Randbemerkungen: Gesucht wird Alexander d.G.


Zum Sparpaket III (oder II?) der Bolojan-Regierung zählt der Versuch, die Sonderrenten – im offiziellen Sprech Rumäniens: „Dienstrenten“ – zwar nicht abzuschaffen (dazu hat hierzulande weder jemand den Mumm, noch die Macht!), aber gesetzlich so zu gestalten, dass sie mit der Zeit von der Bevölkerungsmehrheit nicht mehr als provokante Ungerechtigkeit und freche Bevorteilung einiger Kasten (in erster Linie der Juristenkaste) empfunden werden. Dazu hat die amtierende Regierung vor, erstens das Renten-Eintrittsalter der Richter und Staatsanwälte (und weiterer Justizbeamter in deren Umfeld) auf die für alle Benachteiligten üblichen 65 Jahre anzuheben; zweitens, die Rentenhöhe zu deckeln auf 70 Prozent des letzten Nettolohns (gegenüber jetzt 80 Prozent des Bruttolohns). 

Das schonende Vorgehen begründet die Bolojan-Regierung mit dem Versuch, durch Anwendung des Gerechtigkeitsschaffens (etwa: gleiche Verrentungsbedingungen und Rentenhöhen-Festlegung für vergleichbare Arbeit) das Justiz-System durch Personalflucht nicht aus den Angeln zu heben. Dass die Renten von Richtern und Staatsanwälten nur in geringem Prozentsatz auf Beitragszahlung fußen und vom Staat hoch subventioniert werden, das steht immer noch auf einem anderen Blatt, dürfte sich aber, bei Anwendung der Novellierung, mit der Zeit möglicherweise einpendeln.

Es gibt eine Bürgerinitiative von Declic, die 85.000 Unterschriften trägt. Sie fordert eine Volksbefragung zum Thema „Sonderrenten“/„Dienstrenten“. Ziel: Einführung des Beitragsprinzips auch für die Ausnahmekasten; gleiche Mindestalter-Grenzen für Verrentung. Leitgedanke soll werden: „Die Rente reflektiert die Beitragszeit und -menge, nicht das/ein Privilegium.“ Der Grundwiderspruch: ein Richter mit 25.000 Lei Rente hat nur Beiträge für eine Rente von 6000 Lei eingezahlt – den Rest muss der Staatshaushalt decken.

Eine Neuregelung der Sonderrenten beträfe (Stand 2025) 5680 verrentete Magistraten, 2291 Personen aus den Auxiliärdiensten der Gerichte, 1361 Piloten, 880 Parlamentarier, 798 pensionierte Mitglieder des Diplomatencorps und 75 Richter a.D. des Verfassungsgerichts. Allein im Juni 2025 musste der Staat für die Sonderrenten dieser 11.085 Personen rund 144 Millionen Lei berappen. Die höchste Sonderrente bezieht ein Ex-Richter, 69.343 Lei (fast 13.900 Euro) monatlich, die geringste jemand, der kurz in der Diplomatie war: 1613 Lei.

Die Sonderrenten haben mindestens drei „Schutzschirme“: sie erfreuen sich des Rechtsschutzes, da sie effizient mit Gesetzen ummauert sind (!!); sie haben eine mit viel Macht und Bremskraft ausgestattete Lobby – Oberster Magistraturrat CSM (dessen Leiterin, Elena Costache, jüngst in einem Pressegespräch sagte, dass eine Rente von 11.000 Lei „viel zu gering“ für Richter wäre...), das Parlament (die Parlamentarier haben „Sonderrenten“, schneiden sich also kaum je ins eigene Fleisch!), das Verfassungsgericht CCR (das „feststellte“, Sonderrenten gehörten zur Berufssatzung der Richter und Staatsanwälte...) – drittens sind sie so angelegt, dass separat für jede der Kasten eine Gesetzesänderung durchzuführen wäre, um was dran zu ändern – eine Undurchführbarkeit. Zudem: die „Feststellung“ des Verfassungsgerichts CCR platziert die Renten der Richter (natürlich auch der Verfassungsrichter selbst!) in den Bereich des Berufsrechts, hebelt somit à priori jede Volksabstimmung aus. Außerdem sind Entscheide des CCR faktisch unangreifbar – außer durch CCR selber... So kommt die Rede einmal mehr aufs Schneiden ins eigene Fleisch!

Das Symbol der rumänischen Renten-Ungerechtigkeit, die Sonderrenten, sind also schwer, wenn nicht unmöglich zu kippen. Das Gesetzesgespinst, das sich die Nutzer drumherum gewoben haben, ist praktisch kaum zerfetzbar. 

Wer löst diesen Knoten des Phrygierkönigs Gordios?