Randbemerkungen: Ende der Regierungs-Flitterwochen

Das doppelte Maß, mit dem die PSD (man muss es wohl so sagen: gewohnheitsgemäß) das Umkippen des als Hauptreformator des Bolojan-Regierungsvorhabens angeheuerten Vizepremiers Anastasiu beurteilt, wirkt abstoßend, wenn man weiß, dass sie selber – mindestens – einen Minister nominierte, der genau das Gleiche auf dem Kerbholz hat. Die tragi-komische Rechtfertigungsrede, mit der Anastasiu sein Austreten aus der Regierung ankündigte, hätte er sich trotzdem ersparen können. Ein Rücktritt ohne Betteln um Empathie hätte dem Euro-Multimillionär gereicht. Moralischer Relativismus, wie ihn Anastasiu mit dem Schein-Antagonismus „Überlebens-“ und „Bereicherungs-Schmiergeld“ zu definieren versucht, ist Alltagsleben hierzulande, wenn man die Kommentare überfliegt, die der Ex-Vizepremier losgetreten hat. Dass er noch die Rotzfrechheit aufbringt, die Fäulnis eines Systems beschreiben zu wollen, zu dem er selbst acht Jahre lang beigetragen hat, das bleibt sein Makel. Umso mehr, als es seine Aufgabe als Vizepremier gewesen wäre, dieses Fäulnissystem gesundzureformieren.

Es bleibt die Frage, wie und von wem der so forsch auftretende Premierminister Ilie Bolojan beraten wurde, als er sich Anastasiu zur Seite nahm? Und ob er den/die Berater(in) inzwischen gefeuert hat, sollte er so konsequent und unparteiisch vorgehen, wie man anfangs von ihm den Eindruck vermittelt bekam? Bedenklich bleibt sein verbissenes (oder zähneknirschendes?) Aussagenzerstottern zu den (vorläufig: zu beiden... – oder gibt´s noch welche?) kompromittierten Mitgliedern seiner Regierung, von denen nur einer (!) den Hut nahm. Selbstredend zernagen solche (Nominierungs- und Verlegenheits-)Schnitzer, (selbst)verschuldet oder nicht, das aufkommende Vertrauen in die Regierung – umso mehr, als die Zeit des Opferbringens (ergo sich steigernder Regierungsgegnerschaft) angebrochen ist! Man könnte sich auch fragen, ob die zuständigen Geheimdienste Rumäniens ihre Pflicht bei der Nominierung getan haben oder den Premier einfach mal ins offene Messer laufen ließen durch Unterjubelung Kompromittierter... Bolojan hinterließ in der Affäre den Eindruck des Enttäuschten darüber, dass sich nicht sein gesamtes Team auf der Höhe seiner Opferbereitschaft bewegt, in etwa: „Die verdienen einen wie mich gar nicht!“ Das aber ist ein erster Schritt zum Unglaubwürdigwerden. Der nächste wäre die aggressive Diskreditierung (könnte von der Richterkaste kommen...), der dritte das Lächerlichmachen – und damit wären wir neuerlich bei einer levantinisch-balkanischen politischen Vorgehensweise und einem Szenario, wie an dieser Stelle bereits beschrieben.

Dabei hat der Premier, bevor er zur Irrelevanz herabgewürdigt wird, nicht einmal sein eigenes Image zu verteidigen. Vielmehr geht´s um seine Agenda, die Reform des Staates, die an Stolpersteinchen wie Anastasiu scheitert, weil die „Stabilitätshaie“ und Profiteure des Bestehenden in den Untiefen des Staats und der Kommunikation darauf lauern. Wenn bereits nach knapp einem Monat des Regierens und dem ersten Reformpaket zur finanziellen Sanierung Rumäniens das aufzubauende Gefüge so ins Wackeln kommt, was wird erst im August geschehen, wenn´s ans Eingemachte – Sonderrenten, Privilegien der Richter- und Staatsanwaltskaste, der hohen Polizei- und Militär-Soldateska und an die unzähligen Sonderlohn-Tricksereien der Beamtenschaft des Staates – geht? Wussten Sie beispielsweise, dass sogar die Angestellten der EU-Zahlstelle APIA, neben strammen Löhnen, u.a. fette Zulagen für „Antennen- und PC-Gefährdung“ kassieren? 

Mit dem Fall Anastasiu gehen die Regierungs-Flitterwochen zu Ende. Mit aufkommendem Herbst wird das Abstottern der Reform für jeden spürbar. Der stumme Widerstand verwandelt sich in Straßenproteste. Dann folgt die wirkliche Überprüfung der Glaubhaftigkeit des Premiers. Und seines Teams.