Nicht nur die Zentenarfeier des modernen rumänischen Staates macht das Jahr 2018 zu einem national bedeutsamen Jubiläumsereignis, sondern auch die 150. Wiederkehr des Gründungsjahres desjenigen rumänischen Spitzenorchesters, das heute unter dem Namen Philharmonie „George Enescu“ weltweit bekannt ist. Als „Societatea Filarmonică Română“ (Rumänische Philharmonische Gesellschaft) wurde das Sinfonieorchester unter der Leitung von Eduard Wachmann im April 1868 mit dem Ziel ins Leben gerufen, die rumänische Musikkultur insgesamt zu fördern und dabei insbesondere die Meisterwerke klassischer Musik zur Aufführung zu bringen. Das erste Sinfoniekonzert des neu gegründeten ständigen Orchesters fand am 15. Dezember 1868 statt. Die Philharmonie „George Enescu“ ist damit das älteste Sinfonieorchester Rumäniens und eines der ältesten weltweit. Seit dem Tod des großen rumänischen Komponisten, Geigers und Dirigenten George Enescu im Jahre 1955 trägt es dessen Namen.
Nicht von ungefähr wurde das Eröffnungskonzert des Jubiläumsjahres der Philharmonie „George Enescu“ am 11. Januar 2018 im Bukarester Athenäum denn auch mit einem Werk seines Namensgebers eröffnet: mit dem unvollendeten sinfonischen Poem „Isis“ (1923) in einer posthum vervollständigten und orchestrierten Fassung durch Pascal Bentoiu. Das an den französischen Impressionismus eines Debussy oder Ravel gemahnende Werk rief außerdem auch den Frauenchor der Philharmonie „George Enescu“ (Einstudierung: Iosif Ion Prunner) auf die Bühne, der diese nach der etwa viertelstündigen Aufführungsdauer des Enescuschen Werkes jedoch allzu schnell wieder verließ, ohne sich, wie die Instrumentalisten der Philharmonie, vom Dirigenten des Konzertabends Cristian Badea gebührend feiern zu lassen.
Das zweite Werk, das im Rahmen des Eröffnungskonzertes des Jubiläumsjahres der Philharmonie „George Enescu“ im Bu-karester Athenäum aufgeführt wurde, war das Konzert für Klavier und Orchester in a-Moll (op. 54) von Robert Schumann. Die Pianistin des romantischen Solokonzertes war die rumänisch-französische Virtuosin und Klavierpädagogin Dana Ciocârlie, die derzeit am Nationalen Musikkonservatorium in Lyon und an der Pariser Musikhochschule „Alfred Cortot“ Klavier unterrichtet. Nach anfänglichen Koordinationsschwierigkeiten zwischen Solistin und Orchester wurde die Darbietung des dreisätzigen Solokonzertes zu einem Hochgenuss, der vor allem in den variationsreichen Passagen des dritten Satzes und im dramatischen Finale des Werkes seine ultimative Steigerung fand.
Die Solistin, die jüngst durch eine Live-Einspielung sämtlicher Werke Robert Schumanns für Klavier solo Furore gemacht hatte, bedankte sich bei den Konzertbesuchern mit einer Zugabe aus der Feder eben jenes bedeutenden deutschen Komponisten der Romantik: mit der Darbietung der Novellette op. 21 Nr. 2 in D-Dur, die die Solistin, wie vom Komponisten als Satzangabe vorgeschrieben, „äußerst rasch und mit Bravour“ vortrug.
Den Abschluss des Eröffnungskonzertes zum diesjährigen Jubiläumsjahr der Philharmonie „George Enescu“ bildete dann die Aufführung von Antonin Dvoráks siebter Sinfonie in d-Moll (op. 70), die die Zuhörer im Bukarester Athenäum durch ihren Farbenreichtum und ihre Monumentalität beeindruckte. In allen vier Sätzen, vor allem im dritten „Scherzo. Vivace“ überschriebenen Satz, begeisterten die Instrumentalisten der Philharmonie „George Enescu“ unter dem Dirigat Cristian Badeas das Bukarester Publikum und bescherten den Zuhörern mitreißende Momente, man denke nur an die an Gustav Mahler gemahnenden Stellen des Allegro-Finalsatzes.
Der lang anhaltende Applaus nach dem Verklingen der letzten Töne des Eröffnungskonzertes stimmte gleichsam auf die im laufenden Jubiläumsjahr stattfindenden musikalischen und kulturellen Ereignisse ein, von denen abschließend wahlweise folgende stichwortartig erwähnt seien:
Die Auszeichnung der Philharmonie „George Enescu“ am Tag der Nationalen Kultur (15. Januar 2018) mit dem Orden „Meritul Cultural“ (Kultureller Verdienst) im Rahmen eines Sinfoniekonzertes im Bukarester Athenäum unter der Leitung des Stellvertretenden Generaldirektors der Philharmonie „George Enescu“, Horia Andreescu.
Eine Reihe von Vorträgen Ende Februar 2018 im Bukarester Athenäum zum 150-jährigen Jubiläum der Philharmonie „George Enescu“ unter Beteiligung so illustrer Persönlichkeiten des rumänischen kulturellen Lebens wie Horia-Roman Patapievici, Gabriel Liiceanu, Andrei Ple{u, Cristian Presură, Victor Stoichiţă, Martin S. Martin, Lucian Boia, Valentin Naumescu, Mircea Cărtărescu, Radu Paraschivescu, Rodica Culcer oder Ioana Pârvulescu.
Eine Reihe von Konzerten im Bukarester Athenäum gemeinsam mit so berühmten Musikern wie Christian Zacharias, Andrei Ioniţă, Elisabeth Leonskaja, Christian Badea, Cristian Măcelaru, Horia Andreescu, Plamena Mangova, Elisabeth Sombart, Alon Goldstein oder Jin Wang.
Und nicht zuletzt ein Kammermusikabend des 2006 in Klausenburg/Cluj-Napoca gegründeten und vielfach international preisgekrönten Streichquartetts „Arcadia“ im Bukarester Athenäum, der Wirkungsstätte des Chores und des Orchesters der Philharmonie „George Enescu“, die gegenwärtig gemeinsam mit ihrem Publikum die 150. Wiederkehr ihres Gründungsjahres zu feiern sich freuen darf.