Aktuelle Entwicklungen im Arbeitsrecht

Im rumänischen Arbeitsrecht sind einige relevante Änderungen eingetreten, zu erwarten bzw. wünschenswert. Es folgt eine knappe Zusammenfassung hierzu.

Mindestgehalt für Lebensmittelhersteller und Landwirtschaftsbetriebe

Ähnlich wie im Baubereich wurde zum 1. Juni 2022 durch das Gesetz 135/2022 eine Gehaltserhöhung für die Wirtschaftssektoren Lebensmittel und Landwirtschaft eingeführt. 

Betroffen sind alle Arbeitgeber, deren Tätigkeiten unter die CAEN-Codegruppen 011, 012, 103, 014, 015 oder 016 sowie 10 fallen. Sie müssen ab dem 1. Juni bei voller Arbeitszeit ein Grundgehalt von mindestens 3000 Lei brutto gewähren.

Steuerfazilitäten in den o. g. Sektoren

Für die oben genannten Wirtschaftssektoren wurden die Befreiung von der Einkommenssteuer und dem Krankenversicherungsbeitrag sowie eine Senkung des Rentenversicherungsbeitrags auf 21,25 Prozent eingeführt. Diese gelten jedoch nur, wenn der Umsatz des Arbeitgebers zu mindestens 80 Prozent aus den o. g. Tätigkeiten stammt und das Monatsgehalt 30.000 Lei nicht überschreitet.

Für bestimmte Unternehmen dürften diese Vorteile nicht anwendbar sein. Zu dem Verfahren muss noch eine Anordnung des Finanzministers ergehen.

Kurzarbeit

Die im Jahr 2020 als Unterstützungsmaßnahme während der Coronavirus-Pandemie eingeführte Kurzarbeit (Dringlichkeitsverordnung 132/2020) sollte ursprünglich drei Monate nach Ablauf des Alarmzustands (starea de alertă) enden. Nun soll die Maßnahme unter Regelung gewisser Voraussetzungen, die sich an den Rückgang des Umsatzes bzw. der Produktion richten, bis zum Jahresende verlängert werden.

Zur Debatte stehen ferner Gesetzesinitiativen für die Einführung der Kurzarbeit als dauerhaftes Rechtsinstitut. Aufgrund der Entwürfe soll der Arbeitgeber das Recht zur Reduzierung der Arbeitszeit und der entsprechenden Gehaltskürzung (mit Tragung eines Teils des Lohnausfalls durch den Staat) dann erhalten, wenn eine von öffentlichen Stellen anerkannte/erklärte Krisensituation eintritt. Einzelheiten werden sich aus der öffentlichen Debatte ergeben.

Zu erwartende Entwicklungen

Erwähnenswert sind folgende wichtigen Bereiche, in denen mit Änderungen zu rechnen ist:

Kollektives Arbeitsrecht
Wie wiederholt berichtet, sind seit geraumer Zeit Beratungen zwischen Gesetzgeber, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden betreffend das Gesetz über den Sozialdialog (Gesetz 62/2011) im Gang. Wesentliche Aspekte des kollektiven Arbeitsrechts, wie z. B. die Gründung von Gewerkschaften und deren Rechte, vor allem aber ein häufigerer Abschluss und die Verbindlichkeit von Tarifverträgen auf der Ebene von Wirtschaftssektoren, werden debattiert.
Zwar haben die Gespräche noch keine konkreten Gesetzesänderungen bewirkt, allerdings ist der Druck auf die Beteiligten 2022 erheblich gestiegen, da von Seiten der Europäischen Kommission stark Wert auf die Förderung der Tarifverhandlungen gelegt wird und Rumänien eine relativ geringe Anzahl an Tarifverträgen aufweist. Bekanntlich hat auch Rumänien einen Aufbau- und Resilienzplan eingereicht, um Unterstützung der EU beim Wiederaufbau infolge der Coronaviruspandemie zu erhalten, und hat hierfür bestimmte Verpflichtungen übernommen. 
Berichten zufolge ist deswegen noch 2022 eine Änderung des Gesetzes, das die Sektorentarifverträge fördern und deren Verbindlichkeit regeln soll, zu erwarten.

Mindestgehalt
Auch im Bereich Mindestgehalt gibt es Entwicklungen auf europäischer Ebene, die auch Rumänien betreffen werden. Bereits im Oktober 2020 wurde der Vorschlag einer Richtlinie über angemessene Mindestlöhne in der Europäischen Union vorgelegt. Dieser soll nicht nur Tarifverhandlungen zur Lohnfestsetzung, sondern die Einführung gesetzlicher Mindestlöhne fördern. Hinsichtlich gesetzlicher Mindestlöhne soll dabei ein angemessenes Niveau gesichert werden, wofür Maßstäbe geregelt werden (etwa ein Prozentsatz des Medianlohns im jeweiligen Mitgliedsstaat).

Wünschenswerte Entwicklungen

U. a. in den folgenden Bereichen sind derzeit zwar keine relevanten Initiativen bekannt, jedoch wären diese sehr begrüßenswert.

Flexibilisierung der Arbeitsverhältnisse
Die Anpassung des Arbeitsrechts an die aktuellen Gegebenheiten in der Gesellschaft sollte noch weiter voranschreiten. Die Einführung und/oder Verbesserung der Regelungen betreffend Telearbeit, Homeoffice, „work from anywhere“, Arbeitsverträge mit mehreren Arbeitgebern, Zeitkonten, sabbaticals usw. werden gefordert.

Abbau der Bürokratie, Digitalisierung
In allen Bereichen des Arbeitsrechts, z. B Arbeitsschutz, Zeiterfassung, Digitalisierung, herrscht noch eine relativ hohe Bürokratie.
Besonders erwähnenswert ist der sehr praxisrelevante Aspekt der A1-Formulare, die den Verbleib in der heimischen Sozialversicherung bei Auslandseinsätzen innerhalb der EU/des EWR und der Schweiz bescheinigen. Das rumänische Verfahren sichert derzeit in kaum einem Fall einen zeitgerechten Erhalt dieses Dokuments.


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