Links oben im Wappen von Sanktanna/Sântana ist die katholische Kirche aufgedruckt. So beginnt eigentlich das Wappen mit diesem Element, das über Jahrhunderte den Menschen Halt gegeben hat. Heute ist es mehr als das. Heute verbindet die Kirche mehr denn je, denn sie bringt zumindest an einem Tag im Jahr Menschen zusammen, die die Geschichte auseinander gebracht hat. Und fast schließt sich hier der Kreis, denn die hier Verbliebenen feiern ihr Kirchweihfest in der Nostalgie der Vergangenheit zusammen mit ihren deutschen Landsleuten von Nah und Fern, aber auch mit Rumänen und Ungarn aus dem heutigen Sanktanna. „Der Weg zur religiösen Bildung, wie wir ihn bewusst nennen, beginnt in der Familie, in der Gemeinschaft der Kirche, zu der wir uns offen bekennen. Wir stehen treu zu Kirche, zu Tradition und zu dem Erbe unserer Ahnen, werden Begonnenes fortführen, wenn auch manchmal auf ungewöhnlichen Bahnen“, hieß es im Kirchweihspruch, und weiter: „Die bunte Sanktannaer Jugend, die heute vereint vor Ihnen steht, präsentiert sich weltoffen und wandlungsfähig und zeigt, wie Tradition geht: Wenn wir in zwei Sprachen unsere Gottesdienste und Feste feiern, Kirchweih interkulturell, ökumenisch und Ost-West verbunden zeigen, so macht dies deutlich, was Bestand hat, sinnvoll ist und dass Egoismus und falscher Stolz niemandem nützt“.
Ende Juli war es wieder einmal soweit und die etwa 350 in Sanktanna verbliebenen Deutschen feierten Kirchweih. Ein ganz besonderes Fest sollte es diesmal werden, da es nicht nur die Landsleute aus dem Ausland wie üblich an diesem Tag nach Hause zog, sondern auch hoher Besuch angesagt war. Der baden-württembergische Innenminister Reinhold Gall, der Bundesbeauftragte für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Hartmut Koschyk, der Abgeordnete Ovidiu Ganţ, der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft der Banater Schwaben, Peter-Dietmar Leber, Deutschlands Konsul in Temeswar, Rolf Maruhn, sowie weitere Persönlichkeiten aus Baden-Württemberg und der Deutschen Botschaft in Bukarest waren in Sanktanna zugegen. Die Gäste aus Deutschland hatten jedoch nicht nur einen erfahrungsreichen Tag hinter sich, sondern auch etwas mitgebracht für eine Gruppe von Menschen „die sich für Menschen engagieren“ (Reinhold Gall). In diesem Kontext überreichte der Minister der lokalen freiwilligen Feuerwehr ein Feuerwehrauto. Reinhold Gall wies darauf hin, dass das überreichte Feuerwehrauto nicht ganz neu ist, aber auf jeden Fall funktionstüchtig und in einem guten Zustand. In Baden-Württemberg stand es zur Ausbildung von Feuerwehrleuten bereit, in Rumänien werde es „im Alltagsdienst verwendet“.
Grundsätzlich halten die Sanktannaer nach wie vor an den alten bewährten Bräuchen, Riten und Regeln des Kirchweihfestes: kleine Abstriche müssen sie schon mal machen, andere derselben nehmen sie auch mal gerne in Kauf. „Bei unseren Festen hat am meisten das Maibaumfest Veränderungen erfahren“, sagt der langjährige Forumsvorsitzende in Sanktanna, Martin Reinholz. Theresia Höniges hat auch eine Erklärung dafür und sie sieht es fast durchgehend pragmatisch: „Für das Maibaumfest haben wir jetzt eine grüne, leichtere und auch dementsprechend nicht so kostspielige Tracht angefertigt“, so die Sanktannaer Lehrerin. Sie gehört zu denen, die wohl am besten wissen, dass in heutigen Gegebenheiten Kirchweih und Brauchtum nur dann erhalten bleiben können, wenn auch anders Nationale mitmachen und hautnah erlebt sie ja jeden Tag, wie diese über die Schule eine Bindung zum Deutschtum finden. Eine Stelle im Kirchweihspruch ist gerade darauf zugeschnitten: „So stehen wir heute traditionsverbunden und treu in der St.Anna-Kirche und schauen andächtig auf das ´Mutter Anna´-Bilde. Sie zeigt uns ganz deutlich auf dem Gemälde über dem Altar, worauf wir schauen sollen, was schon immer wichtig war“.
„Die Sehnsucht hat uns immer wieder an ferne Ufer getrieben, und kehren wir zu unseren Wurzeln zurück, so fragen wir: ´Was ist geblieben? Was bringen wir mit? Was bleibt in unseren Herzen festgeschrieben? Was stillt unsere Sehnsucht? Wie geht es den Lieben?´“ Auch dieser Teil des Kirchweihspruches ist auf das Fest im heutigen Sanktanna ausgerichtet. Etwa 300 Gäste aus dem Ausland waren nämlich angereist, die Musik kommt seit Jahren über weite Strecken aus Deutschland und viele der längst Ausgewanderten legen Ahnentracht an, wenn Kirchweih im Heimatort angesagt ist.
In der Stadtverwaltung sind die beiden Bürgermeister Daniel Tomuţa und Cornel Gligor, sowie der HOG-Vorsitzende Josef Lutz überzeugt davon, dass die deutsche Acht-Klassen-Schule im Ort als Träger von Brauchtum unentbehrlich ist. „Konstant nehmen an unserer Kirchweih in der Heimat 20 – 30 Trachtenpaare teil“, sagt Josef Lutz. Die Blaskapelle der HOG sichert seit acht Jahren die Musik beim Sanktannaer Kirchweihfest. Während der Vizebürgermeister Cornel Gligor sagt, dass die deutsche Kirchweih nach dem Stadtfest das größte Ereignis im Ort ist, ist der Vorsitzende des Ortsforums, Martin Reinholz überzeugt: „Für die Deutschen in Santanna ist die Kirchweih noch wichtiger als das Stadtfest“.