Handgemachter Käse mitten im Szeklerland

Jakab und Emilia Bodor rühmen sich mit ihrer natürlichen Käsemanufaktur

Jakab und Emilia Bodor Foto: www.uzonka.ro

Das Haus haben die Bodors selber entworfen, nach dem Modell einer mongolischen Jurte, mit dem Oberlicht mitten im Wohnzimmer. Fotos: der Verfasser

„Der ´älteste´ Käselaib, den wir hier aufbewahren ist etwas über 24 Monate alt“, meint Emilia in ihrem Container-Keller.

Die Stürme der letzten Monate hatten den Abfluss komplett verstopft und die Straße beschädigt.

Ein gesunder Snack

Ein Bissen, der überzeugt – vielleicht die passendste Beschreibung der kleinen Käsemanufaktur, die sich unter dem Namen uzonka.ro vermarktet. Denn Emilia und Jakab Bodor setzen auf Qualität bei ihrem handgemachten heimischen Käse. Und die Freude, die sie am Experimentieren mit unterschiedlichen Kräutern haben, vermitteln sie ansteckend jedem Besucher, ebenso wie ihre Liebe zur Natur, für die Tiere und das Leben.

Um zu ihrem Betrieb zu kommen, verfolge ich eine ungepflasterte Straße, die sich zwischen hohen Tannenbäumen auf den Hügel zu den Kühen hinauf schlängelt, welche ruhig und gelassen hinter dem kaum sichtbaren Elektrozaun grasen. Ich erfahre später, dass die Manufaktureigentümer selbst den Weg vor zwei Jahren saniert haben, um auch anderen Fahrzeugen als nur Geländewagen die Zufahrt zu ermöglichen. Nur ein kleines Schild mit einem Käselaib zeigt die Richtung zur Käsemanufaktur an. Weniger als 20 Minuten entfernt liegt die vielbefahrene Verbindungsstraße zwischen Sf. Gheorge und Bad Tu{nad, danach kommt der ruhige und frisch sanierte Abzweig Richtung Baraolt und in einer engen Kurve die Ausfahrt zum Uzonka-Bad (rum. B²ile Ozunca, ung. Uzonkafürdö), ein kleines Dorf, dessen Häuser sich über mehrere Hügel des östlichen Karpatenbogens erstrecken. 69 Einwohner zählt die Gemeinde, alles stolze Szekler, eng verbunden mit der Natur und ihren Traditionen. Es ist so ruhig und still, dass ich beim Abstellen des Motors sogar den Zug aus Bad Tu{nad über die Hügel hinweg hören kann, fast zwei Wanderstunden entfernt. In diese Wildnis haben sich der 37-jährige gelernte Elektriker Jakab Bodor und seine 36-jährige Frau Emilia, ehemalige Lehrerin, vor knapp zehn Jahren zurückgezogen, als sie den landwirtschaftlichen Betrieb seines Vaters übernahmen. Mittlerweile arbeiten ständig mindestens fünf Personen im Betrieb, zwei weitere helfen ab und zu aus. Denn bei der Käsemanufaktur ist ständig etwas zu tun, wenn nicht mit den Tieren, dann mit dem Ausbessern der Zufahrt oder mit der Erweiterung und Wartung der Anlagen.

„Mein despotischer Chef war mein größter Segen...“

...erkärt Jakab schmunzelnd, wann er sich an die Anfänge erinnert. Damals arbeitete er noch als Elektriker in einer Fabrik in Baraolt und half nebenbei oftmals seinem Vater mit der Viehzucht im abgelegenen Ozunca, eine halbe Fahrtstunde entfernt. Obwohl er jahrelang als Elektriker gearbeitet hatte, wurde die Situation in Jakabs Betrieb auf Grund seines autoritären Vorgesetzten immer schwerer für ihn, und seine Familie entschied sich schließlich, vollberuflich auf Käseproduktion umzusteigen. Was er damals als Qual empfunden hatte, sieht er heute aber als Segen, denn es war der Ansporn zu dem, was die beiden sich geschaffen haben. Bereits 2012 hatten sie ihre ersten EU-Fördermittel erhalten, um den Betrieb zu modernisieren. Die Liebe zur Natur und für die Tiere, die Ruhe und die frische Luft unter den Tannen machte ihnen die Entscheidung leichter. Pendeln tun sie immer noch täglich, mit ihrem neunjährigen Sohn zur Schule, nur eben jetzt in umgekehrter Richtung. 

Und ihr Traumhaus haben sie dabei auch bauen können: ganz wie eine mongolische Jurte, mit einem großen Oberlicht und Wänden aus Glas, direkt am Berghang und fast komplett mit natürlichem Gras bedeckt. Das kleine, von Büschen und Grünzeug umringte Gebäude scheint tatsächlich aus dem Hang herauszuwachsen und ist leicht zu übersehen.

Mittlerweile haben sie bereits fünf EU-Projekte hinter sich, die ihnen ermöglichten, modernste Geräte anzuschaffen – dies nicht nur zur Käseproduktion, der gesamte Betrieb kann mit neuen Traktoren, Baggern und Spezialfahrzeugen,  Sonnenpaneelen und temperaturkontrollierten Containeranlagen fortbestehen. Elektroautos  stehen auch auf dem Parkplatz, doch nicht nur, weil die einzige Tankstelle weit weg ist – sie sind auch gütiger zu Mutter Natur. 

„Das Wichtigste ist das Rohmaterial”…

… meint Jakab mit glänzenden Augen, „das Wasser, das Gras, die Luft. Ansonsten gibt es keine großen Geheimnisse bei der Käseproduktion“, denn… „der Magen der Kuh ist doch für Gras geschaffen“. Er rühmt sich mit seinen einundzwanzig Kühen der einheimische Rasse „b²l]at² româneasc²“, die ausschließlich Quellwasser trinken und unangetastetes Gras fressen, auf einem der zahlreichen gepachteten Grundstücke, im Vergleich zu anderen Rinderrassen, wie die Holstein-Kühe, die drei bis vier Mal mehr Mich geben, jedoch zu diesem Zweck genetisch modifiziert wurden und somit auch eine Milch geringerer Qualität liefen. Als Beweis für die natürliche Milchproduktion hat Emilia diese sogar ins Ausland zu einem Labor geschickt, um deren natürliches Kasein auch behördlich bestätigen zu lassen. Als Bio-Hersteller ist das Unternehmen schon seit Jahren akkreditiert. Fast eine halbe Stunde erzählen beide über ihre Kühe, fast so, als ob sie über ihre eigenen Kinder sprechen: liebevoll, enthusiastisch, stolz. 

Käsesorten

Ebenso stolz erzählen sie über ihre frische und geklärte Butter, ihren Joghurt, ihre pure Milch und ihre über ein Dutzend Käsesorten, sei es ein klassischer Frischkäse oder ihr Bestseller, „telemea“, oder aber ein Emmentaler, ein Gouda, ein Mozzarella oder ein Cheddar – alle aus selektierten Kulturen und mit traditionellen Methoden hergestellt. Überaus enthusiastisch ist Emilia mit ihrem gebrühten Frischkäse (ca{ op²rit), ein Rezept, dass sie von ihrem Schwiegervater erlernt und  mittlerweile mit zahlreichen Schulgruppen ausprobiert hat. 

Und um sich nicht mit „einfachem“ Käse zu langweilen, experimentiert sie außerdem mit allerhand Kräutern und Gewürzen: Chili, Bärlauch oder Basilikum sind einige der  Zutaten, die ihren Käse außerordentlich machen. Stolz ist sie auch auf die langen natürlichen Reifezeiten, die sie ihren Käsesorten gönnt. Frisch oder hart, jeder einzelne Bissen hat seinen eigenen Geschmack. Nun planen die beiden einen separaten Keller für Schimmelkäse. Der darf nämlich nicht in Kontakt mit anderen Käsesorten kommen. 

Voll bepackt mit frischem Käse fährt Jakab wöchentlich nach Bukarest, Kronstadt/Bra{ov und andere Großstädte, um seinen Käse so frisch wie möglich an Restaurants und Bioläden zu liefern. Denn wichtig ist und bleibt für beide die Qualität ihrer Produkte. Deswegen möchten die Bodors auch nicht mit großen Supermarkt-Ketten zusammenarbeiten, auch wenn der Verdienst um ein Vielfaches höher wäre – sie würden ihre Qualität und somit ihre Identität opfern müssen. Stattdessen wollen sie ihren Kleinbetrieb erhalten und bestehen darauf, ihre Qualität einer kleineren, aber feineren Kundschaft anzubieten. Dass sie nur drei oder höchstens vier Mal die Woche je eine oder zwei Sorten von Käse herstellen, abhängig von der Milchproduktion ihrer Kühe, stört sie nicht.

„Mehr Zeit für uns wäre nicht schlecht...”

...erklärt Emilia, als ich sie nach Zukunftsplänen frage. Eine Solaranlage soll noch dieses Jahr über dem Parkplatz entstehen und ein neuer Käsekeller steht für nächstes Jahr auf dem Plan. Vielleicht auch eine automatisierte Melkanlage im zukünftigen neuen Schuppen – die würde ihr Leben wirklich leichter machen. Was jedoch den Betrieb anbelangt, wünscht sich keiner große Erweiterungen. Denn jedes neue Projekt raubt mehr von ihrer kostbaren Zeit. Sie würden sich eher gerne entspannen und das Leben mehr genießen. Zusätzlich zum derzeitigen Direktverkauf vor Ort, auf Marktplätzen und im Webshop wollen die beiden das B2B-Geschäft mit größeren Unternehmen, Restaurants und Bio-Läden erweitern. Dadurch hoffen sie, etwas mehr Zeit für die Familie zu haben, für ihren neunjährigen Sohn, der stets im Betrieb oder bei den Tieren mithilft… und wünschen sich vielleicht noch eine Tochter. In einer Welt, in der die industrielle Produktion dominiert, bleiben Emilia und Jakab Bodor dem authentischen Weg der traditionellen Käsemanufaktur treu. Der Geschmack ihres Käse erzählt ihre Geschichte.