Klare Worte fand Gunther Krichbaum am Freitag bei der abschließenden Pressekonferenz zu seinem Besuch in Bukarest. Die Bundesrepublik Deutschland knüpfe die Befürwortung des Schengen-Beitritts Rumäniens an drei Kriterien: Erstens müssen die technischen Kriterien erfüllt sein. Das bedeute, dass Grenzkontrollen und Grenzsicherung dem europäischen Standard entsprechen müssen. Zweitens fordert Krichbaum die vollständige gesetzliche Umsetzung der Schengen-Reform.
Und drittens nannte er den CVM-Bericht (Kooperations- und Verifikationsmechanismus), der seitens der Europäischen Kommission voraussichtlich in der zweiten Juli-Hälfte veröffentlicht wird, als maßgeblichen Einflussfaktor. Mithilfe dieses Berichts bewertet die Europäische Kommission die Fortschritte der Justizreform und bei der Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität. Es bringe nichts, wenn an einer technisch perfekt abgesicherten Grenze ein korrupter Zöllner stehe, formulierte Krichbaum unmissverständlich. Er lobte die Fortschritte, die der Regierung diesbezüglich gelungen seien, beispielsweise durch die Verhaftungswellen von korrupten Grenzbeamten in den vergangenen Monaten.
Ein Zwischenbericht der EU-Kommission hätte positive Indizien geliefert, sodass ein Beitritt dieses Jahr noch erfolgen könne. „Unter der Annahme, dass der CVM-Bericht einen positiven Tenor aufweist, ist eine Realisierung des Schengen-Beitritts in einer ersten Stufe noch in diesem Jahr realistisch.“, glaubt Krichbaum. Das würde bedeuten, dass zuerst Flughäfen für den freien Personenverkehr im Schengen-Raum geöffnet werden. In einer zweiten Stufe, die laut Krichbaum „frühest möglich“ erreicht werden soll, werden dann auch die Land- und Seegrenzen geöffnet. „Der genaue Fahrplan wird spätestens Ende September, auf dem Justiz- und Innenministerrat, festgelegt“, fuhr der Politiker fort.
Die positiven Entwicklungen dürften aber nicht vergessen lassen, dass vor allem bei der Korruptionsbekämpfung „noch viel zu tun ist“. Um nicht missverstanden zu werden, betonte Krichbaum den Unterschied zwischen Alltagskorruption und schwerwiegender, organisierter Korruption. Die erstgenannte könne „nur in den Griff bekommen werden, wenn sich die wirtschaftliche Lage verbessert“, darüber sei er sich im Klaren. Die „high-level-corruption“ sei aber ein Problem, das von der Europäischen Union besonders ernst genommen wird. „Das Land bekämpft diese nicht, um der Europäischen Kommission oder der Bundesrepublik Deutsch-land zu gefallen, sondern im eigenen Interesse“, sagte der Politiker.
Auch auf die griechische Schuldenkrise und die zurückhaltende Haltung Deutschlands bei Hilfszahlungen kam Krichbaum zu sprechen. Er warnte vor einem Dominoeffekt, der schwerwiegende Konsequenzen für die Finanzmärkte hätte. „Deutschland ist bereit zu helfen. Wir erwarten aber auch, dass Griechenland sich selbst hilft“, stellte Krichbaum klar. Dies könne beispiels-weise durch den Verkauf staatlicher Unternehmen geschehen. In seinem Statement unterstrich er die deutsche Position, die auf eine Miteinbeziehung privater Gläubiger setzt. Er rief Griechenland zur Geschlossenheit auf und kritisierte die Opposition als „grob unverantwortlich“, da sie versuche, die Bevölkerung gegen die Regierung aufzubringen.
Das letzte Thema war der Erweiterungsprozess und die zunehmenden innereuropäischen Divergenzen. Auf die Frage, ob die zunehmende Europa-Skepsis innerhalb einiger Mitgliedsstaaten nicht eine viel größere Gefahr für die Europäische Union darstellen würde, als unsichere Grenzen des Schengen-Raumes, antwortete Krichbaum eher ausweichend. „Das Klima innerhalb Europas ist durch die Krise einzelner Länder ein schwierigeres geworden“, sagte er. „Wir haben aber keine Euro-Krise, wir haben eine Schuldenkrise einzelner Mitgliedsstaaten.“ Der Euro als Währung stünde immer noch hervorragend gegenüber dem Dollar.
Es sei wichtig, gegenüber der Bevölkerung zu betonen, dass die Bekämpfung der Krise zum eigenen Vorteil ist, erklärte der Abgeordnete. Die Thematik trage aber zur „Verunsicherung“ der Bevölkerung bei, gab Krichbaum zu. Mit Bezug auf die Erweiterungspolitik sagte der Politiker, dass der Ratifizierungsprozess des geplanten Kroatien-Beitritts von einer öffentlichen Diskussion begleitet werde. Dies gelte auch für den Schengen-Beitritt Rumäniens. Die Beitrittsverhandlungen mit Kroatien sind so gut wie abgeschlossen. Das Land wird voraussichtlich im Juli 2013 beitreten. Zuerst müssen aber alle 27 EU-Mitgliedsstaaten dem Beitritt zustimmen.