„Was mache die Schwowe, wanns reent?“

Banater Sprichwörter und Redensarten

In Tschene: „Griene Zwiwle, Brinza, Speck…“ Blick auf ein traditionelles Haus im Ort. Foto: Zoltán Pázmány

Der Mundartsprecher, so auch der Banater Schwabe, gebraucht gerne vorgeprägte Formen, die inhaltlich treffend ausdrücken, was er selbst nicht besser formulieren kann. Es wäre aber verfehlt, daraus auf eine angeborene Denkfaulheit oder auf sprachliches Unvermögen der Sprecher zu schlussfolgern….In den Sprichwörtern und sprichwörtlichen Redensarten hat das Volk den späteren Generationen seine jahrhundertealte Lebenserfahrung, seine Denkweise und seinen gesunden –wenn auch derben –Humor überliefert.

An der sicheren Handhabung des sprachlichen Sprichwortgutes lässt sich die Intensität der Gemeinschaftsbindung ablesen. Vertreter der älteren Generation gebrauchen die lehrhaften Merksätze häufiger in ihrer Rede als die jüngeren Sprecher. Manchmal beruft sich der Mundartsprecher auf eine erfahrene Autorität:  wie z.B. „Die alt Bäckersch Bäsl hat immer gsaat: Wann die Paradeis zeidich is, patscht se uf“ Da ist also noch eine einleitende bzw. abschließende Formel. Der Gebrauch eines Sprichworts ist stets an eine gewisse Sprechsituation gebunden: Auf der Straße begegnen einander zwei ältere Frauen, die auf die Enkel zu sprechen kommen…Auf die Klage der ersten Frau kommt die Antwort: „Kleeni Kiner, kleeni Sorche; großi Kiner, großi Sorche, un bei eich is des jetz so“…

Das Sprichwort ist ein festgeprägter Satz, die sprichwörtliche Redensart dagegen weist keine feste Prägung auf, ist also der Form nach kein abgeschlossener Satz.

Sprichwort und Redensart der Banater Schwaben gehen ihrer Herkunft nach auf eine ältere Schicht der westmitteldeutschen Mundarten zurück. Der größte Teil, der noch heute geläufigen festen Prägungen stellt Erbgut dar. Bloß ein sehr kleiner Prozentsatz ist im Banat entstanden. Ein beträchtlicher Teil, des Erbguts wurde von den Banater Schwaben aber umgestaltet. Wir untersuchen Sprichwörter und sprichwörtliche Redensarten, in deren Wortlaut ein Banater Ortsname gebraucht wird, die Wörter Banat, Heed (Heide) und Schwob (Schwabe) vorkommen…

 

Die Arbeit im Banater Sprichwort

Die aus den Banater Ortschaften überlieferten Redensarten bringen die Liebe zur Heimaterde, den Fleiß und den Arbeitswillen, den Stolz auf die erzielten Erfolge zum Ausdruck….

Der Bauer und seine Familie bearbeiteten den Boden mit Anspannung aller Kräfte. Deshalb hat der Bauer für Faulenzer und Taugenichtse nur Verachtung übrig.

Das Sprichwort sagt: „Vum Faulenze kann mer aa im Banat nix han.“

Das Urteil der Lieblinger ist wohlmitleidlos aber gerecht: „Wer verhungert im Banat, for den is ke Schad“

Interessant die Sprichwörter und Redensarten über die Banater Heide, das ausgedehnte Flachland im Westen, und die Banater Hecke, das leicht wellige Hügelland. Die beiden stehen nicht nur in landschaftlichem Gegensatz, Boden und Umwelt formten auch verschiedene Menschentypen. Schwerfälliger, herber, verschlossener ist der Bewohner der Hecke, der Bewohner der Heide lauter, wendiger, heiterer. So gelten den Leuten von der Hecke die Banater Schwaben von der Heide als vorlaut, protzig, prahlerisch, leichtsinnig und besonders neunmalklug. Die Schwaben von der Hecke behaupten also:

„Vun der Heed kummt ke guder Wind,

noch viel wenicher a gudes Kind.“

Mit dem Schimpfwort „Des is soa Windbeitl vun de Haad“ bezeichnet man in Neubeschenowa   einen unbeständigen, lügnerischen Menschen. Solche und andere verletzende Ortsneckereien  gibt es viele im Banatschwäbischen.

Die Banater Schwaben, von der Heide und von der Hecke, haben ihre Unterschiede sind sich aber auch der gemeinsamen Züge bewusst: „Beim Arweite so wie beim Esse, tut de Schwob sich mit alli messe.“

Die schwere Feldarbeit  benötigt kräftiges Essen: Griene Zwiwle, Brinza (Schafkäse), Speck putzt de Schwob mächtig weg“, heißt es in Tschene.

Die Dorfbewohner lieben und pflegen ihre Mundart, doch man hört es ihnen sogleich an, wenn sie sich der Hochsprache bedienen müssen. Schmunzelnd sagt man dazu “De Schwob schlaat em ins Gnack!“

Der Schwabe, der nicht mundfaul ist, bleibt er auf solche Angriffe nichts schuldig. Auf die vorwitzige Frage:“ Wuhin fahrscht?“ erhält man in Lunga die spitzige Antwort: „In die Stadt, Herrisch lerne!“

Sozialkritik ist dem Denkender Banater Schwaben nicht fremd. Der Emporkömmling, der den Bauernstand verlassen hat, ist ihm widerwärtig.  In Lunga sagt man von einem derartigen Beamten:“Hiet dich vorm Schwob.Wannr e Zillinder ufsetzt kenntr niemand!“ Auch dem Reichen bleibt man nichts schuldig: “Was mache die Schwowe wanns reent? Die reiche zähles Geld, die Arme ihre Kinner!“

Noch etwas aus Alt-Sanktanna gegen die verhasste Magyarisierungspolitik der volksfremden Regierung: „T` Zäh z`samplicke un Eljen schreie, dass se here, dass me Schwowe sein!“

Fortsetzung folgt

(Von Nikolaus Horn, aus „Schwäbisches Volksgut“, Facla Verla Temeswar 1984)