„Traditionen aus der Nachbarschaft“

13. Ausgabe der Kulturwoche Haferland hatte über 8000 Besucher

Die siebenbürgisch-sächsischen Volkstänze sind eine der Hauptattraktionen des Festivals. Foto: Kulturwoche Haferland

Am ersten Augustwochenende war im Gebiet der Dörfer zwischen Hermannstadt/Sibiu, Kronstadt/Brașov und Schäßburg/Sighișoara kaum noch eine Unterkunft frei. In Deutsch-Weißkirch/Viscri, Deutsch-Kreuz/Criț und Meschendorf/Meșendorf waren alle  Pensionen ausgebucht, in Keisd/Saschiz beispielsweise hatte man noch Chancen ein Zimmer zu bekommen, allerdings nur, weil Touristen kurzfristig absagen mussten.

So ist es in den letzten Jahren immer während des Festivals „Kulturwoche Haferland“. Einheimische und Touristen aus In- und Ausland, davon Hunderte von Sachsen, die in Deutschland leben und im Sommer ihre Heimat besuchen, versammeln sich im Haferland, um gemeinsam mit der ländlichen Kultur der Siebenbürger Sachsen in Berührung zu kommen. Heuer waren es mehr als 8000 Teilnehmer bei rund 50 Veranstaltungen in Arkeden/Archita, Bodendorf/Bune{ti, Deutsch-Kreuz, Deutsch-Weißkirch, Hamruden/Homorod, Keisd, Klosdorf/Cloa{terf, Meschendorf, Radeln/Roadeș und Reps/Rupea.

Vom 31. Juli zum 3. August erfreuten sie sich an der Schönheit der Trachten, an traditionellen Tänzen und Blasmusik und an Orgel- und Jazzkonzerten. Konferenzen, Führungen und Theater- wie Filmvorführungen und zahlreiche Workshops vervollständigten das Programm, das für alle Alterskategorien gedacht war.

Höhepunkte der diesjährigen Ausgabe waren der Urzelnlauf aus Agnetheln/Agnita, die Wanderung und das kulturelle Picknick in der Festung Keisd sowie der traditionelle sächsische Ball und die Jazzkonzerte.

Die Teilnahme an den Events der M&V Schmidt Stiftung in Zusammenarbeit mit der Tabaluga- und Peter-Maffay-Stiftung war erneut kostenfrei.
Die Festspiele sind ein wesentlicher Beitrag zur Sensibilisierung für die Bedeutung des materiellen und immateriellen Erbes der sächsischen Gemeinden im Haferland, die hier seit mehr als acht Jahrhunderten leben.

Die erfolgreichste Ausgabe

Das diesjährige Festival stand unter der hohen Schirmherrschaft des Präsidenten des rumänischen Senats, Mircea Abrudean und unter der Schirmherrschaft von Thorsten Frei, Chef des Bundeskanzleramtes und Minister für besondere Aufgaben in der deutschen Bundesregierung.

„Der stetige Zustrom von Touristen hat zur Entwicklung der touristischen Infrastruktur in der Region geführt, in der ständig in Pensionen, Cafés und Teestuben, Geschäfte mit handgefertigten Produkten und traditionellen Lebensmitteln investiert wird. Mit der Kulturwoche Haferland haben wir den Grundstein für eine Erfolgsgeschichte gelegt, zu der wir als Organisatoren, aber auch die lokale Gemeinschaft und die Behörden beitragen“, erklärte Michael Schmidt, Vorsitzender der M&V Schmidt Stiftung über die Ausgabe, die bislang die höchste Teilnehmerzahl hatte.

Die Veranstaltungen tragen zur touristischen, wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der Region bei, unterstützen lokale Initiativen in den Bereichen Kulturtourismus, sowie Öko- und Abenteuertourismus.

Für die Bewahrung der sächsischen kulturellen Identität erhielten die Organisatoren von der deutschen Bundesregierung eine Auszeichnung mit dem Bundeswappen, die durch Bernd Fabritius, Beauftragter der Bundesregierung Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, überreicht wurde.

Die Nachbarschaften im sächsischen Dorf als Inspiration für die Organisatoren

Das Thema der diesjährigen Kulturwoche Haferland „Traditionen aus der Nachbarschaft“ kommt von der Art und Weise, wie die Gemeinschaften hier früher funktionierten. Die Leute lebten in gegenseitigem Verständnis und halfen einander beim Bauen, Ernten, beim Organisieren von Hochzeiten.

„Wenn wir über Nachbarschaft als Hauptthema dieser Ausgabe der Kulturwoche Haferland sprechen, müssen wir auch über die erweiterte Nachbarschaft sprechen, die uns nicht nur mit unseren nächsten Nachbarn verbindet, sondern auch mit denen, die nicht mehr hier sind, wie die aus Rumänien ausgewanderten Sachsen. Uns, den Generationen eines Europas ohne Grenzen, bleibt daher die Aufgabe, Brücken zwischen diesen Gemeinschaften zu bauen – und wo nötig wiederherzustellen –, auch durch Initiativen wie die Kulturwoche Haferland, diese Operation der Wiederentdeckung der Vergangenheit, die mit einem Blick in die Zukunft blickt“, erklärte Emil Hurezeanu, ehemaliger Außenminister Rumäniens, ehemaliger Botschafter in Deutschland und Österreich und Mitinitiator der Veranstaltung.

Deutscher Unterricht im Fokus des Rumänisch-Deutschen Forums für Bilaterale Kooperation

Wie jedes Jahr war das Festival auch Schauplatz der jährlichen Sitzung des Rumänisch-Deutschen Forums für Bilaterale Kooperation. Seine Aufgabe ist es, den wirtschaftlichen und kulturellen Dialog zwischen den beiden Staaten aufrechtzuerhalten.

An der Sitzung nahmen neben Michael Schmidt und Emil Hurezeanu unter anderem auch Mircea Abrudean teil, wie auch Ulla Krauss-Nussbaumer, die österreichische Botschafterin in Bukarest, Adriana St²nescu, Rumäniens Botschafterin in Deutschland und Lior Ben Dor, der israelische Botschafter in Bukarest, sowie Dan Mihalache, Botschafter in Zypern und der Botschafter Rumäniens beim Heiligen Stuhl, Gabriel Bologan.

Anwesend waren außerdem Siegfried Mure{an, stellvertretender Vorsitzender der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, Luca Niculescu, Staatssekretär im Außenministerium und Koordinator des Beitrittsprozesses Rumäniens zur OECD, sowie Bernd Fabritius.

Thema der diesjährigen Tagung war die Situation des Deutschunterrichts in Rumänien.

Aus den Gesprächen der Teilnehmer ging hervor, dass in Rumänien trotz steigender Nachfrage nach Unterricht in deutscher Sprache ein chronischer Mangel an muttersprachlichen Lehrkräften an deutschen Schulen besteht.

In diesem Zusammenhang wies Krauss-Nussbaumer auf die Möglichkeit einer Finanzierung durch das europäische Programm Erasmus für akademische Mobilität hin. Bernd Fabritius erinnerte außerdem an ein von der deutschen Bundesregierung finanziertes Programm mit einem Jahresbudget von rund 1,2 Millionen Euro für die rund 950 Deutschlehrer in Rumänien. Die Summen wurden allerdings gekürzt und sollten, seines Erachtens, erhöht werden.
Laut Adriana St²nescu besuchen derzeit etwa 23.000 Schüler in Rumänien deutschsprachige Schulen, bei einer Gesamtbevölkerung von etwa 25.000 ethnischen Deutschen. Damit beträgt der Anteil der ethnischen Rumänen, die diese Schulen besuchen, etwa 80 bis 90 Prozent, auch in alten sächsischen Gemeinden wie Schäßburg/Sighi{oara, so der Bürgermeister der Gemeinde, Ioan-Iulian Sîrbu.

Weitere Beiträge verwiesen auf lokale Initiativen, wie etwa die duale Ausbildung in Deutschland – ein echter Motor der deutschen Wirtschaft. Werner Braun, Präsident des Wirtschaftsclubs Kronstadt, sprach über die Deutsche Berufsschule Kronstadt, die den Absolventen eine Beschäftigungsquote von 97 Prozent sichert.

Die 13. Ausgabe der Kulturwoche Haferland wurde vom Kulturministerium Rumäniens finanziert und vom Kreisrat Kronstadt in Zusammenarbeit mit Sponsoren kofinanziert.