Stift Mondsee – Gäste statt Mönche

Von der Klosteranlage zur Kulinarik

Basilika, vom See aus gesehen | Fotos: Mag. Ignazius Schmid

Alter Stich von Mondsee

Der Kreuzgang bietet heute viel Platz für Ausstellungen.

Ein fescher Herold

Die Basilika Mondsee mit dem großen Platz

In der ehemaligen Mönchsküche

Hochaltar

Jesus von Nazareth

Fürstlicher Wohnraum

Moderner Speiseraum in alten Mauern

Originale Ausstattung in den Prunkräumen

Wer auf der Autobahn von Wien nach München nur wenige Kilometer an der Ausfahrt Mondsee vorbeirauscht, ahnt gar nicht, welchen kulturellen Schatz er gerade hinter sich lässt: das Stift und Schloss Mondsee, erbaut 748. Genau genommen verdankt das Stift seine Existenz dem wechselhaften Wetter in den Bergen: Herzog Odilo II. aus dem alemannischen Zweig der bayerischen Agilolfinger war unterwegs im Salzkammergut. Der Herzog hatte seinen Herrschaftsbereich in mehrere Bistümer aufgeteilt, Regensburg, Freising, Passau und Salzburg gehörten dazu, und deshalb war er viel unterwegs. Eines Tages geriet er im Salzkammergut mit seinem Gefolge in die Dunkelheit, Regen und schwarze Wolken nahmen jede Sicht, und sie wussten nicht mehr vor noch zurück. Da gelobte Odilo, am See ein Kloster zu stiften, wenn er und seine Leute von den Felsen heil wieder hinunterkämen. 

In dem Moment rissen die Wolken auf und gaben den Blick frei auf den im fahlen Mondschein weit unten glitzernden Mondsee; sie waren knapp einem Absturz entkommen. 

Eine andere Sage berichtet, wie in grauer Vorzeit eine Pfarrersköchin nicht so glimpflich davongekommen war. Trotz eines strengen Fasttages war ihr mehr nach tanzen als nach fasten zumute. Da holte sie der Teufel und brauste mit ihr durch die Luft davon. Sie aber schrie so infernalisch, dass sich sogar der Teufel schreckte und mit ihr die Felsen im Kamm der Drachenwand durchbrach. Das Loch ist noch heute zu sehen. 

Der gottesfürchtige Odilo aber hielt sein Versprechen, und neun Jahre nach seiner Rettung war es so weit: 21 Benediktinermönche aus dem italienischen Montecassino konnten 748 in das neue Kloster einziehen, das sich bald großer Beliebtheit erfreute. Auch spätere Fürstlichkeiten zeigten sich splendabel, zum Beispiel Kaiser Karl der Große, und so gehörte dieses älteste Stift Österreichs bald zu den reichsten im Lande – was es aber nicht vor Katastrophen bewahrte, denn schon um 900 fielen die Magyaren ein und brannten es nieder. Wiederhergestellt, wurde es bald berühmt durch seine Buchmalerei und hervorragende Werke wie das älteste noch vollständig erhaltene Buch Österreichs und die erste deutsche Übersetzung eines Bibelteils, den „Mondseer Matthäus“. 

Zur einträglichen Wallfahrtsstätte entwickelte sich Mondsee 976 durch den Aufenthalt des Regensburger Bischofs Wolfgang, der sehr früh große Verehrung im ganzen Land erfuhr und 1052 heiliggesprochen wurde. St. Wolfgang war mit den bedeutendsten Wallfahrtsstätten Rom, Aachen, Santiago und Einsiedeln vergleichbar. 

Wechselvolle Geschichte

788 ging die Region durch Karl den Großen in Reichsbesitz über, 831 übergab Kaiser Ludwig der Fromme das Kloster Mondsee dem Hochstift Regensburg. Sein Sohn König Ludwig der Deutsche schenkt dem Kloster den Wolfgangsee, der damals noch Abersee hieß, und die dazugehörigen Forstgüter. Der gleiche König Ludwig der Deutsche war es aber auch, der mit dem Regensburger Bischof das Kloster Mondsee gegen das Nonnenkloster Obermünster tauschte. Damit wurde das freie Reichskloster Mondsee zu einem bischöflich-regensburgischen Eigenkloster, was den Verlust der Eigenständigkeit bedeutete. Das hieß in der Realität, dass nun die Äbte in Mondsee von Regensburg bestimmt wurden. 

In zähem Ringen konnte Mondsee die verlorenen Güter wieder zurückerlangen, und erst 1142 wurde das Kloster wieder selbstständig. Dass der Streit nicht ausgestanden war, zeigte nach drei Jahren die Ermordung des regierenden Abtes Konrad II. Dieser wurde später seliggesprochen, und sechshundert Jahre nach seinem Todestag wurden seine Gebeine am Mondseer Hochaltar platziert. 

Dreihundert Jahre Kriege, Seuchen und Naturkatastrophen waren zu überstehen, bis ab 1440 mit dem Bau der Klostergebäude und dem Neubau der Klosterkirche begonnen werden konnte – ein Teil der ursprünglichen Klosteranlage befindet sich noch unter dem Kreuzgang –, wobei dreißig Jahre später der Bildhauer Michael Pacher den Auftrag für den heute weltberühmten Flügelaltar in St. Wolfgang erhielt. Der Kreuzgang wurde angehoben und damit hochwassersicher gemacht, darunter entstand ein weitläufiger Keller. Schwere Heimsuchungen waren mehrere Pestepidemien von 1271, 1521 und 1716.

Die Politik spielt mit

Infolge des Landshuter Erbfolgekrieges kam das Mondseeland 1506 zu Österreich. Alsogleich besuchte Kaiser Maximilian I. freudig bewegt Mondsee und St. Wolfgang, was ihn jedoch nicht hinderte, es für viel Geld an den Erzbischof von Salzburg zu verpfänden, um damit seine großen finanziellen Löcher zu stopfen. Erst sein Urenkel Kaiser Maximilian II. konnte das Stift wieder auslösen und dem österreichischen Land ob der Enns eingliedern. 

Durch die Reformation im 16. und die Bauernkriege im 17. Jahrhundert blieb Mondsee in bescheidenen Verhältnissen, die sich erst langsam besserten. Deutliches Zeichen dafür war die Gründung des ersten Stiftsgymnasiums Oberösterreichs. Abt Coelestin Kolb nahm die Neugestaltung des 18 Meter hohen Hochaltars durch den Tiroler Bildhauer Hans Waldburger und ab 1679 die Errichtung von fünf barocken Seitenaltären durch den namhaften Bildhauer Meinrad Guggenbichler in Angriff. 

Abt Bernhard Lidl – mit 44 Jahren Regentschaft war er der am längsten regierende Abt – hatte den Ehrgeiz, zur Tausendjahrfeier 1748 das Kloster in bestem Zustand zu präsentieren. Leider wurden seine erfolgreichen Bemühungen 26 Jahre später durch einen verheerenden Brand, dem fast ganz Mondsee zum Opfer fiel, wieder vernichtet. Brandstifterin soll eine verlassene Ehefrau gewesen sein, die Quartier in einem Gasthof nahm und dort den Brand legte. Bevor sich Marktgemeinde und Kloster richtig erholt hatten, trat Kaiser Joseph II. auf den Plan, der unter anderem Wallfahrtskirchen und Klöster ohne „nützliche Aufgaben“ verbot. Die Wahl eines neuen Abtes wurde untersagt, die Mönche – soweit Priester – wurden für die Seelsorge abgestellt, die Besitzungen verkauft und die Überschüsse dem Religionsfond einverleibt; der war übri-gens wieder für die Finanzierung der Seelsorger zuständig. Der Verdacht der Mondseer Schmuggeltätigkeit an der Grenze zwischen den Habsburger Landen und Salzburg, das bis 1816 selbständiges Fürstentum war, lieferte einen zusätzlichen Grund, Mondsee aufzulösen, was am 5. September 1791 per kaiserlicher Entschließung passierte. Damit hatte das älteste Kloster Österreichs aufgehört zu bestehen. 

Neue Zeiten

Nach der Säkularisierung 1791 stellte sich die Frage: Was damit tun? Bei der Klosterkirche war es einfach, sie wurde Pfarrkirche. Durch Napoleons Machtergreifung und die Friedensverhandlungen von Schönbrunn schenkte Napoleon das nun zum Schloss gewordene Kloster 1809 dem bayerischen Feldmarschall und Staatsminister Karl Philipp Graf Wrede, der später gefürstet wurde. Dieser kümmerte sich umsichtig um das Wohlergehen von Mondsee, baute das Schloss aus, nahm sich der Land- und Viehwirtschaft an und etablierte den heute noch beliebten Mondseer Käse. Sein Sohn Carl Theodor folgte ihm nach, und Fürstin Ignazia, die Gemahlin seines zweitältesten Sohnes, wurde zur großen Wohltäterin von Mondsee. 

Nach dem Aussterben der Familie im Mannesstamm heiratete Helena, die Tochter des letzten Fürsten, den Portugiesen Carl Otto von Almeida. In der Ehe der nachfolgenden Gräfin Micheline Almeida mit dem Amerikaner Rudolph R. Percoca, Graf Rudi genannt, gab es jede Menge Feste und Extravaganzen wie sekt-sprudelnde Springbrunnen etc., aber keine Kinder, und so wurde das Schloss 1985 an Hans Asamer aus Gmunden verkauft, der ein Schlosshotel verwirklichte und trotz guten Geschäftsgangs nach Jahren weiterverkaufte. 

Nach einer umfassenden Revitalisierung um 51 Millionen Euro wurden Teile der Marktgemeinde überlassen, das Gemeindeamt und die Landesmusikschule wurden hineinverlegt und 1993 mit Unterstützung des Landes Oberösterreich das Kultur- und Veranstaltungszentrum gegründet, das sich im Schloss einkaufte. Einen der vier großen Trakte kaufte Altbürgermeister Otto Mierl, der sechzig Gästezimmer ausbaute. Vier Mondseegemeinden und Hotelier Gerald Kienesberger erstanden Restaurant und Schlosshotel, die nach einer abschließenden Restaurierung als Vier-Sterne-Hotel von Vollbluthotelier Gerald Kienesberger und Hanni Schweighofer seit 2014 betrieben werden. Die riesigen vier Gebäudetrakte erlauben eine vielfältige Nutzung: die Restaurants Culinario und Benediktus, die Bar Castello, die Mönchsküche, den Weinkeller und das Café Schlossgarten … Das Heimatmuseum, das Standesamt, das Pfarramt, ein Pfahlbaumuseum und ein Theatersaal haben ebenfalls hier Platz gefunden. Alle schätzen den Benefit der edlen Ausstrahlung der Klosteranlage.

Benediktiner sind keine mehr hier. Aber der benediktinische Geist – „Gäste wie Christus aufnehmen“ – hat sich in Mondsee über zweihundert Jahre weiter erhalten und es zur schönsten Blüte gebracht: Bei Gastlichkeit, Kulinarik und Beherbergung ist das Beste gerade gut genug. Das kann hier jeder persönlich erleben.