Welches sind ihre Wünsche als Konsul für das Jahr, das eben begonnen hat?
Der Beginn eines Jahres bedeutet auch, dass man kurz zurückblickt. Ich habe meinen Dienst hier in einem Jahr, das sehr stark von Jubiläen und Jahrestagen geprägt. Ich möchte nur einen herausheben, 25 Jahre deutsch-rumänischer Freundschaftsvertrag, der hier gebührend gefeiert wurde. Er ist eine wichtige Basis für meine Arbeit hier, auch für die Arbeit im laufenden Jahr 2018. In dem Zusammenhang ist mir in den viereinhalb Monaten seitdem ich hier bin aufgefallen, dass der Vertrag eben die Rahmenbedingungen schafft. Das heißt, ausgefüllt wird er von den Menschen, die hier im Sinne der deutsch-rumänischen Freundschaft arbeiten. Ich bin bei meinen Reisen im Amtsbezirk – ich habe bereits sieben der acht Kreise bereist – von den Menschen beeindruckt gewesen. Viele sind ehrenamtlich tätig. Wir haben viele junge Leute, die aus Deutschland hierherkommen und bei Kulturinstitutionen (Programm Kulturweit) dabei sind, auch Praktikanten, die hier ehrenamtlich z. B. für Wohltätigkeitsorganisationen tätig sind. Da werde ich stellvertretend für viele andere junge Leute Dominic Fritz nennen, der Praktikant bei der Caritas war und jetzt mindestens einmal im Jahr nach Temeswar kommt, um mit seinem Gospel-Chor ein Konzert zu geben; die Einnahmen werden dann gespendet. Das sind die Menschen, die mich besonders beeindrucken.
Weil Sie die 25 Jahren schon angesprochen haben, kommen die Beziehungen zwischen Deutschland und Rumänien in eine neue, reifere Phase?
Beziehungen entwickeln sich und ich glaube, wie haben hier gerade den Vorteil, dass die Beziehungen auf sehr guten, soliden Boden stehen. Als Konsulat haben wir den Auftrag, sie weiter zu entwickeln. Es gibt verschiedene, wichtige Bereiche, wie z. B. die Wirtschaft, da sind wir hier im Banat um Investoren zu beraten, der zweite Bereich sind die Kulturbeziehungen, da liegt ganz klar der Fokus auf der Kulturhauptstadt 2021. Da wirken wir mit. Wir beobachten die Entwicklungen, ich habe jüngst Berichte aus Brüssel bekommen, die ermutigen, aber sicher bedeutet dies nicht, dass man sich zurücklehnt, da muss noch einiges entwickelt werden. Die politischen Beziehungen sind natürlich auch wichtig, vor allem in der Hauptstadt, aber auch hier versuchen wir, unseren Beitrag dazu zu leisten.
Sie hatten bereits am Jahresanfang einen Austausch mit dem Abgeordneten Ovidiu Ganț, welches sind die Prioritäten, was die deutsche Minderheit angeht im Jahr 2018?
Ich war sehr froh, dass wir zu Beginn dieses Jahres unseren Austausch fortsetzen konnten, konkret habe ich den Abgeordneten Ganț auch auf sein Impulsreferat anlässlich der Konferenz des Landesforums in Hermannstadt angesprochen, auch der Landesforumsvorsitzende Dr. Jürgen Porr hat ein Referat gegeben. Ich sehe die Gedanken, die man sich seitens des Forums über die Zukunft der Minderheit hier macht und über die Chancen und Möglichkeiten; der Bereich Nachwuchs ist ein ganz wichtiges Thema. Wir als Konsulat unterstützen die Minderheit, die ein ganz wichtiger Ansprechpartner ist. Wir haben die Möglichkeit, Projekte aufzulegen, um die Akteure der Minderheit zu unterstützen, vielleicht auch die Jugendinitiativen und den Nachwuchs anzuspornen, sich stärker einzubringen. Abgeordneter Ovidiu Ganț ist für mich ein ganz wichtiger Ansprechpartner, mit seiner Erfahrung und seinen Kenntnissen.
Ich selbst habe mir vorgenommen, mir sehr viel Zeit für persönliche Gespräche zu nehmen, mit den Menschen hier in unserem Amtsbezirk zu wichtigen Themen ins Gespräch zu kommen. So werde ich auf Einladung des Bischofs nach Großwardein fahren. Auch die Kirchen spielen hier eine wichtige Rolle. Die Bundesregierung unterstützt die deutsche Minderheit, die Projekte, konkret ist der Bereich Nachwuchs. Jugendförderung ein ganz wichtiger. Man könnte zum Beispiel im Bereich der Medien und der Öffentlichkeitsarbeiten noch stärker junge Journalisten von der Minderheit einbinden.
Was hat sich das Konsulat noch vorgenommen für 2018?
Wir werden uns hier als Open House für geladene Gäste nach Ostern vorstellen und das mit einer Vernissage verbinden; den Namen des Künstlers verrate ich noch nicht. Wir denken, dass diese Ausstellung rotieren wird und nach einiger Zeit, weitere Künstler hier in den Räumlichkeiten des Konsulats ihre Bilder ausstellen können. Sicher, das Konsulat ist für seine Serviceeinrichtungen bekannt. Ich denke aber, es ist auch wichtig zu wissen, dass wir in Temeswar ein wichtiger Ansprechpartner sind. Es gibt in Rumänien außerhalb Bukarests keine andere Stadt, die so viele Konsulate wie Temeswar hat, 17 an der Zahl, aber es gibt zwei Berufskonsulate. In dem Kontext will ich noch erwähnen, dass wir eine neue Gesprächsplattform der 17 Konsuln mit den öffentlichen Stellen eingerichtet haben, wo wir gemeinsam Fragen und Themen mit gesammelter Kraft einbringen können.
Ist schon bekannt geworden, ob und welche Delegationen aus Deutschland Ihr Amtsbezirk 2018 besuchen werden?
Die Frage ist jetzt im Januar berechtigt, aber gerade steht die Bildung einer neuen Bundesregierung in Berlin ganz oben auf der Tagesordnung. Nach dem Zustandekommen der neuen Bundesregierung wird man darüber reden. Wir sind auch zuversichtlich, dass interessante Delegationen kommen werden.
Zum Wirtschaftsstandort Banat: Hat ein neuer Investor sein Interesse bekundet oder haben bereits hier ansässige Firmen über eine Erweiterung der Produktion hier ihr Interesse gezeigt?
Ich glaube, das Interesse ist weiterhin da für eine Erweiterung; das Banat hat einen guten Ruf. Ich weiß auch, dass andere Unternehmen den Markt sondieren, will aber auch nicht verschweigen, dass das Thema des Arbeitskräftemangels ein ganz wichtiges ist. Man macht sich Gedanken, wie kann man dem entgegenwirken kann. Wir haben das auch mit dem deutschen Wirtschaftsklub sehr stark in den Vordergrund gebracht. Es ist das Thema der dualen Ausbildung. In unseren Gesprächen mit Entscheidungsstellen versuchen wir auch, dieses Modell einzubringen. Der zweite Ansatz könnte sein, Arbeitskräfte aus anderen Teilen des Landes oder aus anderen Ländern, zum Beispiel aus Serbien hierher zu bekommen, aber dafür muss man Wohnraum schaffen. Das sind interessante Möglichkeiten, aber dazu bedarf es auch der Rahmenbedingungen. Die Infrastruktur, die Mobilität ist weiterhin ein sehr wichtiges Thema.
Wenn Sie über den Arbeitskräftemangel gesprochen haben – wirkt dieser zurzeit abschreckend auf die deutschen Firmen, die sich hier möglicherweise niederlassen würden?
Ich würde es eher als Herausforderung sehen. Es ist weiterhin bekannt, dass es hier gute, qualifizierte Arbeitskräfte gibt, mit guter Ausbildung, guten sprachlichen Kenntnissen. Aber man muss sich auch Gedanken machen, die Arbeitskräfte zu halten. Der Präfekt in Sathmar hat mir bei einer meiner Reisen auch gesagt, dass er sich Gedanken macht, wie man die jungen Menschen dort halten kann und manchmal ist nicht nur das Finanzielle wichtig, sondern auch die Rahmenbedingungen, die sogenannte Work-Life-Balance. Ich glaube, dass viel junge Leute, die zur Arbeit oder zum Studieren nach Deutschland gehen, wenn sie eine Familie gründen wollen, dann zurückkehren, weil sie hier schon ihre Eltern haben, die vielleicht helfen würden.
Ein ganz wichtiger Bereich Ihrer Arbeit ist auch der Bildungsbereich. Vor ein paar Tagen hat Vizebürgermeister Dan Diaconu in den Medien bekannt gemacht, dass das Projekt eines Campus für die Lenau-Schule nicht aufgegeben wurde. Wie hilft das Konsulat der Schule?
Die Lenau-Schule ist ein ganz wichtiger Pfeiler der deutsch-rumänischen Beziehungen und liegt uns im Konsulat sehr am Herzen. Wir sind beeindruckt, von dem, was dort geleistet wird. Wir wissen von den Schwierigkeiten, mit denen die Schule zu kämpfen hat und sind in regelmäßigen Gesprächen mit der Stadt, die Probleme zu beheben. Konkret geht es um die Frage eines weiteren Schulgebäudes, gleichzeitig ging es auch um die Fertigstellung der Fassade der Schule. Die Stadt hat uns versichert, dass nach der Klärung der juristischen Probleme die Fassade fertiggestellt wird. Die Ideen gehen Richtung Campus, EU-Förderung, wir unterstützen das auch, aber um diese Gelder zu bekommen, müssen auch gewisse Voraussetzungen geschaffen werden.
Ich möchte aber in diesem Zusammenhang über die vielen anderen Schulen sprechen, die wir hier im Amtsbezirk seitens der Bundesregierung unterstützen. Es geht um die Partnerschuleninitiative, die unser damaliger Außenminister Frank-Walter Steinmeier vor zehn Jahren in die Wege geleitet hat. Es gibt ein Netzwerk von weltweit 2000 Partnerschulen, die einen besonderen Deutschlandbezug haben, über 600.000 SchülerInnen studieren da und sind Teil dieser internationalen Bildungsgemeinschaft unterstützt von der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen, dem Goethe-Institut, dem DAAD und dem Pädagogischen Austauschdienst, mit Mitteln des Auswärtigen Amtes. Auch die Schulen, die vielleicht etwas abgelegener im Amtsbezirk stehen, sind Teil dieses Netzwerks. Sie können z.B. durch Lehrerfortbildungen unterstützt werden. Ich weiß, wie schwierig es ist, Deutschlehrer zu finden. Es ist auch Teil unserer Gespräche und unserer Bemühungen, die deutschen Schulen hier zu unterstützen. Und auch die Frage der Ausstattung mit guten Schulbüchern ist eine sehr wichtige und viele der Schulen berichten über große Probleme. Auch das nehmen wir als Konsulat auf und bringen in unsere Gespräche mit ein. Aber viele der schwierigen Themen, die wir ansprechen, finden auf diplomatischem Wege statt und nicht über die Medien.
Nicht zuletzt soll es um die Kultur gehen und diesbezüglich speziell auf die Kulturhauptstadt 2021. Welches waren Ihre persönlichen Eindrücke, die Sie bisher gewonnen haben?
Bevor ich hierhergekommen bin, haben mir die Kollegen in Rom gratuliert, in dem Wissen, dass Temeswar die Wahl zur Kulturhauptstadt gewonnen hatte. Ich habe in den Unterlagen gelesen, dass die Konkurrenz sehr groß war und dass die Erwartungen nicht so groß waren, umso größer war die Freude darüber und man muss auch sagen, dass das Team, das die Dokumentation aufgestellt hat, eine gute Arbeit geleistet hat. Ich bin mit dem Organisationskomitee im Kontakt, habe aber auch mit unseren Kulturinstitutionen hier gesprochen, was wir anbieten können. Deutschland hat einiges zu bieten, zum Beispiel beim Thema Tanztheater. Ein anderer Bereich wäre Streetart, mittlerweile eine anerkannte Kunst, die sich entwickelt hat, es gibt mehrere Museen für Streetart in Deutschland. Man will sich auch damit im Kulturhauptstadtjahr befassen.