Mohatsch roch am Wochenende vom 18. bis 20. Juli nach Donauwasser, Paprikapulver und einer gehörigen Portion Gemeinschaftsgeist. Zwei Straßen lang zogen sich dampfende Kessel, aus denen der Duft der legendären Mohácser Fischsuppe stieg – und irgendwo zwischen Akkordeonklängen und Blasmusik wird „uf schwowisch“ und ungarisch über banatschwäbische und ungarndeutsche Eigenart, Tracht und Tradition, Sprache und Handwerk erzählt. Das 7. Donauländische Fischfestival bewies sich als weit mehr als ein kulinarischer Wettbewerb. Es war auch in diesem Jahr eine Bühne für Musik, Tradition, Begegnung – und eine Liebeserklärung an den Fisch als kulturellen Vorwand, um Menschen zusammenzubringen.
Es war der angekündigte Trachtenwettbewerb, der, von Norbert Fischer auf Ungarisch moderiert, im Rahmen des ersten Festivaltags die Banater Tanzgruppe „Buntes Sträußchen“ aus Großsanktnikolaus/Sânnicolau Mare nach Mohatsch/Mohács (Ungarn) zu kommen bewogen hat. Und das mit Erfolg: Unter tosendem Beifall der Banater Delegation ging der erste Preis in der Kategorie Jugendtrachtenträger an die Banater Schwaben, repräsentiert von Francesca Kataro und Mario Mateaș in der von Dietlinde Huhn und den Lehrerinnen aus Großsanktnikolaus pedant hergerichteten, steif plissierten Großsanktnikolauscer Tracht.
Jurorin Kristina Mammel, Vorsitzende der deutschen Selbstverwaltung von Haschard, erklärte, worauf geachtet wurde: „Die Echtheit der Stoffe, korrekt gebundene Schürzen, die richtige Anzahl Unterröcke, selbstgemachte Dirndl – und selbst das Netz oder die Zschäppel auf dem Kopf müssen perfekt sitzen.“ Jede Region habe ihre Eigenheiten: „Im Banat sind die plissierten Rücken abgerundet, bei uns sind sie flach gebügelt.“
Während links von der Hauptbühne Kulturvereine aus der Branau, der ungarndeutschen Region rund um Mohatsch, aus Rumänien, Kroatien und Serbien über die donauschwäbische Geschichte und Gegenwart aufklärten und dabei mit Stempeln besonders aufmerksame Besucher belohnten, lockte rechts der „Halpont“ samt großem Festzelt mit gegrilltem und gekochtem Fisch. Von Oberkrainer-Sound über schwäbische Blasmusik bis zu Filmkompositionen und eine Helene-Fischer-Tribute-Show – das Musikprogramm zeigte, wie sehr Volksmusik aus Österreich und Schlagersound in den letzten Jahren bei ungarischen Jugendlichen angekommen ist.
Die Moderation des Hauptfestivaltags übernahm Christina Arnold von der ungarndeutschen Radio- und Fernsehsendung aus Fünfkirchen/Pécs. Sie schwärmte von der Vielfalt: „Hier dürfen sich Kinder aus der Musikschule präsentieren, ebenso internationale Gäste. Zwei Tage lang – das ist schon etwas Besonderes, denke ich, dass eine Stadt, die eigentlich nicht so groß ist, doch ein solches Programm umsonst anbieten kann.“
Das kulinarische Herzstück des Festivals bleibt die Mohácser Fischsuppe: kräftig, rot, mit Karpfen und hausgemachten Nudeln. Jede Kochgruppe hütet ihr Rezept wie einen Schatz – kleine Abweichungen sind erlaubt, doch die Grundzutaten sind heilig. Wer die Jury überzeugte, durfte am Ende die begehrte Auszeichnung „Beste Fischsuppe“ mit nach Hause nehmen.
Schwabengasse – Schaufenster der Vielfalt
Entlang der sogenannten Schwabengasse präsentierten sich Vereine und Selbstverwaltungen aus Mohatsch und Umgebung. Hier gab es handgestickte Handtücher, historische Fotos, Trachten zum Anprobieren und Bastelangebote für Kinder. Die Erwachsenen kommen aber bei diesem Fest auch nicht zu kurz, denn sie können viel dazulernen, oder schon mal den nächsten Ausflug oder das Essen in einer besonderen Gastronomie der einst schwäbischen Dörfer nahe Mohatsch einplanen. Die Stände sind teils thematisch auf Küche, Lebensstationen, Haus und Hof, Kleidung und Handwerk, aber auch Geschichte und Hausmedizin ausgerichtet oder bieten einzelnen Ortschaften an, das Besondere ihrer Gemeinschaft zu präsentieren:
Die Schomberger zeigten mit Stolz Bilder ihrer jährlichen „Schwäbischen Hochzeit“ mit bis zu 300 Mitwirkenden in Tracht. Aus Nimmersch kamen Sprachspiele in der seltenen Nimmerschen Mundart, bei denen Besucher erraten mussten, ob es ein Volkslied mit solchem Titel gab oder „Quatsch“ ist. Die Ungarndeutschen aus Bonnhard/Bonyhád präsentierten auch diesmal ein vollbehangenes Zelt mit schwarzen, gestrickten und bestickten Hauspantoffeln, mit unterschiedlichsten Mustern. Die „Patschken“ haben bei den Ungarndeutschen genauso Tradition wie die „Klumpen“, die Holzpantoffeln, die im Hof, Stall und Garten angezogen wurden. Im Verein werden die Patschken gemeinsam gestickt.
Der Verein der Deutschen und Österreicher aus Vukovar brachte Kochbücher und Chorlieder mit, in Zusammenarbeit mit OSIK, dem Dachverband der kroatischen Donauschwaben. Und eigentlich waren alle untereinander bekannt, zumal aus Serbien und Kroatien auch enge Verbindungen ins Banat gepflegt werden, mit regelmäßigem Austausch, gegenseitigen Auftritten und vielem mehr.
Gegenüber von der Bühne bot der Infostand nicht nur Auskunft und Programmflyer, sondern zugleich die Teilnahmekarten für den Stempellauf. Denn so mancher Stand belohnte emsige Lerner, die an den vielseitigen, interaktiven Lehrveranstaltungen teilnahmen oder Spiele und Rätsel lösten, mit einem kleinen Stempel. Wer sieben Stempel gesammelt hatte, durfte am Infostand ein Los ziehen. Zu gewinnen gab es von Bechern über Kugelschreiber, Flaschenöffner, Sonnenbrillen, Schlüsselanhängern bis hin zu Weinflaschenbehältern, mit dem Logo des Festivals, was es auch als Souvenir am Geschenkestand zu erwerben gab.
Ursprung und Zukunft des Festes
Maria Róth-Ébner von der Deutschen Selbstverwaltung Mohatsch erklärt, wie die Ungarndeutschen darauf kamen, so ein großes Stadtfest zu organisieren: „Die großen Fischer hier waren früher meist Ungarndeutsche. Also wollten wir ein Fest, das beides zeigt – Fischerei und unsere Kultur.“ Mit Unterstützung von Stadt, Staat und Sponsoren ist daraus ein Programm gewachsen, das jährlich mehr Besucher anzieht – sogar aus Budapest und dem Ausland. Geboten wird nicht nur Unterhaltung, wie bei sonstigen Stadtfesten mit Imbiss-, Spielzeug- und Handarbeitbuden oder Bier-Pong und Katamaran-Fahrten, sondern auch (Kennen) Lernmöglichkeiten. Die Kinderecke bot zusätzlich in den Räumen und im Hof des örtlichen Puppentheaters kreativen Zeitvertreib, Bogenschießen, Theatervorführung, und alles begleitet von deutschen Kinder- und Schlagerliedern.
Der Höhepunkt in diesem Jahr: ein Auftritt der österreichischen Band „Die Grubertaler“, die mit ihrer Mischung aus Alpenpop und Partysound das Publikum bis in den späten Abend tanzen ließ.
Zwischen den Ständen traf man auf Besucher wie Barbara Bischof, pensionierte Lehrerin aus Mohatsch: „Ich komme wegen der Kultur – und weil ich mich freue, wenn Gruppen wie die aus Großsanktnikolaus hier auftreten.“ Peter Heinzelmann aus Leipzig, der nach Jahrzehnten als Urlaubsgast in Harkány blieb, sagte begeistert: „Ich bin 89, singe im Kirchenchor und fühle mich hier einfach wohl.“ Man trifft sie alle: die ansässigen Ungarn, Szekler, Kroaten, Serben und Roma, die Ungarndeutschen, die Donauschwaben aus den Nachbarländern und nicht zuletzt Deutsche, die entweder als Touristen zufällig dabei sind oder sogar in Südungarn ihren neuen Lebensmittelpunkt gefunden haben. Vieles scheint auf den ersten Blick auch einem Banater Schwaben vertraut, doch dann ist es doch ein bisschen anders, als man es von zu Hause kennt.
In Mohács beweist man, dass eine Fischsuppe mehr sein kann als nur ein Gericht. Sie ist hier Anlass, Bräuche zu pflegen, neue Freundschaften zu schließen – und für ein Wochenende die Donau zu einer Brücke zwischen den Kulturen zu machen.