Am 12. Februar 2013 waren der Leiter des Kreisverbands der Jäger und Sportangler AJVPS Karasch-Severin, Dr. rer. agr. Mircea Ciobanu, und weitere acht Personen – darunter mehrere als passionierte Jäger bekannte Schwergewichte der Forstverwaltung Romsilva Karasch-Severin sowie Unternehmer – dabei erwischt worden, dass sie im Nationalpark Nera-Quellen – Beuşniţa-Wasserfälle gejagt haben. Ihre Jagdgenehmigung – ausgestellt von AJVPS – war in Ordnung, galt aber für ein Jagdgebiet, das am Rande bzw. außerhalb des Naturparks liegt.
Erlegte und noch nicht eingesammelte Tiere fand man aber ausschließlich im Naturpark, nachdem die Ranger, auf die Warnung der Bewohner umliegender Dörfer hin, die Schüsse aus Richtung des Nationalparks gehört hatten, das geschützte Areal durchkämmt hatten. Die Grenzen des Naturparks Nera-Quellen – Beuşniţa-Wasserfälle sind aber niemandem genau bekannt, weil sie nie genau abgesteckt wurden. Dafür verantwortlich ist Romsilva, die Forstverwaltung, der, wie in ganz Rumänien, die Verwaltung der Naturparks unterstellt ist. Dieses Wirrwarr und der Verdacht absichtlich im Nebeligen gelassener Abgrenzungen bewog die Orawitzaer Umweltschutzorganisation GEC Nera, sich an das Kreisinspektorat der Polizei Karasch-Severin zu wenden und Aufklärung zu fordern, was denn nun mit den neun Wilderern im Naturpark geschieht.
Neun Chefs als Wilderer vor Gericht?
Mit Unterschrift des Polizei-Chefkommissars Dr. Grigore Stolojescu – er unterzeichnet das Schreiben an Stelle des Chefs des Polizeiinspektorats, der gegenwärtig ad interim eingesetzt ist – und unter Berufung auf das Gesetz 544/2001 über den freien Zugang zu Informationen von öffentlichem Interesse wird den Umweltschützern mitgeteilt, dass es keinerlei schriftlich eingereichte Klage der Verwaltung des „Nationalparks Nera-Quellen Beuşniţa“ zu diesem Vorfall gibt, „sondern bloß eine telefonische Informierung“.
„Desgleichen bringen wir Ihnen zur Kenntnis, dass auf der Ebene des Kreisinspektorats der Polizei Karasch-Severin die Strafakte Nr.270P/2013 angelegt wurde“, heißt es weiter im Schreiben der Polizei, „durch welche neun Personen der Untersuchung unterliegen für Gesetzesübertretungen gemäß Art. 43, Abs.1 und 2 des Gesetzes 407/2006 über die Jagd und den Jagdschutz. (...) Am 20.03.2013 ist diese Strafverfolgungsakte der Staatsanwaltschaft des Gerichts von Orawitza zur kompetenten Lösung übersendet worden“.
Mit einer Höflichkeitsformel schließt Chefkommissar Stolojescu sein Schreiben, das die Orawitzaer Umweltschützer überhaupt nicht zufriedengestellt hat – auch wenn ihre Unzufriedenheit sich nicht in erster Linie gegen die Polizei richtet. Diese hat ja ihre Hände mit dem Schreiben in Unschuld gewaschen.
Doina Mărgineanu, die „GEC Nera“-Sprecherin, schreibt dazu eine Stellungnahme, die einige grundlegende Aspekte des Naturschutzes in Rumänien berührt. In erster Linie versucht sie eine Erklärung dafür, dass die Verwaltung des Nationalparks Nera-Quellen – Beuşniţa-Wasserfälle keine schriftliche Eingabe gegen die hochgestellten Wilderer mit Jagderlaubnis eingereicht hat, „wie es normal gewesen wäre“. Denn die Verwaltung des Nationalpark ist und bleibt die durch die Wilderer „direkt geschädigte Seite“.
Wer schützt die Wälder vor der Forstverwaltung?
Zwei Gründe identifiziert Doina Mărgineanu für das fehlende normale Vorgehen der Nationalparkverwaltung. Erstens die Tatsache, dass „in diesen Fall Personen impliziert sind, die öffentliche Ämter innehaben“ und dass es gut möglich sei, dass „auf die Leitung der Verwaltung des Nationalparks Druck ausgeübt wurde, eine solche Eingabe nicht einzureichen“. Gleich nachdem der Vorfall an die Öffentlichkeit gebracht wurde, hätten sich „diverse Personen aus der Führungsriege des Verwaltungskreises vorschnell mit richtungsweisenden Unschuldsvermutungen geäußert in dem Sinn, dass es sich um keinerlei Wilderei gehandelt haben könne“. Zweitens könnte die Administration des Nationalparks Nera-Quellen – Beuşniţa-Wasserfälle nie und nimmer unter Eid vor Gericht beweisen, wo die Grenzen des Nationalparks verlaufen, ganz einfach, weil diese seit zehn Jahren, seit sie zu Romsilva gehören, keine Abgrenzungen der geschützten Areale vorgenommen hat.
Also stünde die Verwaltung des Nationalparks als Kläger auf verlorenem Posten, denn jeder halbwegs clevere Anwalt könnte ihre Klage entkräften. Und diese Situation gilt für ganz Rumänien. Das ist also kein Sonderfall im Banater Bergland. Zudem gibt es auch keinerlei Managementplan für die geschützten Areale, weil keiner weiß, wo genau die beginnen und wo sie aufhören. „Dieser Zustand wird seit zehn Jahren absichtlich durch Romsilva aufrechterhalten, innerhalb der die Verwaltungen der geschützten Areale funktionieren“, schreibt Doina Mărgineanu im Namen von GEC Nera, „denn Romsilva ernennt auch die Leitungen der geschützten Areale. (...) Die Interessen von Romsilva als Unternehmerfirma und die pivaten Interessen vieler passionierter Jäger, die bei Romsilva in leitender Position tätig sind, laufen den Aufgaben der Verwaltungen der geschützten Areale zuwider. Interessenskonflikte sind da vorprogrammiert.“
Zuletzt wendet sich GEC Nera an die Ministerin für Umwelt und Klimaveränderungen, Rovana Plumb, mit der Frage, wann sie beabsichtigt, die Nationale Agentur für Geschützte Naturareale (ANANP) als eigene Abteilung des Umweltministeriums wiederzugründen, „um die geschützten Areale Rumäniens in erster Linie vor dem Verhalten und Vorgehen von Romsilva zu schützen“.