Gold aus der Türkei, Zweckblindheit der Polizei

Illegales Goldschmugglernetz in Temesch und Arad, mit Involvierten im staatlichen Kontrollsystem, aufgeflogen

Temeswar/Arad/Reschitza – Ehemalige und gegenwärtige Beamte des Kreisinspektorats Temesch der Polizei, hohe Staatsbeamte in Schlüsselpositionen auf Regionalebene, hochbezahlte Angestellte von Banken, Beamte der Steuerbehörde ANAF und Verantwortungsträger der Nationalen Agentur für Verbraucherschutz ANPC – insge-samt etwa drei Dutzend Personen stehen im Visier der Polizisten der Polizeidienststelle zur Bekämpfung Organisierter Kriminalität und des Terrorismus, DIICOT-Territorialbüro Karasch-Severin und der DIICOT-Staatsanwälte von Reschitza, die am Mittwoch den ganzen Tag gerichtlich abgesegnete Mandate für 58 Hausdurchsuchungen durchgeführt haben, alle in den Banater Nachbarkreisen Temesch und Arad. Schon, dass kein einziger einschlägig qualifizierter Beamter aus den Landeskreisen, wo die Hausdurchsuchungen durchgeführt wurden, dabei war, zeigt die Brisanz des Falles, dem die Staatsanwälte und die Kriminalpolizei auf der Spur sind.

Und wie wenig Vertrauen – oder wieviel Misstrauen – man in ihre Korrektheit und wie wenig Loyalität dem abgelegten Schwur gegenüber man bei ihnen voraussetzen kann.

Es geht um die „Konstituierung einer Gruppe organisierter Krimineller, um (Gold-)Schmuggel, um Geldwäsche und noch um einiges Empfindliche mehr: Enthüllung von Staats- und Dienstgeheimnissen, um Bekanntgabe von Informationen, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren. Die (zwischen 30 und 40) Mitglieder der „Bande“ – ihre genaue Mitgliederzahl wird gegenwärtig bei den Verhören ermittelt, die in Reschitza beim Sitz von DIICOT aufgrund von (bisher) 30 Gerichtsmandaten laufen – standen angeblich unter der Führung eines ausländischen Staatsbürgers, der allerdings bis ins Detail rumänische Mentalitäten und das Funktionieren von Schwächen der rumänischen Verantwortungsträger im Staatsdienst (und nicht nur…) kennen muss. Seine Identität und Staatsangehörigkeit werden bisher verschwiegen.

Es ging (zumindest am Anfang...) um den illegalen Import und den nachmaligen Verkauf von hauptsächlich aus der Türkei „importiertem“ Goldschmuck, aber auch um Schmuck aus anderen Wertmetallen. Es handelt sich um in der Türkei nachgemachten Markenschmuck, der an der Grenze, beim Zoll, weder deklariert noch von den Zöllnern entdeckt wurde – also an den staatlichen finanziellen Auflagen vorbeigeschleust wurde. Genauso geschah auch der Verkauf: am Fiskus vorbei.

Um wieviel Steuer- und Gebührenhinterziehung es sich handelt, das wird gegenwärtig ebenfalls noch ermittelt. „Abgesetzt“ wurde die „Ware“ über ein Netzwerk von Firmen, die von den Mitgliedern der „Gruppierung“ kontrolliert wurden. Keine „Ware“ taucht in den Firmenpapieren auf, ergo wurde auch keinerlei Mehrwertsteuer beim Verkauf abgeführt.

Im Spinnennetz verfangen sind Polizisten und ehemalige Polizisten, Beamte aller Institutionen des Raums Banat, die mit Kauf, Import, Verkauf und Versteuerung von Schmuck, Wertgegenständen und sonstiger Schmuggelware zu tun haben, dazu der Verbraucherschutz und natürlich die Steuerbehörde ANAF, die den Schmuckhandel ab und an einer Kontrolle hätte unterziehen müssen. Was sie auch tat – allerdings nie, bevor die von den Kontrollen Anvisierten vorher aus der Behörde heraus gewarnt und genau informiert wurden, was die ANAF-Kontrolleure suchen, auf was sie aus sind. Dasselbe geschah auch bei Kontrollen seitens des Verbraucherschutzes: auch hier saßen Bandenmitglieder im „Innern“ und informierten beizeiten und loyal die Anvisierten, was ihnen bevorsteht.

Zum „Lohn“ für sol-cherart „Treue“ und „Loyalität“ “, wenn dieser nicht direkt materiell-finanziell war, gab es von Zeit zu Zeit Partys für die „Eingeweihten“. Denn sie „informierten“ beizeiten nicht nur betreffs anstehender Kontrollen, sondern auch, wenn umfassendere einschlägige („thematische“) Untersuchungen anstanden oder wenn ein gutgläubiger Käufer sich zum Beispiel an den Verbraucherschutz (oder an die Polizei) wandte, weil er sich beim Kauf des angebotenen Schmucks derartigen Usprungs betrogen fühlte. Zu denen, die das „Netzwerk“ eifrig schützten, zählten vor allem ehemalige und aktive Polizisten des Kreisinspektorats der Polizei von Temesch. Vor jeder „Kontrolle“ waren den ins Auge Gefassten vorher Datum, genaue Uhrzeit, Kontrollmethoden und (sehr wichtig!) die Zusammensetzung des anrückenden Kontrollteams bekannt.

Neben Partys gab es für Schweigen und Komplizität – man nennt es auch „Amts-“ oder „Zweckblindheit“ – natürlich auch Gold. Zuletzt wurde das „Handelsimperium“ zusätzlich auf (markengefälschte) Kleidung, Schuhwerk und Parfüme ausgedehnt.

Konsequent treu blieb man im Bandenkreis nur der systematischen und massiven Steuerhinterziehung. Die Schmuggelware kam in der Regel über die EU-Außengrenze Rumäniens unverzollt ins Land. Fragt sich der Laie, ob da wirklich nicht auch der Zoll impliziert war?

Während das „parallele Absatznetz“ unter Polizei-, Steuer- und Verbraucherschutz weiter funktionierte. Praktisch darf wohl behauptet werden, dass im Falle dieser „Gruppierung von Verbrechern“ der Staat durch seine Beamten devot (und zum Eigennutz dieser Beamten) mitgemacht hat. Was man wohl Schwäche des Systems nennt.

Dass man wenig Vertrauen hat in die eigenen Leute, zeigt allein schon die Tatsache, dass die Vorfälle und Vorgänge von Arad und Temesch jetzt ausgerechnet in Reschitza untersucht werden. Genauso wie früher schon DIICOT-Leute aus Temesch im Banater Bergland Untersuchungen durchgeführt haben (zuletzt beim vermuteten Bakkalaureatsschwindel – ADZ berichtete...). Das System des „Selbstschutzes der Illegalen aus dem Innern“ scheint sehr solide verankert zu sein. Aber nur im Banat? Im Fall der Uniformträger nennt man so etwas gewöhnlich einfach: „Verrat“.