Seit dem Rücktritt des Bürgermeisters Klaus Johannis vor dem Beginn seiner Kandidatur für das höchste Amt im Staat 2014 leitet Astrid Fodor, die vormalige Vizebürgermeisterin und die amtierende Interims-Bürgermeisterin, die Geschicke der Stadt Hermannstadt/Sibiu. Viele Projekte ihres Vorgängers hat sie erfolgreich fortgesetzt und abgeschlossen, aber auch etliche eigene Projekte ins Rollen gebracht. Sie überschaut und koordiniert die verschiedensten Maßnahmen, von den weitläufigen Straßenarbeiten, die in beinahe ganz Hermannstadt durchgeführt werden bis hin zur Einrichtung von Sport- und Freizeitanlagen, vertritt die Stadt nach außen hin und strahlt ein allgemeines Bild der Energie und Entschlossenheit aus. Als die erste Bürgermeisterin der Stadt Hermannstadt könnte Astrid Fodor nun Anfang Juni Geschichte schreiben. In einem Interview verriet sie dem ADZ-Redakteur Vlad Popa einige Hintergründe ihrer Kandidatur und die Projekte, für die sie sich zurzeit und zukünftig einsetzt.
Sie waren seit 2004 Stadträtin und seit 2008 Vizebürgermeisterin, bevor Sie 2014 das Amt der interimistischen Bürgermeisterin übernahmen. Warum stiegen Sie in die Lokalpolitik in Hermannstadt ein?
Der Einstieg in die Lokalpolitik war nicht eine über Nacht gefällte Entscheidung, sondern es war ein Weg, den ich Stufe um Stufe beschritten habe, seit ich 2002 in den Vorstand des Hermannstädter Forums gewählt worden bin. Mitglied des Deutschen Forums bin ich seit 1990, hatte mich zunächst in seine Arbeit aber wenig eingebracht, ich stand der Hermannstädter und der rumäniendeutschen – und da besonders der evangelischen – Gemeinschaft als Mitarbeiterin im Landeskonsistorium der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien sehr nahe. Als solche wurde ich im Jahre 2004 auf die Kandidatenliste des Hermannstädter Forums für den Stadtrat gesetzt und gehörte zu den gewählten Vertretern.
Als Stadträtin stand ich vor neuen Herausforderungen, die mir jedoch nicht fremd waren, da ich Wirtschaft und Verwaltungswissenschaften studiert hatte. Es ergaben sich für mich keine Schwierigkeiten, im Gegenteil, ich konnte bei den Beschlussfassungen in den Kommissionssitzungen meinen aktiven Beitrag leisten. Ich war fasziniert von all dem, was in Hermannstadt unter der Leitung von Klaus Johannis geschah, und habe meine Aufgabe als Stadträtin sehr ernst genommen. Das hat höchstwahrscheinlich auch Oberbürgermeister Klaus Johannis festgestellt und mich im Jahre 2008 dem Stadtrat als Kandidatin für die Wahl zur Vizebürgermeisterin vorgeschlagen. Für mich war das eine große Ehre und ich war von der Aussicht, an der Seite von Klaus Johannis direkt an der Weiterentwicklung Hermannstadts mitwirken zu können, begeistert.
Da Sie die ehemalige Mitarbeiterin und Nachfolgerin von Klaus Johannis sind, geben Ihnen viele Hermannstädter gute Chancen, am 5. Juni zur Bürgermeisterin gewählt zu werden. Wirkt sich diese Tatsache auf ihren Wahlkampf aus?
Oberflächlich betrachtet, scheint die Tatsache, dass ich Mitarbeiterin von Klaus Johannis war und nun Interimsbürgermeisterin bin, ein Vorteil zu sein. Man verliert dabei jedoch die damit verbundenen Nachteile aus den Augen: Erstens sind die Erwartungen an mich viel höher als an die anderen Kandidaten. Zweitens bin ich allen möglichen Angriffen stärker als sie ausgesetzt. Jedes Loch im Gehsteig, jede hingeworfene Plastikflasche, alle nur möglichen unwesentlichen Kleinigkeiten werden von den Gegenkandidaten als Argument im Wahlkampf gegen mich verwendet. Drittens konzentrieren sich alle Kandidaten mit ihren Angriffen auf den Kandidaten mit den meisten Chancen. Um nur ein Beispiel zu nennen: Zwei Tage nachdem wir unsere Wahlplakate angebracht haben, wurden die Plakate, auf denen ich drauf war, nachts alle abgerissen. Viertens kann und will ich meine Aufgabe als Bürgermeisterin in dieser Zeitspanne nicht vernachlässigen, bin vom frühen Morgen bis zum späten Nachmittag im Dienst und kann nur nachher Wahlkampagne betreiben oder mich mit den Wählern treffen. Meine wichtigsten Gegenkandidaten haben schon seit Monaten keinen Dienst mehr, verteilen Kalender, Flyer und Versprechungen. Diese Liste könnte weitergeführt werden.
Welche Stärken sprechen für Sie im Vergleich mit den Gegenkandidaten?
Erstens betrachte ich mich – und viele Hermannstädter tun es ebenfalls – als Garantie dafür, dass in Hermannstadt die im Jahre 2000 unter Klaus Johannis und dem DFDR eingeschlagene Richtung hinsichtlich einer dauerhaften und vielseitigen Entwicklung der Stadt weitergeführt wird. Zweitens bin ich der einzige Kandidat, der Erfahrung in der Verwaltung einer Stadt aufweisen kann. Als einzige der Kandidaten habe ich ein klares, kohärentes, für alle verständliches und realisierbares Wahlprogramm. Drittens – und dies ist am wichtigsten – gilt mein Bemühen allein dem Wohlergehen der Hermannstädter und der Stadt, ich vertrete also nicht die Interessen bestimmter Personen oder Gruppen, die hinter mir stehen.
Răzvan Pop kandidiert seitens der PNL für das Amt des Bürgermeisters, wobei es eher unwahrscheinlich ist, dass er gewinnt. Wäre er als Nachfolger des aktuellen Vizebürgermeisters denkbar oder will das Forum beide Vizebürgermeisterstellen besetzen?
Auf diese Frage zu antworten ist verfrüht. Warten wir das Ergebnis der Wahlen ab. Entscheidend für das Besetzen der Vizebürgermeister-Posten wird die Anzahl der Sitze sein, die das Deutsche Forum im Stadtrat erzielen wird. Meiner Meinung nach sollte ein Vizebürgermeister von einer anderen Partei gestellt werden, selbst wenn das Deutsche Forum den Bürgermeister und die Mehrheit im Stadtrat beibehalten wird.
Welche sind die wichtigsten Projekte, die Sie nach der Wahl zur Bürgermeisterin angehen wollen?
Sollte ich zur Bürgermeisterin gewählt werden, möchte ich die Bemühungen parallel in mehrere Richtungen fortsetzen. Fortgesetzt werden müssen die Arbeiten an der Straßeninfrastruktur, und zwar sowohl was das Asphaltieren von Erdstraßen angeht, als auch das Herrichten der Straßen und Alleen in den Wohnvierteln. Ebenfalls fortgeführt werden müssen die vielfältigen Arbeiten im Bereich der Bildungsinfrastruktur, wo es gilt, weitere Schulgebäude auszubauen und zu modernisieren, um den Nachmittagsunterricht möglichst auszuschalten. Weiterhin benötigt werden Plätze in Kinderkrippen und Kindergärten, d. h. es müssen weitere gebaut und eingerichtet werden. Ein neues Vorhaben, das ich unbedingt angehen möchte, ist der Freizeitpark mit Schwimmbecken und Sportplätzen für mehrere Sportarten, darunter neben Basket- und Volleyball auch ein Platz für Minigolf und ein Skatepark. Eine weiteres Projekt voller Herausforderungen, für das EU-Mittel beantragt werden sollen, ist das Herrichten der Ufer des Zibins, sodass sich das Gebiet für die Freizeit und zur Naherholung eignet.
Das Bürgermeisteramt hat am 13. Mai eine Ladestation für Elektrofahrzeuge eingeweiht. Was folgt in Ihren Bestrebungen für einen grünen (öffentlichen) Verkehr?
Elektrofahrzeuge sollen auch im öffentlichen Nahverkehr eingesetzt werden. Geplant ist, aus EU-Fonds mehrere elektrisch betriebene Busse, zusammen mit dem Unternehmen für Personen-Nahverkehr Tursib, anzukaufen.
Was macht die Bürgermeisterin Astrid Fodor zur Entspannung und wie verträgt sich der Beruf mit dem Familienleben?
Im Moment habe ich kaum Zeit zur Entspannung. Dennoch schaffe ich es ab und zu, ein gutes Buch zu lesen, mir einen interessanten Film anzusehen, mich mit meinen Söhnen oder Personen aus meinem Freundeskreis zu treffen oder auszugehen.