„2006 gab es in Tirana ein Fußballturnier, doch als die Fußballer aus mehreren Ländern angereist sind hat man festgestellt, dass es nicht genügend Hotels gibt, um sie zu beherbergen. Doch die Bewohner von Tirana, die für ihre Gastfreundlichkeit bekannt sind, haben sich angeboten, die Sportler in ihren Wohnungen unterzubringen. Später haben die Fußballer allen Freunden und Bekannten von der Schönheit Albaniens berichtet. Dann kamen die ersten Touristen. Und neue Hotels wurden gebaut“.
Auf dem Weg zum Gamti-Berg erzählt Gjenc, unser Reiseleiter, von den Anfängen des Tourismus in Albanien. Wir haben eine Tagestour gebucht, die aus Tirana nach Gamti, danach zum Bovilla-See und zur historischen Gebirgsstadt Kruje führen wird. Seit dem Besuch der ausländischen Fußballer sind 18 Jahre vergangen, heute blüht der Tourismus und wir sind vom einst ärmsten Land Europas begeistert: imposante Berge befinden sich nicht weit entfernt von erstaunlichen Küstenlandschaften, die Hauptstadt Tirana hat eine faszinierende Geschichte, die Preise sind niedriger als in anderen Ländern Europas und das Essen ist köstlich. Hier kann man auf Berge steigen, in Skybars Cocktails schlürfen, am Strand liegen, auf einem Bazar traditionelle Kleidung kaufen, mit der Fähre in 30 Minuten Griechenland erreichen, den Sonnenuntergang neben einem Wasserfall genießen, auf der längsten Gleitseilbahn des Balkans den Adrenalin-Kick spüren, eine Rafting-Fahrt auf dem Vjosa-Fluss unternehmen, moderne Kunst in ehemaligen Bunkern bewundern und in eine Strandbar gehen, wo ausschließlich Elvis Presley gespielt wird – alles liegt so nahe beieinander, dass man diese Dinge während eines einzigen Urlaubs erleben kann. Albanien ist Europas bekanntester Geheimtipp. Das haben auch die Fluggesellschaften eingesehen und ab diesem Jahr bieten sowohl RyanAir als auch WizzAir Direktflüge aus Bukarest nach Tirana an.
Nach ein paar Tagen in Albanien hat man so viel unternommen, dass es eigentlich für drei Urlaube reichen würde. Und trotzdem bleiben viele Orte zu erkunden. Der Monat Mai soll laut Gjenc der schönste sein, um das Land zu besuchen. Dann kann man gut in den Bergen wandern und mit etwas Glück auch im Meer schwimmen. Was tut man also, wenn man aus Albanien zurückkehrt? Man kauft Flugtickets nach Albanien. Hier nur einige Highlights aus dem faszinierenden Land der Adler.
Die Bunker und das Blätterhaus
Tirana liegt mit seinen etwa 550.000 Einwohnern zwischen den Stränden der Adriaküste und den Wan-derwegen der sogenannten „Verwunschenen Berge“, einem Teil des westlichen Balkans, der sich Richtung Kosovo zieht. An der Stadt fasziniert die wilde Mischung aus sozialistischem Erbe, alten Balkantraditionen und urbanem Lifestyle.
Auf dem Hauptplatz weht eine riesige rote Flagge, die einen schwarzen, zweiköpfigen Adler zeigt – das Symbol des albanischen Volkes. Gleich daneben befindet sich das Operngebäude. Jeden Abend um 18 Uhr trifft sich auf seinen Treppen eine Gruppe Touristen aus der ganzen Welt. Von hier starten die sogenannten „Free Walking Tours“ durch die Stadt. Sie werden von einem lokalen Reiseführer geleitet und jeder Teilnehmer kann am Ende eine Spende machen. Wer zum ersten Mal in Tirana ist, sollte unbedingt eine Tour buchen – man bekommt eine Übersicht der Stadt, viele nützliche Tipps und erfährt interessante Fakten über die wechselhafte Geschichte des Landes.
Nach seiner Machtübernahme während des Zweiten Weltkriegs riegelte der kommunistische Diktator Enver Hoxha das Land vier Jahrzehnte lang ab und verbot das Reisen. 500.000 Betonbunker entstanden in dieser Zeit im ganzen Land - mitten im Gebirge, an weitläufigen Stränden oder inmitten von Ortschaften. Bis heute sind viele erhalten geblieben und manche – wie BunkArt 1 und BunkArt 2, die sich in der Hauptstadt befinden – wurden in Museen verwandelt.
Einen interessanten Einblick in die kommunistische Vergangenheit Albaniens, besonders für rumänische Touristen, bietet auch das „Blätterhaus“. Von außen sieht es wie eine bürgerliche Villa mit roten Ziegelmauern aus. Doch in Wirklichkeit verbarg sich hier die Überwachungszentrale der albanischen Geheimpolizei „Sigurimi“. Vier Jahrzehnte wurden von hier aus die Telefonanschlüsse der Bevölkerung kontrolliert. In dem zweistöckigen Haus befanden sich aber noch weitere technische Einheiten der Sigurimi, darunter ein Fotolabor, in dem Überwachungsfotos entwickelt wurden. 2017 wurde das einstige Haus der Geheimpolizei in ein Museum umgewandelt.
Vom Dajti-Berg sieht man bis zum Mittelmeer
Möchte man der Stadt entfliehen, wartet der 1613 Meter hohe Dajti, der Hausberg Tiranas, knapp eine halbe Stunde Busfahrt entfernt vom Zentrum. Mit der Seilbahn Dajti Ekspres ist man gleich auf dem Gipfel. Von oben lässt sich gut erkennen, wie sich Albaniens Hauptstadt heute in der Ebene ausbreitet. Und bei guter Sicht sieht man sogar bis zum Mittelmeer. Der Berg liegt im gleichnamigen Nationalpark. Auch wandern kann man hier großartig. Für Adrenalin-Junkies steht ein ganzer Abenteuerpark zur Verfügung. Die größte Attraktion ist die längste Gleitseilbahn des Balkans. Wer sich traut, fliegt über die Bäume hinweg und bleibt mit einer unvergesslichen Erinnerung zurück.
Für schöne Aussichten gibt es in der Stadt eine Reihe von Skybars. Die vielleicht spektakulärste von ihnen befindet sich im 16. Stock des Sky-Towers. Sie bietet einen Panorama-Ausblick auf die ganze Stadt. Doch die schönste Atmosphäre erwartet die Gäste im quirligen Stadtteil Blokku: in der Bar „Radio“ teilt sich eine ansehnliche Auswahl an Whiskyflaschen den Platz mit antiken Radios. Live-Musik und DJs gibt es oft und die Cocktails sind ausgezeichnet. Eben-falls schön ist es im Komiteti Kafe-Muzeum, das wie ein albanisches Wohnzimmer aus den 70er Jahren aussieht und wo auf den Tischen rote Telefone mit Drehscheiben und alte Nähmaschinen stehen.
Wissenswertes
Wizz Air und Ryan Air fliegen von Bukarest nach Tirana, Hin- und Rückflug ab 50 Euro
Wohntipp: Das Hotel Niche Boutique ist etwa 25 Gehminuten vom Zentrum entfernt, doch es lohnt sich, dort zu wohnen. Die Besitzer sind Kunstliebhaber und in allen Zimmern liegen Fotoalben. Direkt neben dem Hotel findet man in der „Bar Angel“ den sprechende Papagei Grey. Kosten: 60 Euro pro Nacht/Doppelzimmer
Für einen ersten Überblick kann man in den 35 Meter hohen Glockenturm Tiranas steigen. Er steht unübersehbar am Rande des Skanderbeg Platzes mitten in der Stadt.
Noch mehr interessante Fakten
Es leben mehr Albaner außerhalb als innerhalb Albaniens.
Um böse Geister abzuwehren, hängt die Landbevölkerung Stofftiere und andere Gegenstände an Gebäude und Häuser. Diese „Dordolecs“ werden angebracht, um Eigentum zu schützen. Die jahrhundertealte Tradition des Dordolec, die während des Kommunismus fast ausgerottet wurde, lebt seit Anfang der 1990er Jahre wieder auf.
Unbedingt probieren sollte man Spezialitäten wie Tave Kosi (in Joghurt gebackenes Lamm) oder Fergese (Gemüseauflauf mit Käse).
Xjubleta, eine traditionelle albanische Kleidung, wurde als geistiges oder immaterielles Erbe in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen. Das glockenförmige Kleid ist im oberen Teil mit Silber bestickt, kann bis zu 15 Kilogramm wiegen und wird von Generation zu Generation weitergereicht. Auch auf dem Markt in Kruje kann man es kaufen – für umgerechnet 15.000 Euro.
Die Kleinstadt Fushe Kruje ist eigentlich nur ein Durchfahrts-Ort auf dem Weg in die historische Stadt Kruje, die mit ihrem großen Bazar und ihrem steinernen Schloss ein beliebtes Ausflugsziel darstellt. Doch Fushe Kruje schaffte es, Schlagzeilen in der ausländischen Presse zu machen. Es passierte, als George W. Bush die Stadt im Jahr 2007 besuchte und von der Bevölkerung mit Enthusiasmus empfangen wurde. Was genau er dort gesucht hat, weiß man nicht. Doch sein Besuch blieb nicht ohne Folgen. Heute schmückt eine Statue von Bush das kleine Stadtzentrum. Zwei Bäckereien, ein Cafe und sogar eine Autowaschanlage sind nach dem 43. US-Präsident benannt.