Ende März fand eine öffentliche Diskussion im Club A in Bukarest im Rahmen des regelmäßig stattfindenden „Kritischen Cafés“ statt. Die Hauptfrage dieser Veranstaltung bezog sich auf Feminismus und Geschlechterstudien im heutigen Rumänien. Der Literaturkritiker Ion Bogdan Lefter wollte durch die ausgewählte Thematik eine kleine Inventur der jüngsten Ereignisse vornehmen, welche auf die Situation des rumänischen Feminismus hinweisen. Und obwohl der Feminismus hierzulande noch in den Kinderschuhen steckt, hat er sich über die akademische Theorie hinaus entwickelt. Das heißt, dass man nicht nur über feministische Forschung, sondern auch über feministischen Aktivismus und feministische Kunst sprechen kann.
Ion Bogdan Lefter kam erstmal mit Mihaela Miroiu ins Gespräch. Er nannte die feministische Philosophin „Päpstin des rumänischen Feminismus”, da sie den Feminismus als Disziplin in Rumänien gegründet hat. Den Gedankenaustausch begann sie mit einem Zitat des Schriftstellers Mircea Cărtărescu, der ihr vor mehr als einem Jahrzehnt ein Buch signierte und sagte, dass der rumänische Feminismus zwar einen Kopf habe, nur der Körper fehle ihm. „Jetzt ist es mehr als akademisches Denken“, so Mihaela Miroiu. „Das, was in den letzten Jahren geschehen ist, ist beeindruckend. Es ist zwar recht wenig, aber ich weiß, wo wir angefangen haben“, erklärte sie. So präsentierte sie auch ihr Buch „Ideologii politice actuale“ (Aktuelle politische Ideologien), in dem Feminismus als eigenständiges Kapitel behandelt wird. Anschließend wurden weitere Bücher zum Thema vorgestellt, darunter zwei, die als Produkt der wissenschaftlichen Forschung im Bereich Gender Studies zu verstehen sind – von Diana Elena Neaga „Gen si cetăţenie” (Gender und Bürgerschaft) und „Evoluţii politice ale maternităţii: perspective feministe“ (Die politische Entwicklung der Mutterschaft: feministische Perspektiven) von Ramona Păunescu. Die letztgenannte Wissenschaftlerin konnte feststellen, dass tatsächlich nur fünf Prozent aller rumänischen Familien das Prinzip der Partnerschaft und Aufteilung der Aufgaben respektieren.
Besprochen wurde auch die Tätigkeit der NGO FILIA, die sich für Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern, Geschlechterstudien und Entwicklung des Feminismus in Rumänien einsetzt. Vor Kurzem veröffentlichte die Organisation ein Verzeichnis der beleidigenden Werbungen und ein weiteres Buch zu dem Thema, die auf qualitativen Studien beruhen. Da mehr als 80 Prozent der Rumänen täglich fernsehen und nur sechs Prozent lesen, spielt die Werbung eine wichtige Rolle. Dass der feministische Aktivismus immer mehr an Boden gewinnt, verdankt man denselben Frauen, die protestiert und Druck auf die Regierung ausgeübt haben. Repräsentantinnen der Organisation haben über ihre Erfolge berichtet: Erwähnt wurde die Blockierung der legislativen Initiative, laut der eine obligatorische Beratungsperiode für diejenigen existieren sollte, die abtreiben wollen. Auch das Gesetz über die Vermittlung zwischen Täter und Opfer bei einer Vergewaltigung wurde verschoben. Die Aktivistinnen haben es für unmöglich gehalten, dass Vergewaltigungsopfer eine Vermittlung zwischen sich und den Aggressoren in Kauf nehmen sollen. Das würde nur die Opfer entmutigen und den ganzen Prozess bürokratisieren, meinten sie. Betont wurde, dass man nicht über die Lage des Feminismus in Rumänien sprechen soll, sondern über dessen Dynamik.