Mentalitätswandel, Weinfest, ökumenisches Miteinander

Eine Vision für Bogeschdorf gewinnt an Kontur

Heinrich und Helmuth Gaber im Mai 2025

Das Organisationteam zum Weinfest (v.l.n.r.): Levente Czirmai, Lazlo Fülöp, Helmuth Gaber, Konstantin Gaber, Csaby Czirmai – die drei Ungarn stellen gleichzeitig die Kooperationspartner dar, für die Weine von Terra Regis.

Pater Sarbel, katholischer Ordensbruder und Helmuth Gaber an einem regnerischen Tag im Juli 2025

Vor genau sieben Jahren, im Sommer 2018, haben wir in der Reportage „Der Abenteuerwinzer aus Bogeschdorf“ (ADZ, 12. Juli 2018) die Geschichte des Weinguts „Terra Regis“ erzählt: Wie der aus Bogeschdorf/B˛gaciu stammende, in Bremen lebende Siebenbürger Sachse Helmuth Gaber aus einer Laune seines gerade 70 Jahre alt gewordenen Vaters Heinrich Land in seinem alten Heimatort kaufte. Das war im August 2006 – 32 Jahre nach ihrer Auswanderung – und es war eine rein emotionelle Entscheidung gewesen. Das Land zu nutzen, daran hatte Gaber gar nicht gedacht. Bis ihn ein Landsmann, Weinexperte, aufklärte: er habe dort hervorragendes Weinland erworben. „Sie werden hier wieder Wein anbauen!“ forderte der damals Unbekannte, der fortan Anbau und Kelterei fachlich begleiten sollte. Mit Technologie und neuesten Erkenntnissen aus Deutschland wurde 2011 bis 2013 der Weinberg bestellt. Hinzu kam 2015 eine Bio-Landwirtschaft auf 100 Hektar. Helmuth Gaber, der die Unternehmen aus der Ferne führte, drei jährliche Kurzbesuche genügten, schwärmte bald von Rumänien: „Ich würde jedem Deutschen Mut machen, hier zu investieren“, sagte er im Interview (ADZ, 8. August 2018). 

Für September 2025 kündigte er nun überraschend ein großes Weinfest in Bogeschdorf an. Außerdem gebe es Neuigkeiten: Sein Sohn Konstantin ist seit zwei Jahren vor Ort und führt die Unternehmen. Aber auch zur Kirchenburg und der dazugehörigen Infrastruktur, die die Gabers inzwischen pachten konnten, gibt es ehrgeizige Pläne. In einem Telefongespräch mit ADZ-Chefredakteurin Nina May verrät Helmuth Gaber, welchen Mentalitätswandel er aus unternehmerischer Sicht in Rumänien in den letzten Jahren miterlebt hat, wie sich der Weinbau in Bogeschdorf entwickelt und welche absolut bahnbrechende Idee der Kirchenburg neues Leben einhauchen soll – „eine kleine Sensation, wenn das gelingt: für Bogeschdorf, aber auch für das ökumenische Miteinander“, schwärmt er. Drei Themen, ein Dorf – eine Vision.

Herr Gaber, Sie sagten vor sieben Jahren, Sie würden jedem empfehlen, in Rumänien zu investieren. Wie stehen Sie heute dazu – und was hat sich seither hierzulande verändert?

Sehr viel! Was wir heute sehen ist eine Normalität, die es 2018 noch nicht gegeben hat, bezogen auf das wirtschaftliche Leben und das Miteinander in einem europäischen Staat. Ganz konkret bedeutet das, dass die Digitalisierung, die in Rumänien wahnsinnig schnell vorangeschritten ist – Internet, Austauschgruppen auf Whatsapp, Chats usw. – das Land aus der Verschlafenheit aufgeweckt hat. Wir haben 2018 noch einen Zustand gehabt, wo ich im Austausch mit einheimischen Unternehmern bemerkt habe, dass Informationen eher zurückgehalten wurden. Man hat sein Wissen verteidigt und nicht mit anderen geteilt. Das war auch lange nach dem EU-Beitritt Rumäniens noch spürbar. 

Jetzt aber ist es genau umgekehrt! Die Digitalisierung hat zusammen mit einem Generationenwechsel in der rumänischen unternehmerischen Gesellschaft einen tiefgreifenden Wandel bewirkt. 

Was waren das für Dinge, über die man nicht gesprochen hat? 

Scheinbare „Betriebsgeheimnisse“ – ein Beispiel: Der Anbau von Zuckerrüben in Rumänien ist stark volatil, was daran liegt, dass von ursprünglich 20 Zuckerfabriken nur noch zwei im ganzen Land aktiv sind. Es fand also seit 1990 bis heute kein kontinuierlicher Anbau mehr statt, was dazu führte, das ganz viel Wissen verloren gegangen ist. Dann signalisierte letztes Jahr plötzlich eine Fabrik in Luduș die Bereitschaft zu einer größeren Aufnahme – und es hat wieder viel mehr Anbau stattgefunden, aber von Landwirten, die das 25 Jahre nicht mehr gemacht haben oder von neuen Jungbauern. Und diese Wissenslücke hat eine Whatsapp-Gruppe meisterhaft gelöst: Da konnte man jede Art Fragen stellen, auch naive – und es gab konkrete, hilfreiche Antworten von rumänischen Landwirten, Unternehmen, Wissenschaftlern und anderen, die Interesse daran hatten, dass ihre Landsleute den Zuckerrübenanbau erfolgreich über die Bühne bringen.  Wirklich – Hut ab! Auch wir haben letztes Jahr Zuckerrüben angebaut und hatten viele  Fragen, und die Probleme sind alle gelöst worden: mit Fotos und Videos und hilfreichen Ratschlägen aus der ganzen Region. Ich war total positiv überrascht! 

Ich stelle auch fest, dass sich durch diese Transparenz und Öffnung das Selbstbewusstsein der Rumänen, für ihre Position zu kämpfen oder einzustehen, deutlich weiterentwickelt hat.

Ja, ich würde immer noch sagen: In Rumänien muss man investieren, wenn man in der Landwirtschaft oder im produzierenden Gewerbe unterwegs ist!

Können Sie auch hier etwas konkreter werden?

Wenn früher ein Problem zu lösen war, dann hat man überlegt: Mit wem musst du sprechen oder wem musst du „etwas Gutes tun“, damit sich diese Person deines Problems überhaupt annimmt...  Heute geschieht die Lösung dadurch, dass man Fragen stellt, und man bekommt Antworten oder Tipps, man ist nicht mehr gezwungen, „{pag˛“ zu zahlen. Rumänien ist in diesem Punkt auch auf Kreis- und Kommunalebene deutlich weitergekommen. Ich kann zwar nicht für alle sprechen, aber es ist ein deutlich wahrnehmbarer Trend, vor allem unter jungen Leuten, die sich jetzt nicht mehr überlegen, wen muss ich bestechen, sondern wie der rechtliche Rahmen aussieht und wie man Forderungen stellen und sein Recht durchboxen kann.  Korruption ist zwar noch vorhanden – aber sie überwiegt nicht mehr, wie früher. Das macht mich froh und dafür möchte ich allen gratulieren, die daran mitgewirkt haben!

Wie erklären Sie sich diesen Mentalitätswandel?

Die jungen Menschen erkennen – und da sind wir wieder beim Internet und der Globalisierung –, dass der gerade Weg zwar manchmal holpriger sein kann und länger dauert, aber dass man ihn mit erhobenem Haupt und selbstbewusst gehen kann. Ich hab vor 20 Jahren gesagt, die Rumänen müssen an ihrem Selbstwertgefühl arbeiten, sie sind zu lange unterdrückt worden. Aber jetzt beginnen sie zu erkennen, dass auch das Individuum Rechte hat und man sich gegen die Obrigkeit geradlinig durchsetzen kann. Ich glaube, die jungen Menschen finden langsam Gefallen an dieser Übung. Jeder kleine Erfolg auf normalem legalem Weg stärkt sie und führt sie näher an die EU. Das muss man bei aller Kritik auch anerkennen: Rumänien ist – neben den Skandalen, die immer wieder aufploppen – auf gutem Weg und es gibt eine Gegenbewegung.

Sie haben das rumänische Selbstbewusstsein angesprochen. Worauf kann man stolz sein?

Rumänien kann stolz sein auf alle, die im Land geblieben sind und ihr Wissen und ihre Intelligenz für das Kleine, also für sich, aber damit auch für das große Ganze, einsetzen. Das wird auch dazu führen, dass Rumänien in der EU immer weiter gewinnen wird. Ich kann nur sagen: Es ist nie zu spät, nach Rumänien zu gehen und zu investieren, die Vorteile, die dieses Land bietet, zu erkennen und in eigenes unternehmerisches Handeln umzusetzen. Ich würde jeden darin bestärken.

Haben Sie nach dem Chaos um die letzten Präsidentschaftswahlen keine Sorge vor dem erstarkenden Nationalismus? 

Was ich sehe ist, dass nationalistische Tendenzen linker, mittlerer oder rechter Couleur – oder auch völlig hirnrissiger Couleur (lacht) – in ganz Europa existieren.  Überall findet man Verschwörungstheoretiker oder einfach nur Menschen, die Hass auf eine funktionierende Gesellschaft haben, denn sonst wären sie ja nicht dermaßen schräg unterwegs. Wir müssen in ganz Europa aufpassen, dass Demokratie und Respekt im Vordergrund bleiben und die Nachteile dieser idiotischen separatistischen Bestrebungen transparent und ohne Lügen aufzeigen, damit der Bürger entscheiden kann, ob er sich solchen gefährlichen Strömungen anschließt. Was in Rumänien passiert, betrübt mich genauso wie das was in Deutschland, Italien oder Ungarn passiert, aber das darf uns keine Angst machen.

Ihr Sohn hat jetzt die Geschäfte vor Ort in Bogeschdorf übernommen. Wie kam das?

Dadurch, dass wir schon seit 19 Jahren vor Ort aktiv sind, sind unsere drei Söhne immer wieder mit in Siebenbürgen gewesen. Bei Konstantin war es so, dass er nach Abschluss seiner Masterarbeit in politischen Wissenschaften sagte, bevor er ins deutsche Arbeitsleben einsteigt, will er etwas machen, was ihm Spaß bereitet: eine neue Kultur und Sprache kennenlernen – und die Betriebsleitung eines mittelständischen Familienunternehmens. Seit Ende 2023 ist er jetzt in Bogeschdorf als Gesellschafter in unseren drei SRLs und als Administrator, unterstützt von mir, unserer Juristin vor Ort und unseren Mitarbeitern. Er hat dort sofort begonnen, Rumänisch zu lernen und zu sprechen – und er „descurciert“ sich (lacht)! Er kann mit den Mitarbeitern sprechen, sich mit den Behörden herumschlagen, und nach einem Jahr hat er sich beim Landwirtschaftsministerium zu einem Kurs angemeldet und hat den Landwirtschaftsmeister gemacht, nach sechs Monaten und mit Prüfung. Er hat jetzt also das rumänische Zertifikat für den Landwirtschaftsbetrieb und das wird ihm sicher auch in Deutschland hoch angerechnet. Ende November geht es dann für ihn wieder zurück. Dann will er sich einen Job suchen, wo er sein Studium, aber auch die Praxiserfahrung aus Siebenbürgen, einsetzen kann. 

Aber wir haben ja noch zwei Söhne, wer weiß...

Welches Potenzial hat der Weinbau in Siebenbürgen?

Wein aus Siebenbürgen liegt vom Potenzial her auf EU-Ebene sicher im oberen Drittel. Siebenbürgen liegt auf dem Breitengrad der Toskana und von Bordeaux, in klimatisch bester Region, wo die teuersten Weine hergestellt werden. 

Dazu kommt – ganz wichtig! – dass wir in Siebenbürgen im Mediascher Stadtbuch der evangelischen Kirche eine über 500 Jahre durchgehende Dokumentation haben, wo die Quantitäten, die Qualität und der Weinrichtpreis notiert sind. Wein war ja in Siebenbürgen im Weinland ein Ersatzzahlungsmittel. Damit haben die Siebenbürger etwas hinterlassen, was es in keinem anderen Land gibt! Da versteht man erst, wie bedeutsam der Weinanbau für die Siebenbürger Sachsen war. Und wie erfolgreich sie dieses Terrain und das hervorragende Mikroklima genutzt haben, um gewinnbringende Rebsorten heranzuzüchten, sodass sie überregional Handel treiben konnten.

Was waren das für Sorten?

Alte Rebsorten, dazu zählen die Ursorten – Weißweinrebsorten, die man zwischen 1100 und 1300 aus Luxemburg und von der Mosel mitgebracht hat, z. B. Rässer oder Heunisch, und die in Siebenbürgen durch Mutation weiterentwickelt wurden. 

Eine bedeutende Neuzüchtung, durch Mutation entstanden, ist der Königsast, auch königliche Mädchentraube oder „feteasc˛ regal˛“. Die ist von der Familie Ambrosi in Mediasch  als Reaktion auf die Probleme mit der aus Amerika eingeschleppten Reblaus entwickelt worden. Damals mussten die Rebschulen Neuzüchtungen vornehmen, um die Rebbestände in Siebenbürgen wieder aufzubauen. Das war so um 1895-1910. Aus der Rebschule Ambrosi ist der Königsast dann landesweit verbreitet worden. Heute ist er die in Rumänien verbreitetste Weißweinrebsorte. Die Ambrosis hatten übrigens auch die weltweit erste Fachschule für Weinbau. Ja, die Siebenbürger Sachsen machen die Weinwelt stolz!

Wie erfolgreich verkaufen Sie Ihren Wein aus Bogeschdorf?

Wein ist ein kompliziertes Thema. Wein herstellen kann jeder Idiot – aber erfolgreich verkaufen nur ganz wenige! Denn Wein ist ein Kulturgut, das braucht Atmosphäre, Geschichten und Gesichter. Wir haben Wein hergestellt und angeboten, aber wir waren nicht vor Ort und das Gesicht fehlte uns. Zumindest, seitdem der Harald S˛lceanu nicht mehr bei uns ist –  ein intelligenter und leidenschaftlicher junger Siebenbürger Sachse, der aber nach Österreich ausgewandert ist. Nun fehlte das Gesicht und auch der „patron“ vor Ort. So haben wir Wein zwar verkauft, aber nicht so, dass es uns wirtschaftlich und vom Anspruch her glücklich gemacht hätte. Also haben wir Alternativen gesucht. Und ich bin wirklich besoffen vor Glück (lacht), dass es uns gelungen ist: Wir haben drei junge Männer gefunden, die im Agrarsektor tätig sind und auch kleineren Landwirten Dienstleistungen anbieten – säen, pflügen, dreschen –, die sind mit ihrer Arbeit erfolgreich und zufrieden, aber es fehlte ihnen der Glanz: Weizen zu ernten ist für den Betrachter langweilig, aber wenn einer sagt, komm, setz dich her, du bekommst einen guten Wein, den ich selbst angebaut habe... 

Ja,und so haben wir uns „ineinander verliebt“: Wir waren auf der Suche nach einer Lösung, wie wir diese Weine, für die wir in Deutschland höchstes Lob bekommen haben, in eine Bewirtschaftung überführen können, sodass wir uns zurückziehen können, und diese jungen Männer, die vor Ort leben, waren auf der Suche nach einem hochwertigen Produkt, das sie zum Erfolg ausbauen können. Den 2024er Jahrgang haben sie letztes Jahr schon produziert, jetzt sind sie dabei, den 2025er auszubauen. Und da sagte ich zu meiner Frau Alexandra und den Söhnen: Wir müssen denen zusätzlich auf die Sprünge helfen – und ein großes Weinfest lancieren!

Ist das Weinfest eine einmalige Aktion oder Teil eines größeren Konzepts?

Das Weinfest soll in Zukunft jährlich stattfinden, um auch überregionales Interesse zu generieren, aber auch, um die Weinroute im siebenbürgischen Altweinland von Sächsisch Regen bis Hermannstadt wiederzubeleben, sodass sich Weingüter mit Weinfesten zusammenschließen und die Leute mit Wein- und Agrotourismus begeistern können.  Unser Weinfest soll immer am ersten Septemberwochenende stattfinden, damit die Leute sich das merken. Und damit das erste Fest so richtig knallt, haben wir über den Verband der Siebenbürger Sachsen und die Sächsische Jugend in Deutschland einen Reisebus mit einer Blas- und einer Tanzkapelle bestellt, die kommen für vier Tage als Teil des Kulturprogramms. Natürlich wird es auch rumänische und ungarische Musik- und Tanzgruppen geben.

Wieviele Besucher erwarten Sie auf dem Weinfest?

Auf der Straße vor dem Gutshof wird es sechs Stände geben, es wird auf dem Gutshof eine Zone für VIPs und geladene Gäste geben, dort rechnen wir mit 250 und auf der Straße ist Platz für 300 bis 600 Gäste. 

Gibt es eine Verbindung zwischen Ihren Wein-Aktivitäten und den Plänen, die Sie mit dem Komplex Kirche-Pfarrhaus-Schule haben?

Da ich immer strategisch denke, gibt es natürlich eine Verbindung! Mittelfristig sehe ich das Weinfest schon auf diesem großen, dann renovierten Pfarrhof zwischen Kirche und innerem Ring. Dort kann man einen festen Bühnenkörper aufstellen, so ein Bühnenhaus wie in Kureinrichtungen, und da wäre Platz für bis zu 2000 Personen. Wenn wir das schaffen, dass dann auch eine Vinothek von „Terra Regis“ oder von den drei ungarischen Partnern an bestimmten Tagen aufrecht erhalten wird, dann ist es die Sache wert, dass man von Bukarest aus mit Übernachtung für dieses Weinfest herkommt, um einzigartige Verhältnisse zu erleben in einem Dorf, das 800 Jahre von Weinbau gelebt hat.

Da muss es dann aber auch Unterkünfte geben...

Richtig! Aber wir haben ja im Zentrum von Bogeschdorf ein vierstöckiges Hochhaus gekauft, da gibt es 48 große Doppelzimmer, das würden wir dann mitentwickeln, um Agro- und Kulturtourismus und all das drumherum nach vorne zu schieben. Wir ziehen uns dann operativ aus dem Weingeschäft zurück, überlassen es lokalen Akteuren, sind aber noch Teilhaber und unterstützend tätig und daran interessiert, dass alles gut läuft. Das ganze Drumherum machen wir, damit der Wein aus Bogeschdorf noch mehr Qualität durch flankierende Aktivitäten bekommt.

Wie ist der Status von Kirche und Pfarrhaus derzeit? Konnten Sie das inzwischen pachten oder kaufen?

Wie Sie wissen, haben wir von Anfang an versucht, mit dem Bezirkskonsistorium dahingehend zu verhandeln. Es ist uns aber 20 Jahre lang nicht geglückt. Die Vorbehalte derer, die in Siebenbürgen geblieben sind, und derer, die einmal im Jahr mit einem dicken Auto und dickem Bauch nach Siebenbürgen kommen und denen sagen, was richtig und falsch ist, die haben anfangs auch uns gegolten. Die dachten, da kommen welche, die in Deutschland gut leben und wollen hier Wind machen, schauen wir doch mal, wie lange die durchhalten.  Nun, wir haben 19 Jahre lang durchgehalten! Und jetzt erkennt man, dass es nachhaltig und fair ist, was wir hier tun. Das Konsistorium ist also jetzt bereit: Wir können den Komplex für 25 Jahre pachten, unter gewissen Auflagen, müssen ihn erhalten und dafür sorgen, dass wieder „Leben in die Bude“ kommt. Letzten November haben wir den Vertrag unterschrieben. Dann haben wir begonnen, uns zu überlegen, wie man die Kirchenburg nachhaltig wieder beleben kann.

Und wie wollen Sie die Kirchenburg mit Leben füllen? 

Ich bin in Deutschland in vielen Organisationen ehrenamtlich aktiv und kenne Menschen, die in der Lage sind, auch größere Projekte umzusetzen. Aus einem dieser Gespräche rief mich aus Berlin jemand an und erzählte vom Bestreben einer ökumenischen Benediktiner-Klostergemeinschaft, die teils in Deutschland, teils in Kroatien aktiv ist und die sich für die Kirchenburg interessiert. Sie würden sich gerne in Rumänien ansiedeln, in der Hoffnung, die Gemeinschaft anwachsen lassen zu können. Das ist der Moment, hab ich da gedacht! Dann habe ich den Abt im kroatischen Kloster besucht und er ist zu uns gekommen, wir haben ihn zum evangelischen Bischof Guib gebracht und der sagte, ihr könnt gerne ökumenische Gottesdienste in der Kirche halten, wenn ihr niemanden verprellt: nicht die evangelische, nicht die katholische und nicht die orthodoxe Kirche. Vor drei Wochen war ich auch beim zuständigen katholischen Erzbischof in Alba Iulia: der will nur, dass sich die katholischen Priester, Pfarrer, Mönche und Nonnen bei ihm vorstellen und ihre Aktivitäten abstimmen. Der ökumenische Gedanke sei in heutiger Zeit und hier in Siebenbürgen sehr erfolgversprechend, sagte er außerdem und beglückwünschte uns zu der Idee. Jetzt steht noch das Gespräch mit dem orthodoxen Bischof in Hermannstadt an – und dann beginnt die Gründung des Ordens, als Verein nach rumänischem Recht. 

Dann werden sie sukzessive in den nächsten Monaten einwandern. Der zu wählende Abt kommt aus Berlin, er ist ein deutscher Theologe, es gibt einen rumänischen Pater, der kommt vom Eisernen Tor, und zwei Schwestern aus Kroatien. Am Anfang werden es nur fünf Personen sein und dann wachsen sie.

Wird das nun ein Mönchs- oder Nonnenkloster?

Ein ökumenisches Kloster mit Mönchen und Nonnen in unterschiedlichen Häusern. Wir haben ja die Schule, das Pfarrhaus, das Pförtnerhaus mit Bastei, die dafür hergerichtet werden, alles um die große Wehrkirche.

Geht es dabei nur um Klosterleben oder gibt es Symposien, einen Austausch?

Hier kommt wieder unser Hochhaus ins Spiel: Der potenzielle Abt aus Berlin hat die Vision, dass wir dort eine Art Rückzugsmöglichkeit für katholische Ordensbrüder und -schwestern schaffen, die für eine Auszeit ein paar Wochen oder Monate herkommen wollen. Die könnten in dem Gebäude untergebracht werden, da wird es dann auch Seminarräume geben. Sie werden sich aber auch im Reflektorium mit Dingen auseinandersetzen, die hier aus dem religiösen Leben heraus stattfinden. 

Das ist so eine runde Sache – Sie glauben gar nicht, wie glücklich ich bin, nachdem wir die Kirchenburg mit so großen Fragezeichen versehen sahen! Hier eine ökumenische Benediktiner-Glaubensgemeinschaft anzusiedeln – das beseelt mich, das ist für mich mehr als ein Sechser im Lotto, traumhaft! Wer hätte das gedacht, als wir vor sieben Jahren miteinander sprachen? Was hier geschieht, ist schon außerordentlich.