Nicht am rechtlichen Antikorruptionsrahmen rütteln

Konferenz für mehr Transparenz im Wirtschaftsleben bringt Behörden und Unternehmen zusammen

Botschafter der Bundesrepublik Deutschland, Andreas von Mettenheim Foto: www.ahkrumaenien.ro

Bukarest - Hochrangige Vertreter rumänischer wie deutscher Behörden und Wirtschaftsträger kamen am vergangenen Donnerstag im Bukarester Radisson-Hotel zusammen, um ein durchaus heikles Thema anzusprechen: Transparenz im Wirtschaftsleben. Die Konferenz ging auf eine gemeinsame Initiative der Deutsch-Rumänischen Industrie- und Handelskammer und der Deutschen Botschaft in Bukarest zurück und wurde von der Nachrichtenagentur Mediafax mitorganisiert.

Besonderes Gewicht verlieh der Konferenz die Präsenz des noch amtierenden Justizministers Cătălin Predoiu. Er schaffte es, unter drei unterschiedlichen Premierminister sein Ressort zu behalten, was seinem Standpunkt besondere Bedeutung verleiht. Eröffnungsreden hielten der Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Rumänien und der Präsident der Deutsch-Rumänischen Industrie- und Handelskammer. Weitere Gastredner waren Cristina Trăilă, Vorsitzende der Nationalen Agentur zur Regelung und Überwachung der Öffentlichen Beschaffung (ANRMAP) und Laura Oprean, stellvertretende Staatwanwältin der Nationalen Antikorruptionsbehörde (DNA). Die Wirtschaft wurde durch Daniela Scholz von Biogest International, Cristian Secoşan (CEO Siemens Rumänien), Prof. Dr. Jörg K. Menzer, Managing Partner der Anwaltskanzlei Noerr, und Jörg Wiederhold, Partner der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers, vertreten. Für die unabhängigen Organisationen ergriff Sandra Pralong, Vorsitzende von Eruption against Corruption, das Wort. Aus Deutschland waren Hildegard Bäumler-Hösl vom Oberlandgericht München und Till Picard vom Bundesrechnungshof angereist, um über deutsche Erfahrungen in Bezug auf Transparenz und Korruption zu berichten.

Eröffnet wurde die Konferenz von Andreas von Mettenheim, Botschafter der Bundesrepublik Deutschland. Seine Exzellenz führte auch gleich ein einschlagendes Argument für mehr Transparenz im Wirtschaftsleben ins Feld: weltweit verteuert Korruption Waren und Dienstleistungen um 5 Prozent. Allerdings dürfe nicht vergessen werden, dass die Ursünde bei dem liegt, „der die Hand aufhält“. Von Mettenheim gab den Siemens-Korruptionsfall als Beispiel für einen gelungenen Umgang mit dem Phänomen. Der Botschafter nutzte die Gelegenheit, die sich durch diese Konferenz ergab, die „ausgezeichnete Zusammenarbeit“ mit dem scheidenden rumänischen Justizminister zu loben. Gleichzeitig erklärte von Mettenheim, er halte es für unerlässlich, dass der Kooperations- und Verifikationsmechanismus der EU für Rumänien erhalten bleibt.

Als Antwort darauf bestätigte der Justizminister, die Notwendigkeit dieses Mechanismus, bekräftigte aber den Standpunkt, dass diese auch für andere EU-Mitglieder gelten müssten, die bekanntlich „die gleichen Probleme“ in den Bereichen Justiz und Korruptionsbekämpfung aufweisen würden. Der Justizminister räumte ein, dass Rumänien mehr Transparenz brauche, da man sowohl in der Verwaltung als auch im Wirtschaftsleben auf dieses Phänomen stoße. Transparenz sichere Chancengleichheit, Leistung, eine auf Werte und nicht auf Täuschung basierende Auswahl, so Predoiu. Ein konsequentes Vorgehen gegen Korruption und für mehr Transparenz würde auch den Anschluss des Landes und der Gesellschaft an die EU sicherstellen. Es ginge nicht, dass man Vereinbarungen unterzeichnet und sich dann nicht am Wesen derselben halte. Cătălin Predoiu erklärte, gegenwärtig sei „unser Prestige in der EU“ betroffen. Abschließend ermahnte der Minister im Hinblick auf den Regierungswechsel, nicht am rechtlichen Antikorruptionsrahmen zu rütteln. Andernfalls würde Rumänien selber Zweifel an der Entschlossenheit zur Reform und zum Kampf gegen Korruption nähren „und wir würden uns selber schaden“.

Einen etwas positiveren Ton schlug der Präsident der Deutsch-Rumänischen Industrie- und Handelskammer an. Dr. Radu Merică würde Rumänien irgendwo „an der Mitte des Weges“ sehen – „in die richtige Richtung“. Er kenne allerdings kein Land, das völlig frei von Korruption sei, räumte er ein. Er hob ein wichtiges Detail hervor in seiner Eröffnungsrede: Bei der Suche nach geeigneten Vertretern der Wirtschaft habe es große Schwierigkeiten gegeben, solche zu finden, die bereit waren, offen über die Korruption zu sprechen. „Schweigen macht uns zu Mittätern“, sagte Merică warnend. 

Im zweiten Teil der Konferenz wurde es dann konkreter. Oberstaatsanwältin Hildegard Bäumler-Hösl stellte als ehemalige Ermittlerin in einem der größten Korruptionsskandale der Bundesrepublik Deutschland – dem Siemens-Skandal – die Vorgehensweise und die Ergebnisse der Ermittlungen in diesem Fall vor. Die Siemens-Affäre von 2006, bei der aufgedeckt wurde, dass der Elektro- und Elektronik-Konzern insgesamt 1,4 Milliarden Euro als Schmiergeld gezahlt hatte, um lukrative Aufträge einzuholen, hat aber gezeigt, wie man sich erfolgreich mit Korruption auseinandersetzen könne. Das wurde im anschließenden Vortrag des Siemens-Rumänien-Chefs Cristian Secoşan ersichtlich. Die Compliance-Abteilung, die sich hauptsächlich um die Einhaltung der Gesetze im Konzern kümmert, wurde von ehemals 6 auf fast 600 Mitarbeiter ausgebaut, Angestellte erhalten Schulungen im Bereich der Compliance, der Konzern baut nunmehr auf dem Leitsatz „nur ein sauberes Geschäft ist ein Siemens-Geschäft“.

Till Picard vom Bundesrechnungshof stellte den in Deutschland zur Anwendung kommenden rechtlichen Rahmen in der öffentlichen Beschaffung vor sowie moderne Kontrollmechanismen, die derzeit zur Geltung kommen, um eine möglichst hohe Transparenz in der öffentlichen Auftragsvergabe zu gewährleisten. Wie wichtig Gesetze und deren Einhaltung als Grundlage für Transparenz sind, unterstrich Prof. Dr. Jörg K. Menzer, Managing Partner der Anwaltskanzlei. Dabei zeigte er die Schritte auf, die zur Bildung einer Compliance-Abteilung notwendig sind. Jörg Wiederhold, Partner der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers, behandelte in seinem Vortrag schließlich das Thema der Transparenz aus dem Blickwinkel legaler Lobby-Arbeit, bevor es zu einer offenen Diskussion zwischen den Gastrednern und den Teilnehmern kam.