Ein Extremkletterer bezwingt eine 1000 Meter hohe senkrechte Wand, den El Capitan im amerikanischen Yosemite-Nationalpark, ungesichert, also ohne Nutzung technischer Hilfsmittel zur Fortbewegung. Er bedient sich nur seiner Hände und Füße. Das atemberaubende, unvergessliche und schwindelerregende Ereignis, das von „National Geographic“ meisterhaft gefilmt wurde, raubte Hunderten Zuschauern in der Aula der Transilvania-Universität den Atem. Der Dokumentarfilm „Free Solo“, der vor Kurzem den Oscar für den besten Dokumentarfilm erhalten hat, eröffnete die vierte Auflage des Alpin Film Festivals, das vom 26. Februar bis zum 3. März in Kronstadt/Brașov, Predeal und Bușteni stattgefunden hat.
Im Rahmen des einzigen Festivals für Film und Bergkultur aus Rumänien, das neben Filmaufführungen auch freie Diskussionen des Publikums mit erfahrenen Bergsteigern, Kletterern, Speläologen, wie auch mit Skifahrern, Sportlern, Paragleitern und selbstverständlich mit Filmemachern umfasste, standen auch Fotografieausstellungen und Buchvorstellungen im Angebot sowie auch eine Präsentation der Expedition dreier rumänischer Bergsteiger auf den Pumori-Gipfel im Himalaya-Gebirge. Auch konnten Festivalteilnehmer bei Skiwettbewerben für Kinder und Erwachsene, bei einer Werkstatt der Berggendarmen und bei weiteren Seminaren mitmachen. Diese Ereignisse bringen Jahr für Jahr immer mehr Begeisterte aus dem In- und Ausland in die Zinnenstadt und die Umgebung.
Die offene Diskussionsrunde über verantwortungsbewussten Tourismus, „Kino und Natur“, die von der Filmkritikerin Irina Margareta Nistor moderiert wurde, weckte großes Interesse. Eingeladen bei der Diskussion waren die Regisseure Michel Zalio (Frankreich) und Șerban Georgescu (Rumänien), Aldo Audisio (Italien), Leiter des Bergmuseums in Torino und Mitglied im Board der Internationalen Allianz für Bergfilm, sowie auch Dan Burlac, Leiter des Alpin Film Festivals.
Diese haben Möglichkeiten besprochen, anhand von Fotografie und Film die Menschen für die Natur zu begeistern, ihr Verhalten gegenüber und deren Beziehung zur Natur zu verbessern, mit dem Ziel, insbesondere die Bergregionen, deren geschützte Gebiete, die Wälder, Wasserressourcen, den Wildtierbestand zu erhalten, zu schützen. Das verantwortungsbewusste und nachhaltige Management der Bergregionen und die Mechanismen, diese zu bewahren, aber auch die Verwaltung und Nutzung von Naturparks konnten konkret auch durch die Anwesenheit von Vertretern des Nationalparks Königstein/Piatra Craiului sowie der Stiftung ProPark verdeutlicht werden.
Letztere leitet in dieser Hinsicht seit wenigen Monaten das Projekt „Menschen für die Natur“/ Oameni pentru natură, anhand dessen in Filmen, die weniger als 10 Minuten dauern, Personen vorgestellt werden, wie beispielsweise Forscher, Ornithologen, Ranger oder Förster, die direkt vor Ort mit ansteckender Begeisterung über ihre Tätigkeit erzählen. Dabei zeigen schöne Aufnahmen unangetastete Wälder, jahrhundertealte Eichen, seltene Tierarten – die pure Schönheit der Natur. Sobald das Auge gefesselt ist, lassen sich die Informationen über Methoden des nachhaltigen Managements der Waldgebiete, die die Experten in ihrem Arbeitsalltag anwenden und die wirken, vom Publikum viel besser aufnehmen. Bislang wurden die Kurzfilme in Lyzeen, an Universitäten und in unterschiedlichen Institutionen gezeigt, in der Hoffnung, dass junge Leute sich von solchen Jobs angezogen fühlen. Die Stiftung führt auch Projekte in Schulen durch, macht Ausflüge in die Natur mit den Kindern und lehrt sie, wie sie selbst, aber auch die Natur gesund bleiben können.
Auch Fotoausstellungen wie „Amerikanische Parks“ von Dan Dinu, die amerikanische Naturparks und kleine Reservate vorstellt und noch bis zum 28. März im Multikulturellen Zentrum der Transilvania-Universität zu sehen ist, können das Publikum für den Erhalt der Schönheiten der Natur gewinnen. „Wir müssen den Wald und die Gewässer erhalten, sonst haben wir keine Zukunft“, erklärte der Fotograf, der in Zusammenarbeit mit Cosmin Dumitrache auch einen Dokumentarfilm zum selben Thema gedreht hat.
Bei der Diskussionsrunde wurden auch Sequenzen aus einem zukünftigen Dokumentarfilm des Speläologen und Regisseurs Șerban Georgescu ausgestrahlt, der einen Blick in die unbekannte Welt der Höhlen bietet. Die therapeutische und stärkende Wirkung der faszinierenden Unterwelt erweist sich als Alternative zur Routine, zum Stress, die dem Filmemacher, wie er selbst erzählt, hilft, den Weg zu sich selbst zu finden, sich selbst zu stärken.
In Bezug auf Film und Fotografie wiesen Dan Curean, Filmemacher und Professor an der Babeș-Bolyai-Universität in Klausenburg/Cluj-Napoca, und Cristian Lascu, berühmter Speläologe und ehemaliger Chefredakteur der Zeitschrift „National Geographic“, auf einen gewissen Manierismus hin, der vor allem online anzutreffen ist, wo Studenten oder Laienfotografen und -videografen sich eher auf die Form statt auf den Inhalt konzentrieren. Wunderschöne Bilder von wilden Tieren und prachtvollen Blumen, herrlichen Bergen und Sonnenschein seien nicht genug, um beim Zuschauer Gefallen an der Natur zu wecken. Ein Film verlange auch eine Idee, eine Geschichte, die fesselt, und müsse Emotionen auslösen.
Ins Gespräch kam auch die mögliche Gründung eines Vereins für die „Menschen der Natur“, wo diese das Gefühl einer Gemeinschaft finden könnten. „Wichtig ist auch, dass sich so ein Verein auf die Unterstützung der Gesellschaft verlassen kann“, weiß Alina Ioniță von der Stiftung ProPark. Somit werde es für die Filmemacher und Fotografen leichter, gezielt an Experten zu gelangen und durch Zusammenarbeit ihre Ideen besser zum Ausdruck zu bringen.
Festivals wie das Alpin Film Festival dienen dazu, alle Akteure an einen Tisch zu bringen und in einer Gemeinschaft konkret vorzugehen, um gemeinsame Ziele zu erreichen. Auch für Laien kann das Kennenlernen außerordentlicher Erfahrungen in tiefen Höhlen, auf hohen Gipfeln, unter Wasserfällen oder in Schneestürmen, zu denen sie sonst keinen Zugang haben, den Zauber der Natur vermitteln und zum Beschützen dieser führen.