„So viele waren wir schon lange nicht mehr“

HOG-Tagung zwischen Nostalgie und Zukunftsperspektiven

DBJT-Vorsitzender Patrick Pollig (am Pult) lieferte zusammen mit den Vorstandsmitgliedern Sandra Keller, Andreea Kielburg und Nils Schöffler einen dynamischen und inspirierenden Beitrag über die Jugendarbeit und Nachwuchsförderung in der Banater Landsmannschaft. Fotos: Astrid Weisz

Das Frankenthaler Haus der Donauschwaben stieß fast an seine Fassungsgrenze bei der diesjährigen Banater HOG-Tagung.

Mit über 170 Teilnehmern war in diesem Jahr das Frankenthaler Stelldichein der Vorsitzenden der Kreis- und Landesverbände der Landsmannschaft Banater Schwaben und der Banater Heimatortsgemeinschaften (HOG-Tagung) für viele sowohl eine große Wiedersehens- als auch eine Kennenlernrunde. Etliche Teilnehmer waren zum ersten Mal bei dieser Veranstaltung dabei, die in diesem Jahr zum 48. Mal von der Landsmannschaft ausgerichtet wurde, wie der Bundesvorsitzende Peter-Dietmar Leber eingangs hervorhob. Neue Gäste, Vortragende und Vorstandsmitglieder gaben Anlass, dem Bedürfnis vieler  nach Austausch und Aussprache nachzukommen. 

Ein besonders ergreifendes und beeindruckend dokumentiertes Grußwort richtete der Frankenthaler Oberbürgermeister Dr. Richard Meyer an die zahlreiche Zuhörerschaft, das von Kenntnis um die Vergangenheit und Gegenwart der Banater Landsleute zeugte. 

In seinem Impulsvortrag „Landsmannschaft im Wandel – eine Agenda für morgen“ verteilte Bundesvorsitzenden Leber teils streng, teils auffordernd Lob und Anregungen zu Öffentlichkeitsarbeit, Jugendarbeit, Formalien (Die Tagungsmappe enthielt Beispieldokumente) zu grenz- und gruppenübergreifenden Veranstaltungen, vor allem in Zusammenarbeit mit anderen Vereinen und Einrichtungen, ja auch den rumänischen Behörden und Entscheidungsträgern im Banat, denn „diesem Zusammensein liegt ein besonderer Zauber inne“. Auch zum Schreiben für die Banater Post (Redaktion Halrun Reinholz und Johanna Schmidt), damit alle Ortschaften oder Vereine aus dem Banat darin Erwähnung  finden und Präsenz zeigen. Einen kurzen Ausblick auf die Heimattage in Ulm gab es auch und zum Schluss die Aufforderung „Landsmannschaft ist nicht nur geselliges Beisammensein, sondern auch die Verpflichtung für das, was geschaffen worden ist. Es gibt uns, wenn wir etwas tun!“.

Die Adam-Müller-Guttenbrunn-Stiftung

Weiter auf dem Programm standen die Gastredner aus dem Banat: Die Aufsichtsratsvorsitzende Erna Paler stellte die Adam-Müller-Guttenbrunn-Stiftung und ihre Einrichtungen und Dienstleistungen vor. Das bereits 2011 bei der HOG-Tagung angesprochene Bedürfnis nach einem Büro der Landsmannschaft in Temeswar wurde 2023 realisiert und wird von Walter Altmayer geführt, der in Frankenthal seine Tätigkeitsschwerpunkte als Vertreter der Landsmannschaft und des Hilfswerks Banater Schwaben im Banat schilderte. Diese Beiträge wurden von dem Leiter des Hilfswerks Walter Rennon und der Leiterin des Josef-Nischbach-Seniorenheims, Christine Schneider, zu den Aufgaben des Hilfswerks in Deutschland ergänzt. Eine erwartet hohe Publikumsbeteiligung mit vielen Fragen gab es nach dem Vortrag des Ferdinandsbergers Dr. Claudiu Călin, Diözesanarchivar, der die Heimatdiözese, das Diözesanarchiv und das Zusammenwirken mit den ausgewanderten Landsleuten im Mittelpunkt hatte, wobei die Hauptanliegen der Landsleute das Patrimonium, Kirchen und Friedhöfe der verschiedenen Ortschaften waren. 

Jugendarbeit

Eine dynamische Präsentation brachte am späten Samstagnachmittag den Vorstand der Deutschen Banater Jugend und Trachtengruppen (DBJT) samt ihrem Vorsitzenden Patrick Polling vor die Banater. Es wurden die Hauptveranstaltungen über ein Jahr präsentiert, das jüngste Brauchtumsseminar für Kinder und Erwachsene in Bad Wurzach, mit den verschiedenen Workshops vom Tanzen und Wurstmachen bis zum Hutschmuckbasteln, das Sportfest in Crailsheim, die Zeltlager und die Beteiligung an den Heimattagen mit eigenem Programm, nach dem Konzept „Gemeinschaft leben, die Tage genießen“. Hinzu kamen das Onlineangebot in den Sozialmedien und die Arbeitsgruppe DBJTours, über die Kulturreisen zu den Folkloretagen nach Prag und Sanremo, aber auch ins Banat stattfanden. In diesem Jahr werde man an den Folkloretagen mit 40-50 Kindern und jungen Erwachsenen in Neumarkt an der Mieresch/Târgu Mure{ teilnehmen. Die Jugendarbeit vor Ort geschehe vor allem in den Tanzgruppen, die ein Standbein der DBJT darstellen und Auftritte bei verschiedenen Events der HOGs und Kreisverbänden absolvieren. Auch wenn die Kindergruppen nicht so sichtbar sind, seien sie wichtig für den Nachwuchs, zumal hier erste Schritte im Tanz und in der Gemeinschaft ausprobiert werden. Mit einer interaktiven Übung zur Frage „Wie gelingt Jugendarbeit?“ sammelte man zum Schluss Schlagworte über Angebote und Einstellung der einzelnen Verbände und der Landsmannschaft, die den Beteiligten auch als Impuls mitgegeben wurden. Der Bundesvorsitzende dankte für den erfrischenden und  bereichernden Vortrag und lobte: „Glücklich die Landsmannschaft, die einen solchen Jugendverband hat!“

Initiativen

Beim Programmpunkt „Neue Projekte und Initativen“ stellte Angela Schmidt (eine gebürtige Marienfelderin) den Frauentreff in Frankenthal vor, bei dem Frauen im Ehrenamt am Vortag der HOG-Tagung zusammenkommen und mit Hilfe von Maria und Johann Reinholz (Sanktanna) die Region und ihre Kulturgüter kennenlernen. In diesem Jahr ging es ins Deutsche Kartoffelmuseum bei Fußgönheim, aufs dortige Schloss und dann ins Schloss Ruchheim (Rathaus), ein Ortsteil von Ludwigshafen, der mit dem Glogowatzer Dennis Schmidt den bundesweit fünftjüngsten Ortsvorsteher hat. Auf Anregung der HOG-Sprecherin im Bundesvorstand, Anita Maurer (Schöndorf) ging es anhand von fünf Fallbeispielen um Friedhof und Friedhofspflege im Heimatort. Es wurden die Situationen und Lösungen für Bogarosch/Bulg²ru{ (Ewald Spang), Großjetscha/Iecea Mare (Dr. Norbert Neidenbach), Guttenbrunn/Z²brani (Hiltrid Leber), Orzydorf/Or]i{oara (Eduard Ortmann) und Sanktandres/Sânandrei (Johann Janzer) präsentiert. Weitere Initiativen und Projektpräsentationen mussten den Sonntag abwarten: Geplante Kirchweihfeste und Jubiläumsfeiern im Banat (Guttenbrunn, Großsanktnikolaus, Periamosch, Lovrin und Deutschsanktpeter) und in Deutschland. Daraufhin brach Ani Ianc vom Kreisverband Traureut für die Senioren eine Lanze, indem sie darauf hinwies, wie beschwerlich für ältere Semester eine Reise ins Banat zu Veranstaltungen sei und dass man diese in Deutschland, in der neuen Heimat, ausrichten solle, um auch den älteren eine Teilnahme zu ermöglichen. Zumindest solle es ein Pendant geben. 

Formalien

Ein weiterer Schwerpunkt waren Formalien und der Austausch zu Themen wie GEMA-Gebühren bei Veranstaltungen. Aus dem Publikum gefordert waren Aussprachen zum Thema der doppelten Staatsbürgerschaft, zumal es nicht selten vorkomme, dass diese von den deutschen Behörden auch als rumänisch geführt wird, der Redaktionsschluss der Banater Post, die Förderung durch das Kulturwerk Banater Schwaben aus Bayern, aber auch andere Formalien.
Die Tagungsmappe enthielt zudem statistische Zusammenstellungen über die Mitglieder der Landsmannschaft, die hauptsächlich über das Beziehen der Banater Post erfasst werden und über 10.000 sind. Allerdings sind das nur die zahlenden Mitglieder. Die Heimatortsgemeinschaften sind nicht immer eingetragene Vereine, ihre Mitgliederzahlen sind nicht als solche erfasst und bei weitem haben nicht alle ein Abo für die Vereinszeitung. Der erste Tag endete mit dem kurzweiligen Mundart-Theaterstück „Matz macht Most“ von Helmut Schlauch der relativ neuen Theatergruppe der Banater Schwaben in Augsburg. 
Am Sonntag standen die Heimatortsgemeinschaft Blumethal-Fibisch und der Kreisverband Heilbronn im Mittelpunkt. Die Vorsitzenden der beiden Vereine, Dorothea Schlimmer und Anton Michels, referierten umfassend über die Tätigkeit und die Herausforderungen, wobei bei vielen Punkten es zwar stolz aber auch leicht schwermütig eher um Vergangenes als um Gegenwart ging. Durch die Veranstaltung führten im Wechsel Anita Maurer und Peter-Dietmar Leber. 
Für die Fotodokumentation des Frankenthaler Treffens sorgte der Lenauheimer Nikolaus Dornstauder. Der reiche Büchertisch wurde von Familie Spirk und Stefanie Dolvig-Curac betreut, die sich mit den Banater Landsleuten vor Ort zur Zufriedenheit der Teilnehmer auch um den reibungslosen Ablauf im Haus der Landsmannschaft der Donauschwaben kümmerte. Viele bekundeten, bereichert von dem diesjährigen Treffen nach Hause zu fahren und man verabschiedete sich bis zu den Heimattagen am Pfingstwochenende, 16.-17. Mai, in Ulm.