Die Sensation wurde durch die Siebenbürgische Zeitung vom 5. August 2018 kundgetan: „Millionenspende für Universität in Hermannstadt“. Am 19. Juli 2018 wurde in der Botschaft von Rumänien in Berlin ein wichtiger Vertrag unterzeichnet. Emil Hurezeanu, dem Botschafter Rumäniens ist es zu verdanken, dass ein Wunder zustande gekommen ist. Das Hasso-Plattner-Institut (HPI) Potsdam geht eine Kooperation, verbunden mit einer Spende von 4,2 Millionen Euro, mit der Lucian-Blaga Universität Hermannstadt (ULBS) ein. So kehrt unvermutet und indirekt der Name Plattner nach Hermannstadt zurück. Aber der Multimilliardär Plattner stiftete auch ein Museum ...
Museum Barberini - mit der größten Selbstverständlichkeit stehen diese zwei Worte in Stein gemeißelt oberhalb des Piano nobile an der beeindruckenden Fassade des Gebäudes aus dem 18. Jahrhundert. Nein, nicht in Italien, sondern in Potsdam am Alten Markt befindet sich dieser imposante Palast. Und das Alter des stolzen Gebäudes stimmt auch nicht ganz, denn lange DDR-Jahre befand sich an dieser Stelle ein Parkplatz. Das Original, von Friedrich dem Großen in Auftrag gegeben, war eine Nachahmung des Barberini-Palazzos aus Rom und wurde im April 1945 zerbombt. Potsdam wurde nach der Wiedervereinigung neu geplant. Altes wurde neu aufgebaut. Neueres wurde abgetragen. Friedrich der Große - er wurde umgebettet und ruht wieder in Potsdam - würde jetzt seine Stadt wiedererkennen. Touristen aus aller Welt legen Blumen und Kartoffeln auf sein Grab in Sanssouci und stehen gerne Schlange bei der Besichtigung seines kleinen Schlosses. Kommt man vom Bahnhof, die beiden Havel-Arme überquerend, dann schnell noch die Humboldtstraße entlang, ist man auf dem Alten Markt. Hier stehen gewichtige Gebäude: Landtag im Stadtschloß, gegenüber die Nikolaikirche, das Potsdam-Museum im Alten Rathaus und das Museum Barberini. Dem Museum gegenüber mühen sich gerade zwei riesige Bagger, den noch übrig gebliebenen Beton-Schand-Bau aus DDR-Zeiten zu zerlegen. Die Zeit kann man tatsächlich zurückdrehen. Wer hätte es geglaubt? Und vieles ist einem einzigen Manne zu verdanken ....
Alles begann 1972, als der gebürtige Berliner Hasso Plattner mit vier anderen Ex-IBM-Mitarbeitern die Firma SAP gründete. Sie hatten eine einfache und gleichzeitig geniale Idee: eine allgemeingültige Software zu entwickeln, die unabhängig von der Branche in allen Unternehmen einsetzbar ist. Die Idee hatte weltweiten Erfolg. Im Jahre 2013 stellte das Magazin Spiegel fest: „Würde die SAP-Software morgen verschwinden, die Weltwirtschaft stünde still“.Im Mai 2003 zog sich Hasso Plattner aus dem Vorstand des Konzerns zurück und leitet seither den Aufsichtsrat von SAP in Walldorf. Das amerikanische Wirtschaftsmagazin Forbes listete Plattner 2018 mit einem geschätzten Vermögen von 12,7 Milliarden US-Dollar auf Platz 116 der reichsten Menschen der Welt und auf Platz 10 der reichsten Menschen Deutschlands.
Reichtum verpflichtet. Hasso Plattner will der Gesellschaft aus Dankbarkeit dafür, dass er nahezu kostenlos hat studieren dürfen, etwas zurückgeben. Er ist Mitglied eines der wohl exklusivsten Clubs der Welt: The Giving Pledge - auf Deutsch: Das Spendenversprechen. 1998 gründete Plattner das Hasso-Plattner-Institut für Softwaresystemtechnik an der Universität Potsdam. Der Stifter finanziert das HPI nicht nur komplett, sondern er engagiert sich dort auch als Leiter des Fachgebiets „Enterprise Platform and Integration Concepts (EPIC)“ in Forschung und Lehre. Ein weiteres Engagement Plattners, das die Wissenschaft fördert, ist die im Herbst 2003 gegebene Spende von zehn Millionen Euro für den Bibliotheksausbau an der Universität Mannheim. Anfang Oktober 2005 richtete Plattner mit der Stanford University das Hasso Plattner Institute of Design ein, das er mit 35 Millionen US-Dollar ausstattete. Seit Jahren ist Plattner Südafrika verbunden und lebt zeitweise am Kap. Auch dort setzt er sich für die Forschung ein. Zwei südafrikanische Universitäten, die University of KwaZulu-Natal und die Universität Kapstadt, unterstützt Plattner im Kampf gegen Aids.
Sein Zuhause ist seit vielen Jahren Potsdam, die Stadt, die er am meisten liebt. Deshalb spendete Plattner im November 2007, als der Wiederaufbau des Potsdamer Stadtschlosses wegen Geldmangels in Frage gestellt worden war, kurzerhand 20 Millionen Euro und gewährleistete somit die vollständige Rekonstruktion der historischen Fassaden des Brandenburger Landtages. Zehn Jahre später posaunte im Januar 2017 der Spiegel: Deutschland ist in Kulturlaune. Abermals überraschte Hasso Plattner seine Landsleute. Hohe Weltprominenz hat sich in Potsdam eingefunden, darunter der Microsoft-Gründer und reichste Mensch auf Erden, Bill Gates, um das Barberini-Museum feierlich zu eröffnen. Kanzlerin Angela Merkel war die Rednerin. Plattner hatte gerade seinen 73. Geburtstag.
Zu seinem 60. Geburtstag hielt der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder die Rede auf den Global Player Hasso Plattner, der in einem Spiegel-Interview bekannte: „Seit dem Regierungsstart von Gerhard Schröder hat mein Vermögen etwa 50 Prozent an Wert verloren.“ Verkehrte Welt.
Plattner war gegenüber der Presse immer offen, deshalb wurde er von dieser relativ „gut“ behandelt. Ein anderes Bekenntnis gegenüber der Presse: „Ich segle mit Leidenschaft, ich fahre gern schnelle Autos, ich sammle Kunst.“Für die eigene und die Kunstsammlungen anderer hat er in Potsdam das Barberini-Museum, ein ehemaliges Palais aus der Friderizianischen Zeit, wiederaufgebaut und als privates Museum, das er selbst finanziert, der Öffentlichkeit geschenkt. Einen Seitenhieb konnte sich die Presse dennoch nicht ersparen, als sie meinte, dass sich mit diesem Palast „ein digitaler Fürst in die Traditionswelt der Medici und späterer Adelsfamilien mit Kunstsinn einreihen will“. Plattner nimmt solche Kleinattacken gelassen hin. Seine Wurzeln liegen anderswo, in einem Land hinter den Bergen, in Siebenbürgen oder Transsylvanien.
Schon 2002 wagte die Siebenbürgische Zeitung aus München einen kühnen Titel: „Hasso Plattner - reichster Siebenbürger weltweit“. Der Reigen wurde eröffnet. Der Autor des Artikels meint dann doch vorsichtig, Plattner „dürfte der mit Abstand vermögendste Siebenbürger Sachse sein. Als solchen kann man ihn - auch wenn er in Berlin geboren wurde - mit einiger Berechtigung bezeichnen, ist er doch der Sohn des Hermannstädter Augenarztes Dr. Horst Plattner sowie Urenkel des Stolzenburger Pfarrers und Schriftstellers Johann Plattner (1854-1942)“.
In den Zeiten alternativer Wahrheiten ist es immer diffiziler, Dichtung von Wahrheit zu unterscheiden. Für die Genealogen aber ist es ein Leichtes, bekannte siebenbürgische Familiennamen zu verfolgen. So weiß man vom Urgroßvater Johann Plattner, der selbst in einer Studie dem Namen Plattner nachgegangen ist, dass der in Stolzenburg häufige Name von einem 1700 aus Martinsdorf zugewanderten Schulrektor stamme.Der Urgroßvater Johann Plattner, Sohn eines Landwirtes, ist in Stolzenburg geboren und hat in Wien und Jena studiert, war anschließend Lehrer in Hermannstadt und ab 1897 Pfarrer in Stolzenburg. Hier erst konnte sich seine materielle Lage verbessern, hatte er doch zehn Kinder zu ernähren. Johann Plattner war ein erfolgreicher und bekannter Schriftsteller in Siebenbürgen und wurde in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts von den Literaturgrößen Adolf Meschendörfer und Erwin Wittstock positiv wahrgenommen und gefördert. Seine „Stolzenburger Gestalten und anderes aus Siebenbürgen“ wurde 1958 und in zweiter Auflage 1974 in Bukarest publiziert.
Kehren wir doch zum Urenkel Hasso Plattner zurück, der sich in diesem Jahr abermals einen Traum erfüllte. Das Museum Barberini Potsdam stellte vom 30. Juni bis 21.10.2018 einen Giganten, einen der wichtigsten Vertreter der Moderne aus: Gerhard Richter. Der Titel der Ausstellung lautete schlicht: „Abstraktion“ und widerspiegelte in 80 Bildern die seit 1976 kontinuierliche Suche Richters nach einem dritten Weg zwischen Realismus und Ungegenständlichkeit. Über 700 Personen kamen zur Vernissage. Im Erdgeschoss des Museums wartet auf den Besucher eine andere Überraschung: „Congo Tales - Geschichten aus Mbomo“, eine photographische Inszenierung von Pieter Henket und eine Filminstallation von Stefanie Plattner, der Tochter von Hasso Plattner. Besucher aus aller Welt kennen mittlerweile diese wichtige Adresse in Potsdam und bevölkern in bunten Massen die Räume des Museums. Süffisant bemerkt der Spiegel: „Der Eintrittspreis hat mit 14 Euro Hauptstadtniveau, welch ein Geschenk“. Dabei wird vergessen und bewusst nicht erwähnt: „Kinder/Jugendliche unter 18 Jahre sowie Schüler über 18 Jahre: Freier Eintritt“. Welch eine Seltenheit! Noch eine letzte Frage sei gestattet: Hat Stefanie, die Tochter des Multimilliardärs Hasso Plattner, die in Hermannstadt 1909 publizierten Schatzgräbergeschichten des Urahns Johann Plattner wohl gelesen?
Der Autor, Josef Balazs, hat Germanistik in Hermannstadt studiert und über Johann Plattner seine Diplom-Arbeit geschrieben.