Die Riegersburg – stärkste Festung der Christenheit

Das steirische Landeswahrzeichen hat allen Angriffen standgehalten

Gesamtansicht der Riegersburg | Fotos: Mag. Ignazius Schmid

Der Burggraben

Ein Lift führt auf die Burg

Blick von der Burg ins Tal

Tor zum Eselsteig

Prachtvoll bemalte Decke

Sommerspeisesaal mit reicher Stukkatur

Die Schmiede in der Burg

Innenhof

Blumenhexe Katharina Paldauf

Elisabeth Katharina Freifrau von Galler – „die Gallerin“

Wie reich die Geschichte der Riegersburg ist, kann man schon allein daran ersehen, dass Joseph Freiherr von Hammer-Purgstall 1845 den zweitausend Seiten zählenden Roman „Die Gallerinn auf der Rieggersburg“ herausbrachte – und der handelt nur über die Zeitspanne von 1607 bis 1672. Die Gallerin ist immerhin die markanteste Gestalt in der Geschichte der Riegersburg, in der sich aber außerdem seit 1122, der ersten Erwähnung der Burg, noch beträchtlich viel an historischen Ereignissen zugetragen hat. Einen Eindruck davon bekommt man im Burgmuseum, bei verschiedenen Sonderausstellungen und beim Rundgang durch die Burg. 

Ein gewaltiges Festungswerk

Der 482 Meter hohe, steile Basaltfelsen beherrscht das weite Tal im Vulkanland der Südoststeiermark und war, wie zahlreiche Spuren und Funde beweisen, schon im 4. vorchristlichen Jahrtausend ein bedeutender Zufluchtsort. Die Bezeichnungen „Grazbach“ und „Graztal“ leiten sich vom slawischen Wort „gradec“ für „Burg“ ab und weisen darauf hin, dass in der Ära der slawischen Besiedlung eine Fluchtburg bestand, die in der anschließenden deutschen Besiedlung ab dem 11. Jahrhundert zum Zentrum der Erschließung wurde und in dem dünn besiedelten Grenzgebiet strategische Bedeutung hatte. 

„Ruotkerspurch“ wurde sie nach dem damaligen Besitzer Rüdiger genannt, und Mitte des 12. Jahrhunderts wurden die Herren von Riegersburg zu den Ahnherren des Geschlechts der Riegersburg-Wildonier. 

Im Mittelalter gab es zwei getrennte Festungen, die obere Hauptburg war die „Ruggersburg“ und die weiter unten gelegene die „Nider Veste“. Diese erbaute der Landesfürst Otakar III. Da er der Hauptburg nun den einzigen Versorgungsweg absperren konnte, bekam er sie damit unter Kontrolle – eine Vorsichtsmaßnahme, damit die adeligen Herren im Land nicht allzu mächtig würden. Die Riegersburg-Wildonier mussten zwar deshalb nicht verhungern, starben aber mit Luithold 1249 trotzdem aus, und die Burg ging an verschiedene Besitzer: über die Kuenringer-Dürnsteiner an Ulrich von Walsee-Graz, dem es gelang, vom Landesfürsten die Nider-Veste zu erwerben. Sie wurde den Walseern vom Habsburger Herzog Ernst dem Eisernen 1412 wieder abgenommen, und erst das Eingreifen von Kaiser Sigismund brachte ihnen fünf Jahre später wieder ihr Eigentum zurück.

Das Ziehen und Zerren, das all die Jahrhunderte um die Riegersburg herrschte, zeigt deutlich genug ihre vielfältige Wichtigkeit für das ganze Land.

Sichere Vorkehrungen

Auf dem 15 Hektar umfassenden Areal etwa 25 Kilometer östlich von Graz wurde die gewaltige Dimension der Riegersburg durch Befestigungsanlagen mit elf Basteien und sechs wehrhaften Toranlagen gut geschützt. Für die Sicherheit der Festung war damit bestens gesorgt, gegen das Eingeschlossenwerden auf der Hauptburg jedoch musste Abhilfe geschaffen werden: Für den Fall einer Belagerung stemmten die Walseer aus dem nordwestlich gelegenen Burgfelsen auf einer Länge von 120 Metern einen Versorgungszugang heraus. Nach dem einzig geeigneten Transportmittel auf diesem Weg in luftiger Höhe wurde er der Eselsteig genannt. 

Einer argen Bedrohung war die Riegersburg 1480 durch die kriegerischen Einfälle der Türken und durch die Eroberungszüge des ungarischen Königs Matthias Corvinus ausgesetzt, konnte aber unter dem neuen Besitzer Reinprecht von Reichenburg allen Stürmen standhalten. Auch 1529 und 1532 mussten sich die Reichenburger gegen das türkische Heer bewähren. 

Durch Heirat und Kauf kam die Burg über die Familien von Stadl und von Urschenpekh an den reichen Freiherrn Seyfried von Wechsler. In Ermangelung eines männlichen Nachkommens wurde seine Nichte, Freifrau Elisabeth Katharina Wechsler, 1637 zusammen mit ihrem Onkel Sigmund Erbin der Riegersburg. Durch Heirat mit dem Präsidenten des Innerösterreichischen Hofkriegsrates, Hans Wilhelm Freiherr von Galler, wurde sie „die Gallerin“. Sie war eine resolute Persönlichkeit, die keine Auseinandersetzung scheute und im Volksmund „die schlimme Liesl“ genannt wurde. 

Die Gallerin – eine streitbare Burgherrin 

An Selbstbewusstsein mangelte es der jungen Burgbesitzerin jedenfalls nicht, und sie übernahm sofort mit fester Hand die für eine Frau der damaligen Zeit total unübliche Verfügungsgewalt über Vermögen, Haus und Hof und baute die Burg zur größten Barockfestung des Landes aus. Sie ließ die Ruine der unteren Burg abreißen, erstellte den äußeren Graben, wo 700 Türken gefangen gehalten wurden, trieb den Ausbau der Wehranlagen mit dem vorletzten Burgtor und dem Wehrgang voran, baute das Zeughaus und im Inneren der Hochburg den repräsentativen Weißen Saal. Das Wappen der Wechsler ist in kunstvoller Ausfertigung siebenmal im Areal vorhanden, das der Galler nur einmal. Verständlich, dass sich Ehegemahl Galler ob dieser „Hausmacht“ nur selten in der Burg aufhielt, immerhin oft genug, dass 1641 ihr einziges Kind, Katharina Regina, geboren wurde. 

Nach zwanzig Jahren Ehe schenkte ihm Gott den ewigen Frieden, und dazu wurde er in der Gallerschen Familiengruft bei den Franziskanern in Graz beigesetzt. 

Ab dem Tod ihres Gatten widmete sich die Gallerin den Auseinandersetzungen und jahrelangen Prozessen gegen die Gallersche Verwandtschaft, das ungarische Militär und gegen den Hauptpfarrer von Riegersburg, Magister Strobl. Die Hauptpfarre Riegersburg und der Kaiserhof hatten bis damals das Patronatsrecht über acht Filialkirchen. 1653 wurde von Kaiser Ferdinand III. das alleinige Patronatsrecht der Gallerin verliehen, die somit unter anderem auch über die Bestellung des Hauptpfarrers entscheiden durfte – was nicht ohne langjährige Friktionen mit dem Klerus ablief. 

Reich bedacht wurde von ihr hingegen ihr langjähriger Verwalter, Urban von Grattenau, mit der Schenkung eines großen Besitzes in Graz und der Pacht der Herrschaft Riegersburg für drei Jahre. Es war die Rede von Heirat mit ihm. Vorerst heiratete aber 1659 ihre Tochter Katharina Regina den Freiherrn Johann Ernst von Purgstall – und damit stand ihr ein neuer Streitgegner zur Verfügung. Es ging um eine angebliche Urkundenfälschung, nach der die Riegersburg landesfürstliches Lehen und nicht Eigentum der Gallerin wäre. So sah Purgstall keine Chance mehr, das Erbe Riegersburg einmal antreten zu können, und da die Gallerin sich von Grattenau als möglichem Ehemann ab- und dem Oberst Detloff von Kapell zugewandt hatte, wurden Purgstall und Grattenau gemeinsam zu neuen Prozessgegnern. Nachdem die Echtheit der Urkunde festgestellt werden konnte, söhnte sich die Gallerin mit ihrem Schwiegersohn aus. Grattenau aber stellte immer neue Forderungen und wurde nach einigen Jahren vor dem Grazer Landhaus von einigen unbekannten Männern zusammengeschlagen. 

Ihr zweiter Ehemann, Detloff von Kapell, fiel schon nach vier Jahren Ehe in der Schlacht von Mogersdorf, wo 1664 die kaiserlichen Truppen unter Raimondo Graf Montecuccoli das weit überlegene türkische Heer von Großwesir Köprülü Fazil Ahmed schlagen konnten. Die Türken wurden somit auch in der Steiermark, nicht nur in Wien entscheidend geschlagen. 

Die Gallerin aber wurde nach zehn Monaten wieder heiratslustig und nahm diesmal Rudolf von Stadl, den Besitzer von Schloss Kornberg, ins Visier. Mit 25 Jahren war er um 34 Jahre jünger als die Gallerin. Obwohl angeblich eine Liebesheirat, ging die Sache gar nicht gut. Betrogen, geschlagen und eingesperrt zu werden endete drei Jahre später in einer Scheidung, die die Gallerin sowohl kirchlich wie bei Hof durchsetzen konnte. Ihr geschiedener Ehemann hatte nachher mit seiner zweiten Frau dreizehn Kinder. Die Gallerin aber verfügte testamentarisch, dass sie neben ihrem „lieben, seeligen Mann“ – womit sie Detloff von Kapell meinte – beigesetzt werden möchte. 

Eine neue Ära 

Nach ihrem fast gleichzeitigen Tod mit ihrer Tochter wurde Schwiegersohn Johann Ernst Graf Purgstall 1672 alleiniger Besitzer der Riegersburg. Er ging als Hexenrichter in die Landesgeschichte ein – verfügte doch auch die Riegersburg über eine hauseigene Hexe: Katharina Fondell war als junges Mädchen in den Dienst der Gallerin eingetreten und heiratete danach den damaligen Burgverwalter Johann Simon Paldauf. Sie hatte eine so glückliche Hand für Blumen, dass sogar zur Winterszeit in ihrem Garten alles üppig blühte. 

Ihrem lendenlahmen Ehemann soll sie allerlei Kräutertinkturen eingeflößt haben, und als das nicht viel nützte, wurde ihr Kind dem Teufel zugeschrieben; es dürfte aber eher der Hexenpfarrer Agricola zuständig gewesen sein. So brachten ihr Neid und Verleumdung eine gerichtliche Verfolgung ein, und im großen Feldbacher Hexenprozess von 1673 war sie eines der prominenten Opfer. In der Bevölkerung aber blieb ihr Andenken als „Blumenhexe“ bis heute erhalten. 

Graf Purgstall baute die Wehranlagen der Burg optimal weiter aus und erhielt dafür von Kaiser Leopold I. den Titel des Kommandanten der Feste Riegersburg. 

Nach seinem Tod gingen langwierige Erbstreitigkeiten los, die Riegersburg blieb aber in der Hand der Familie Purgstall, bis das Geschlecht 1817 ausstarb. Der Name wurde zwar weiter erhalten, da Johanna Gräfin von Purgstall dem Orientalisten Freiherr Joseph von Hammer Schloss Hainfeld vermachte, der dafür Namen und Wappen der Grafen von Purgstall weiter zu führen hatte; es war jener Joseph von Hammer-Purgstall, der das umfangreiche Werk über die Gallerin schrieb. 

Die Riegersburg aber ging an eine Erbengemeinschaft, von der sie durch Feldmarschall Fürst Johannes I. von Liechtenstein, dem Helden der Franzosenkriege, ersteigert wurde. Er war ein sehr erfolgreicher Verwalter der steirischen Besitzungen und fügte durch Kauf die Güter Deutschlandsberg mit Frauental und Holleneg sowie Kornberg und Kirchberg an der Raab mit der Herrschaft Riegersburg zusammen. Mit der Übernahme des Besitzes durch den zweitgeborenen Sohn Franz gründete er eine Nebenlinie des Hauses Liechtenstein. 

Die Bauernbefreiung der Revolution von 1848 hob die Grunduntertänigkeit der Bauern auf und brachte die Grundherrenfunktion des Adels zum Erlöschen. 

Die Riegersburg samt dem Meierhof ist jedoch bis heute im Besitz der Familie Liechtenstein – als schönes Beispiel dafür, dass auch ganz ohne Kampf und Erbstreit das mächtige Wahrzeichen der Steiermark zu Nutz und Frommen der Bevölkerung erhalten werden kann.