Noch bevor das Koalitionsfeilschen der Sozialdemokraten mit den Liberalen und dem Ungarnverband UDMR abgeschlossen war und die drei „Mehrheitsbeschaffer” der künftigen Regierung Rumäniens sich Präsident Johannis zur Begutachtung gestellt haben, war für die politischen Beobachter klar: diese Koalition wird denkbar kurzen Bestand haben. Oder, mit den Worten eines USR-Ministers, der aus der geplatzten Rechts-Koalition ausgesondert wurde: „Nach der Art, wie bei denen die Verhandlungen laufen, habe ich so ein Gefühl: die neue Koalition PSD-PNL et. al. wird eine kürzere Regierungszeit haben als ihre Aushandlung dauerte.” (Cristian Ghinea)
Ein Streitthema ist und bleibt die Sonderermittlungsbehörde für Justizstrafsachen, SIIJ, deren Auflösung der Ungarnverband strikt ablehnt, die PSD scheinneutral und die PNL befürwortend sieht. Nach dem (endlichen, von Johannis erzwungenen) Ausscheiden des PNL-Chefs Florin Cî]u als sturer Regierungschef-Kandidat und seit der vom Präsidenten zu seinen Lieblingen zählende Vier-Sterne-General i.R. aus Oltenien, Nicolae-Ionel Ciucă, sowie Interims-Innen- und Justizminister Lucian Bode und PNL-Vize Rareș Bogdan die Verhandlungsführer der PNL sind (Cî]u sitzt derweil in der Schmollecke), heißt es seitens der „Liberalen”: „Wir haben eine Textvariante diskutiert, die von allen drei bis vier an den Verhandlungen Beteiligten angenommen werden kann.” (Das war einer der seltenen Kommunikationsmomente, wo auch die vierte Parlamentsfraktion im Machtgeschacher, die Minderheiten, erwähnt wurde...)
Die PSD und der UDMR peilen „eine Normativlösung, welche die Unabhängigkeit und die Unparteilichkeit der Richter garantiert” an, die „rasch” das Parlament passieren soll. Der offizielle Hintergrund: „Alle sind wir für eine pro-europäische Regierung, die für die Effizienz der Justiz, für deren Unabhängigkeit, für die Stabilität des Justizsystems steht.” (Lucian Bode) Der wahre Hintergrund: Der Beitritt Rumäniens zum Schengen-Raum wird weiterhin durch die Justizprobleme verhindert, weswegen Rumänien einem regelmäßigen Justizmonitoring unterzogen wird, das erst abgebrochen wird, wenn SIIJ zu existieren aufhört. Nicht zuletzt sei man sich bewusst, dass „es viele bedrohliche Unruhen im (Justiz-)System” gäbe, was „eine klare, unzweideutige Lösung” erfordere, die „sich an den EU-Empfehlungen orientiert” und die „notwendig, obligat und dringend” sei, so Interims-Justizminister Bode.
Bekannt wurde eine Bemerkung des PSD-Chefs Ion-Marcel Ciolacu (Jhg. 1967), die er der PNL-Senatorin Alina Gheorghiu, einer Juristin, an den Kopf warf: „Du bist seit zwei Jahren an der Regierung, warum hast du noch nicht einfach die SIIJ aufgelöst?!”
Unrecht hat er da nicht.
Hingegen fehlt einer der Hauptforderungen der PSD, die Einkommenserhöhungen (Renten, Mindestlöhne, Kindergeld, Steuererleichterungen), die finanzielle Grundlage. Die Forderung, auch die Sonderrenten (von Justiz, Militärs, Polizisten, Geheimdienstlern...) um zehn Prozent zu erhöhen, ist abgeblockt worden. Bezugerhöhungen bleiben während des Funktionierens der Regierungskoalition auf dem Tapet. Brisanz und Zündstoff sind garantiert.
Das Thema Geld bietet bei diesen Koalitionsverhandlungen eh Stoff für Dauerkontroversen, siehe Zank über Ministerienverteilung. Und: PSD und PNL haben aufgrund ihrer USL-Erfahrungen der jüngsten Vergangenheit minimalstes Vertrauen zueinander.
Sie vertrauen dem Ungarnverband. Bode hält ihn gar „für essenziell in dieser Regierungskoalition”, denn „wenn Vertreter des UDMR ihr Wort geben, respektieren sie es auch. Sie sind harte Verhandlungspartner, feilschen bis zur letzten Sekunde, aber eingegangene Versprechen halten sie strikt ein. Es gibt kaum Partner wie die.”
Streitthema ist und bleibt auch das Rotationsprinzip PNL/PSD und die damit verbundenen Minister- und Ministerienwechsel.