Ovidiu Ganț ist ein rumäniendeutscher Politiker des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien und vertritt die Deutsche Minderheit im Parlament Rumäniens. Außerdem war er einige Jahre Direktor der Nikolaus-Lenau-Schule in Temeswar. Er lebt mit seiner Familie in Temeswar. Fast jeden Sonntagabend fährt er nach Bukarest kommt donnerstags, freitags oder samstags zurück, je nachdem wie das Programm aussieht. Aber er fährt nicht nur nach Bukarest, sondern auch in andere Regionen, wo Deutsche leben oder wo verschiedene Veranstaltungen stattfinden. Im Interview spricht er über Temeswar als Kulturhauptstadt 2021.
2021 wird Temeswar Europäische Kulturhauptstadt sein. Welche Chancen sehen Sie für die Stadt, sich dadurch weiter zu entwickeln?
Eine Kulturhauptstadt bietet besondere Chancen für die Stadt in dem Sinn, dass die Stadt bekannter wird, die Infrastruktur erneuert, Kulturstätten saniert und das gesamte Stadtbild zum Guten verändert wird. Wenn man eine gute PR-Kampagne macht, wird die Stadt überall bekannt. Temeswar könnte sich auch bemühen, die Fassade der Lenau-Schule zu renovieren, weil die Lenauschule zu den Aushängeschildern gehört Unter normalen Umständen, würde die Regierung Temeswar in dem Projekt Kulturhauptstadt unterstützen.
Bereitet man sich auch im Parlament in Bukarest auf das Kulturhauptstadtjahr vor?
Nein, das Parlament in Bukarest hat nichts damit zu tun. Es wird im Haushalt 2021 Geld für das Projekt vorsehen. Es werden Kulturprojekte finanziert, wenn die Regierung damit einverstanden ist.
Wie können Sie Temeswar bei dieser Aufgabe unterstützen?
Ich habe es inzwischen getan. Ich habe meinen alten Freund, Radu Gabrea, der leider verstorben ist, überzeugt, sein Film-Festival von Mediasch nach Temesar zu bringen. Temeswar hatte im Bereich Filmkunst wenig zu bieten. Es fanden bisher zwei Auflagen des Film-Festivals statt. Ich habe mich mit Vertretern der Politik in Deutschland unterhalten und dafür plädiert, dass sich deutsche Kulturinstitutionen in Temeswar präsentieren können. Ich habe auch der deutschen Bundeskulturministerin, Monika Grütters, noch einmal die Möglichkeiten dargestellt, die es in Temeswar gibt. Ich habe mit Vertretern der Konrad-Adenaur-Stiftung darüber gesprochen, inwiefern sie eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Neusatz/Novi Sad und Temeswar mitgestalten können. Andere Vertreter wurden auch eingeladen, nach Temeswar zu kommen. Ich werde den Vorschlag machen, dass 2021 die Gemischte Deutsch-Rumänische Regierungskomission in Temeswar tagen soll.
Was können wir als Bürger Temeswars unternehmen?
Jeder Bürger kann dafür sorgen, dass sein Haus gut aussieht oder dass die Straße, wo er wohnt, sauber ist. Es sollte auch mehr Freiwillige geben. Man kann Vorschläge formulieren, was man in Temeswar verbessern kann und wie das geschehen soll.
Was kann Temeswar tun, um eine „grünere” Stadt zu werden?
Temeswar ist in Vergleich zu anderen Städten eine grüne Stadt, aber man könnte auch mehr tun. Ich glaube, dass es besser wäre, wenn man rund um Temeswar Waldgürtel anlegt, damit der Staub nicht so leicht in die Stadt gelangt. Die Spielplätze sollten auch gepflegt werden. Man sollte besser das Müll-Management organisieren. Die Bürger könnten dafür sorgen, dass die Blumenbeete besser erhalten bleiben.
Als Schülerin, die jeden Tag mit der Straßenbahn zur Schule fährt, sehe ich viele Plakate, die mich vor den Taschendieben warnen. Dagegen fühle ich mich jedoch nicht geschützt. Glauben Sie, dass die Gefahr bis 2021 gebannt werden kann oder ein Problem für Besucher sein könnte?
Es bleibt ein Problem für die Besucher, wenn sich die Lokalpolizei nicht einsetzt, um dieses Phänomän zu bekämpfen. Die Plakate sind nett, weil du darauf aufmerksam gemacht wirst. Aber es sollte mehr Schutz für die Bürger geben. Wenn die Polizei weiterhin nichts dagegen tut, wird es auch 2021 ein großes Problem geben. Die Touristen, die Temeswar besuchen, werden ein großer „Magnet” für die Taschendiebe sein. Die Sicherheitsbehörden müssen sich darauf gut vorbereiten.
Temeswar hat einige Museen, die Gestaltung ihrer Inhalte ist besonders für Schüler aber selten wirklich interessant. Wie sehen Sie das?
Im allgemeinen wird nicht viel investiert. Das heißt, es sind weiterhin diese langweiligen Museen, die dich nicht ansprechen und nicht interessieren. Vor allem als junge Menschen nicht. Es müssen moderne Ausstellungskonzepte geboten werden. Hermannstadt hat es verstanden und investiert einen Haufen Geld jedes Jahr in Kultur, weil man dort weiß, dass diese Kultur auch Geld einbringen wird. Daraus müsste auch Temeswar lernen. Diese Leute, die in den Museen arbeiten, sind bemüht, etwas zu machen, wahrscheinlich sind sie auch gute Fachleute, aber ohne Geld funktioniert nichts. Es muss investiert werden. Es hat mich auch sehr empört, wie die Stadt einen der besten Kulturmanager Rumäniens, Lucian Vărșăndan, - lange Jahre Intendant des DSTT – behandelt hat. Seitdem geht das Theater den Bach hinunter und die Wiedereinsetzung von Lucian Vărșăndan würde die Lösung des Problems darstellen.
Aus welchen Erfahrungen von Hermanstadt als Europäische Kulturhauptstadt 2007 kann Temeswar lernen?
Aus dem gesamten Programm. Angefangen mit dem Management der gesamten Stadt. Klaus Johannis als Bürgermeister und sein Team könnten ein Vorbild für viele Städte Rumäniens, mit Sicherheit auch für Temeswar sein. Ich bin sehr unzufrieden, wie zur Zeit die Stadt verwaltet wird. Unser Bürgermeister könnte einiges von Klaus Johannis lernen. Auch das Management der ganzen Kulturveranstaltungen verlief in Hermanstadt reibunglsos. Die Leute waren sehr zufrieden. Es gab keinen Streit, keinen Zirkus wie in Temeswar, wo sich verschiedene Gruppierungen bekämpfen, wer, was für Projekte einbringen leiten kann. Es gab keine Eitelkeiten dieser Art.
Welche Botschaft haben Sie für Temeswar?
Für die Temswarer: Macht euch an die Arbeit, lasst den Streit, seid solidarisch! Gemeinsam könnten wir das Projekt sehr gut meistern!
Und den potenziellen Gästen sage ich: Herzlich Willkommen in Temeswar.