Würde mich jemand fragen; „Was für eine Art von Menschen sind eigentlich die Mühlbacher?“, so würde ich sofort an Friedrich Mauksch denken. Er war für mich schon immer so etwas wie der typische Mühlbacher; jovial, freundlich, großzügig, tief verankert in der Geschichte der Stadt. Er stammte aus einer Familie großbürgerlicher Intellektueller. Sein Großvater war Stadtpfarrer von Mühlbach gewesen, sein Vater war der vermögende und stadtbekannte „Doktor Mauksch“. Eine der wichtigsten Apotheken der Stadt war seit ehedem im Besitz der Familie.
In seinen Geschichten – und er erzählte sehr gerne – spiegelte sich das gesellschaftliche Leben der Mühlbacher der vergangenen Epochen. Historiker wie Filmemacher klopften des öfteren an seine Tür und baten um Zeitzeugnisse für ihre Studien oder Dokumentarfilme. Er gab sie gerne. Mit seinem Tod ist es nun allerdings so, als schließe der liebe Gott ein Kapitel in den Annalen der Stadt Mühlbach und zwinge uns Verbliebenen, mit einem neuen Kapitel zu beginnen.
Friedrich (Bubi) Mauksch wurde am 25. Februar 1928 als Sohn des Arztes Friedrich Mauksch und der Südtirolerin Josefine Bresau, verheiratete Mauksch, geboren. Zusammen mit seiner älteren Schwester Mercedes wuchs er in einem imposanten Haus mit großem Innenhof und Garten direkt an der Hauptstraße Mühlbachs auf. Er besuchte das Mühlbacher Untergymnasium, wobei er sich in seinen Erinnerungen an die Schulzeit selber als einen ausgesprochenen Lausbub zu erkennen gab (was auch Anekdoten aus anderen Quellen bestätigen). Danach wurde er auf das spätere Gheorghe-Lazăr-Lyzeum in Hermannstadt entsandt, konnte aber die Ausbildung dort nicht abschließen, weil inzwischen der zweite Weltkrieg seine unheilbringenden Klauen bis nach Siebenbürgen ausgestreckt hatte. Die Familientradition hätte es verlangt, dass er seine Studien weiterführt, er hätte gern die Juristerei studiert, aber es wurde ihm verweigert. „Origini nesănătoase“ hieß es damals. Für die Familie kam es noch schlimmer: In weniger als acht Stunden mussten sie ihre Sachen zusammenpacken und ihr Haus in der Sicculorumgasse verlassen. Weniger als acht Stunden, um eine neue Bleibe zu finden. Erst viele Jahre später, Jahre, die sie bei Freunden und Verwandten untergebracht waren, schafften sie es, einen Teil des Hauses wieder bewohnen zu dürfen.
Im Jahre 1949 konnte sich Friedrich Mauksch nach einer kurzen Ausbildung zum Schweißer in Hunedoara anstellen lassen. Trotz der schwierigen Zeiten und trotzdem er fast nach Russland deportiert worden wäre, hatte er schöne Erinnerungen an die siebenbürgische Nachkriegszeit. Es waren eben auch die Jahre der Jugend, in denen man mit Freunden und Freundinnen die Gebirge durchzog, sich an Wald und Flur erfreute und legendäre Geschichten erlebte.
Die Arbeit in Hunedoara fiel ihm nicht schwer, von seinen Arbeitskollegen wurden ihm viele zu guten Kameraden. Durch einen Wechsel zum „Stahlbauunternehmen Hunedoara“ im Jahre 1953 gelang ihm der berufliche Aufstieg zum Haupttechniker. Als sich jedoch die Gelegenheit bot, zog es ihn zurück nach Mühlbach und im Jahr 1973 gelang ihm ein Transfer zum Unternehmen „Electrocentrale Cluj“, welches auch eine Niederlassung in Mühlbach hatte. Während seiner Arbeitsjahre bei diesem Unternehmen hat er auch an dem Bau der großen Staudämme von Tău und Oașa mitgearbeitet, woran er sich gerne zurückerinnerte.
Wieder zurück in Mühlbach und nunmehr schon um die 45 Jahre alt, wandelte er auf Freiersfüßen und umgarnte dieselbe, die er schon als junger Bursche ins Visier genommen hatte: Gerda Kellinger. Was ihm als jungem Mann nicht gelungen war, sollte nun gelingen – die beiden heirateten am 4. Februar 1975. Es wurde eine gelungene Ehe, die ebenfalls 45 Jahre dauerte. Gerda hatte aus einer vorherigen Ehe eine Tochter namens Anca, die Friedrich von aller Anfang an in sein Herz geschlossen hatte. Durch Adoption übertrug er ihr seinen Familiennamen. Auf solch erstaunliche Weise schreibt nämlich unser himmlischer Vater selbst auf krummen Linien gerade: Anca studierte Medizin, erledigte gerade das, was Friedrich verwehrt worden war und wurde ihrerseits eine geschätzte Dr. Mauksch. Komplettiert wurde die Familie 1976 durch die Geburt eines Jungen namens Bernd, der ebenfalls Medizin studierte. Er arbeitet jedoch nicht als Arzt, sondern bei einer Firma für Sanitätstechnik.
Die Jahre der aufblühenden und gedeihenden Familie waren vermutlich die erfülltesten Jahre im Leben von Friedrich. Ihnen folgten jene des Umbruchs nach dem Fall des kommunistischen Regimes, in welchen die Weichen für die Zukunft gestellt werden sollten. Friedrich Mauksch entwickelte sich zu einem wertvollen Mitglied der deutschen Gemeinschaft Mühlbachs und wurde in das Amt des Mühlbacher Kurators gewählt. Weitere Berufungen in die Landeskirchenversammlung und ins Landeskonsistorium folgten. Zusammen mit Professor Martin Bottesch gründete er im Jahre 1990 das Mühlbacher Forum, welches in den kommenden Jahren entscheidend zur Verbesserung der Situation der Deutschen in Mühlbach wie im Unterwald beitragen konnte. Er war ein langjähriges Mitglied des Mühlbacher Kirchenchores, wo er mit seiner klangvollen Stimme den Tenor oftmals sogar allein zu singen vermochte.
Als Mensch war er ein Liebhaber des Schönen, der Natur in allen ihren Formen und Farben, einer, der sich das Lausbubenhafte bis in hohe Alter erhalten hat, ein Charmeur und ein Mäzen.
Es entsprang nicht alles in seinem Leben dem Füllhorn der Fortuna, aber auch das, was aus der Büchse der Pandora entschlüpfte, konnte in Nachhinein von Friedrich als gut empfunden werden.
Am 20. Januar berief ihn der allmächtige Vater von einem langen, abwechslungsreichen und erfülltem Leben ab.
„Wir wollen euch aber, liebe Brüder, nicht im Ungewissen lassen über die, die da schlafen, auf dass ihr nicht traurig seid wie all die anderen. Denn wir glauben, dass Jesus gestorben und auferstanden ist, so wird Gott auch, die da entschlafen sind, durch Jesus mit ihm einherführen. (1 Tim. 4, 13ff)