Bevor die Störche uns wieder Richtung Afrika verlassen, soll doch noch über die diesjährige Storchzählung berichtet werden. Wenn man bis vor einigen Jahren gefragt wurde, wann denn der Abflug nach Süden erfolge, war die Antwort: am 23. August. Aber mit dem Klimawandel hat sich dieser Termin offenbar vorverlegt und es ist leicht möglich, dass die Störche diesmal das günstige Hochdruckwetter mit seinen Aufwinden ausnützen und ihre Reise früher beginnen.
Unsere Storchzählung im Kreis Hermannstadt/Sibiu fand daher schon in der Woche nach dem 15. Juni statt, was für einige jüngere Teilnehmer gut war, da sie noch Ferien hatten. Teilgenommen an den täglichen Sternfahrten von Hermannstadt aus bis Boița im Süden, Bonnesdorf/Boian im Norden, Dobring/Dobârca im Westen und Wossling/Țeline im Osten haben wie in jedem Jahr unsere Freunde aus Brandenburg, Anselm und Matthias Ewert mit zwei Freunden. Und dann je nach Möglichkeit unsere beiden Kinder mit dreien unserer Enkelkinder. Dazu kam einmal auch Frau Irmele Philippi (fast 90!) mit Sohn Walter auf eine der Fahrten mit. Sehr gefreut hat mich, dass uns auch in diesem Jahr auf einer der Fahrten Max Köber und seine Mutter mit seiner Drohne begleitet hat, was die Zählung der Jungstörche sehr erleichtert hat. Ebenso freuten wir uns, dass auch Konsulin Kerstin Ursula Jahn und ihr Mann kurz vor ihrem Abschied aus Hermannstadt an der Fahrt ins Obere Harbachtal teilnehmen konnten. Neu dabei war der Schüler der Charlotte-Dietrich-Schule, Finlay Trewby, mit seinem an Naturschutz interessierten Vater. Hilfe hatte ich aber noch von mehreren storchliebenden Bekannten, die mir die Jungenzahlen aus ihren Orten meldeten, sodass wir dort nicht extra hinfahren mussten: Emanuel Drotleff aus Kirchberg/Chirpăr, Christine Săvescu aus Sebeșul de Sus, Margit Kezdi aus Heltau/Cisnădie und mehrere andere. Und da wir das relativ neue Storchennest in der Nähe des Bahnhofs von Podul Olt vergessen hatten, half mir Richard Reb mit einer Fahrt bis dahin. Ein herzlicher Dank an all diese Helfer! Dank ihnen konnten wir auch in diesem Jahr die Storchzählung in 120 Ortschaften des Kreises Hermannstadt durchführen.
Drittschlechteste Jahr seit 1988: 391 Jungstörche weniger als 2024
Das Ergebnis war bei der Reproduktion der Störche leider diesmal ein ganz schlechtes. Wir zählten zwar mit 344 Nestern 16 mehr als im vergangenen Jahr, aber bei der Anzahl der heranwachsenden Jungstörche waren es nur noch 552, also ganze 391 weniger als im Vorjahr!
Das ist wohl mit dem kalten und nassen Wetter im Mai zu erklären, als die Jungstörche schon geschlüpft waren, aber noch keine wärmenden Federn hatten und dadurch nass und unterkühlt starben. Ich hatte den Eindruck, dass die später angekommenen Störche diesmal im Vorteil waren, da ihre Jungen bei dem schlechten Wetter noch nicht geschlüpft waren und die Eltern die
Eier besser versorgen konnten. Besonders in Gebirgsnähe, wo es entsprechend kälter war, blieben mehrere Nester ganz ohne Nachwuchs (insgesamt 101).
Seit Beginn unserer Zählung 1988 war damit das laufende Jahr das drittschlechteste in dieser Beziehung: nur 1,6 Jungstörche pro Horstpaar, beziehungsweise 2,27 pro erfolgreich brütenden Paaren. Damit sich die Population aber trägt, hätten diese Zahlen mindestens 2,0, eher aber 2,4 betragen müssen. Also ein Störungsjahr, wie die Biologen sagen.
Neue Nester und Mehrfachbelegungen
Es macht andererseits aber Hoffnung, dass wir in mehreren Ortschaften neue Nester fanden. So in Henndorf/Br˛deni, Kirchberg, Porumbacu de Jos, Schönberg/Dealu Frumos, Alzen/Al]âna, Kleinscheuern/[ura Mic˛, Leschkirch/Nocrich, Marpod, Mergeln/Merghindeal und Salzburg/Ocna Sibiului. Dazu hat unser Andreas Zeck aus Reutlingen mit seinen Adleraugen wesentlich beigetragen. So sah er im Vorbeifahren von der Autobahn aus in der Nähe von Reussdörfchen/Rusciori ein ihm unbekanntes Nest, fand es dann auch auf der Google-Karte und führte uns im Gelände zielsicher hin!
Und wir freuten uns jedesmal, wenn wir Horste mit vier Jungen (17) oder drei Jungen (71) fanden; Fünferbruten gab es diesmal nur in Alămor und Ludoș.
In diesem Jahr führte Miruna Pripoianu in Großau/Cristian zum ersten Mal eine Beringungsaktion der Jungstörche durch. Auch hier zählte sie wieder mehr Nester (73), aber viel weniger Jungstörche (rund 100, im Vorjahr waren es 181). Der Anzahl der Nester nach folgen dann Orlat (24), Leschkirch (19), Mergeln (16), Porumbacu de Jos (10) usw. In Hermannstadt wurden in den vier Nestern sieben Jungstörche groß, eines der Nester blieb kinderlos.
Nisthilfen: Stromverteiler-Unternehmen leider uneinsichtig
Leider hat die im vergangenen Jahr durch Konsulin Jahn organisierte Begegnung in Großau mit Vertretern des Stromverteilungs-Unternehmens keine Ergebnisse in Bezug auf die Sicherung der Mittelspannungsleitungen durch Abdeckhauben und die Anbringung von Nisthilfen auf die Masten gebracht. Im Gegenteil: Es gibt Ortschaften, in denen die alten Masten, auf denen die Störche zwar schwer, aber doch ihre Nester bauen konnten, durch neue runde Masten ersetzt wurden, auf welchen ein Nestbau kaum möglich ist. So verschwand z. B. das einzige Storchennest in Bogatu Român.
Was in anderen Kreisen möglich ist, scheitert bei uns an der fehlenden Einsicht der dafür Verantwortlichen!