischen Aroma aus und wird nur im Bereich Cotnari angebaut.
• Grasă de Cotnari
Der Legende nach sei diese sonnenliebende Traubensorte vom ungarischen König Matei Corvin dem moldauischen Fürsten Ștefan dem Großen als Geschenk übergeben worden. In Corvins Reich sei sie nicht sehr fruchtbar gewesen. In der Ortschaft Cotnari haben die Reben dann aber einen feinen süßen und halbsüßen Wein mit geringerem Alkoholgehalt gegeben, der nach Alterung einen Hauch von Rosinen, Honig und Aprikosen aufweist.
• Tămâioasă Românească und Busuioaca de Bohotin...
...sind zwei weitere heimische süße Traubensorten, deren Herkunft jedoch derzeit leicht umstritten ist. Einige Spezialisten sehen gewisse Ähnlichkeiten mit französischen Traubensorten. Traditionell wird die „Tămâioasă Românească“ als eine der ältesten Sorten der Region angesehen, deren Anbau sich bis nach Griechenland erstreckt. In der heißen süd-westlichen Region des Landes kultiviert, benötigt diese Traube eine übermäßige Reifedauer und wird deswegen auch nicht weitläufig angebaut. Der Wein zeichnet sich durch einen leichten Akazien- und Lindenhoniggeschmack aus.
Die „Busuioacă“ verdankt ihren Namen einer rötlicheren Basilikum-Art und prickelt leicht auf der Zunge. Die roten Trauben, die insbesondere im Bereich der Ortschaft Bohotin (zwischen Huși und Jassy/Iași) angebaut werden, geben einen feinen süßen oder halbsüßen Wein, dessen Armoa Nuancen von Erdbeeren, roten Beeren, Melone, Pfirsich und englischer Rose aufweist.
• Galbena de Odobești…
…ist als Markenname erst vor rund 50 Jahren vom kommunistischen Regime eingeführt worden. Jedoch ist die Traubensorte, aus die er hergestellt wird, seit Jahrhunderten in der Region der Moldau bekannt. Normalerweise als halbherber Wein vermarktet, balanciert er den spezifischen Säuregehalt der Traube mit seinem natürlichen Zuckergehalt aus und behält somit ein eigenes Aroma.
Fast vergessene Sorten
Feinschmecker können derzeit in der Region Miniș-Măderat, Kreis Arad, die „Cerdacă“ und die „Mustoasă de Măderat“ verkosten, zwei alte Weine, die seit Jahrhunderten dort hergestellt werden. Der Tanningeschmack der bereits seit dem 18. Jahrhundert bekannten „Cerdacă“ sowie deren rubinrote Farbe und das starke Waldfruchtaroma sind einmalig.
Die „Mustoasă de Măderat“ ist ein herber und fruchtiger Weißwein mit überdurchschnittlichem Säuregehalt, aber einem frischen Nachgeschmack, der aus einer Traubensorte hergestellt wird, die angeblich die Reblauspest überlebt hat und somit zu den ältesten puren Sorten der Region zählt.
In der Moldau wird auch weiterhin in der Region Drăgășani der kräftige herbe Rotwein mit Blaubeerennachgeschmack, „Negru de Drăgășani“, hergestellt. Und am entgegengesetzten Ende des Landes beeindruckt die ebenfalls jahrhundertealte „Băbească Neagră“ mit ihrer Einfachheit und einem Eukalyptus- und Kirsch-Aroma. Trotz seiner Herbe hinterläßt der Wein einen interessanten, leicht süßlichen Minz-Nachgeschmack.
Nur einige Fahrstunden weiter nördlich gedeiht die leicht rötliche „Roșioară“ aus der Ortschaft Dăbuleni mit ihrem ausgewogenen Geschmack.
Eine der wenigen Traubensorten, die sich rühmen, aus vorrömischen Zeiten zu stammen, ist die weiße „Crâmpoșie“, die in der Region Drăgășani angebaut wird. Das in den 1970er Jahren in kommunistischen Zeiten entwickelte Hybrid „Crâmpoșie Selecționată“ bietet hingegen ein prägnantes Zitrusaroma.
So kann jede Region des Landes – neben Klima, Landschaftsrelief und anderen touristischen Attributen – einem spezifischen Wein zugeordnet werden, der das kulinarische Angebot ergänzt und abrundet. Erleben mit allen Sinnen – gute Fahrt und wohl bekomm’s!