Christus lobt Johannes den Täufer. Warum? Weil er kein Schilfrohr ist, das sich nach dem Wind dreht. Soll heißen: Er beugt sich nicht jeder herrschenden Meinung, kapituliert nicht feige vor den Mächtigen. Johannes ist seiner Überzeugung treu und fürchtet sich selbst vor dem Gefängnis nicht. Auch hier ist er nicht um sein eigenes Schicksal besorgt, sondern nur darum, dass Christus als der, der da kommen soll, anerkannt wird. Wahrlich, Johannes ist eine herrliche Adventsgestalt, von der auch etwas auf uns übergehen muss. Wenn es um die Christusbotschaft geht, dürfen wir keine Schilfrohre sein. So haben sich viele ihn zum Vorbild genommen.
Bischof Basilius lebte um 370 in Cäsaria. Es war eine sturmbewegte Zeit. Der arianische Kaiser Valens (364-378) versuchte, die katholische Kirche auszurotten. Er schreckte vor keiner Gewalttat zurück. Um den Bischof einzuschüchtern, entsandte er den Obersten seiner Leibgarde, Modestus, zu Basilius. Dieser hatte das Todesurteil an 80 Priestern vollzogen. Rücksichtslos herrschte er den Bischof an: „Warum folgst du nicht der Religion deines Kaisers?“ „Weil mein König es mir verbietet“, war die Antwort. „Aber was gilt dir der Kaiser?“, schrie Modestus. Kühl antwortete Basilius: „Bei diesem Befehl nicht mehr als jeder andere Mensch auch.“ Fassungslos über den Freimut des Bischofs drohte Modestus: „Fürchtest du die Strafen nicht, die ich über dich verhängen kann?“ „Welche Strafen?“, fragte der Bischof mit gelassenem Spott.
Der Oberste der Leibgarde trumpfte auf: „Einziehung deines Vermögens, Verbannung, Kerker und Tod!“ Der Bedrohte antwortete unbeeindruckt: „Komm mit anderen Dingen, diese treffen mich nicht. Du willst mein Vermögen? Nimm dieses abgenutzte Kleid und meine Bücher. Mehr besitze ich nicht. Du willst mich verbannen? Überall finde ich meine Heimat und meinen Gott. Und Tod und Marter? Das sind für mich Wohltäter. Sie senden mich zu Gott, für den ich lebe, dem ich diene und nach dem ich mich sehne.“ Modestus war wie betäubt. Tonlos sagte er: „So hat noch niemand mit mir gesprochen.“ „Du bist wohl auch noch nicht auf einen katholischen Bischof gestoßen“, sagte Basilius.
Der Kaiser wagte sich nicht an diesen Bischof und zog ab, Basilius erklärte: „Ich bin wie ein Fels, an dem sich die Wogen des Irrtums brechen, ein Fels, der hinter sich das ganze Ufer schützt.“ Aber in der Meinung, von sich zu stolz gesprochen zu haben, korrigierte er sich sofort. Demütig bekannte er nun: „Ich bin nur ein nutzloser Dünensand, den der Wille des Allmächtigen als Damm dem wilden Rasen des sturmbewegten Ozeans entgegengeworfen hat.“ Wir erkennen sofort seine Geistesverwandtschaft mit Johannes dem Täufer. Dieser „Rufer in der Wüste“ bekannte auch demütig: „Er (Christus) muss wachsen und ich abnehmen.“
Wir dürfen keine Schilfrohre sein, die ihre Glaubensüberzeugung für einen Vorteil preisgeben. Eher sollten wir dem Eichenbaum gleichen. „Schau mich an“, sprach in einer Parabel das Schilfrohr im Teich zur Eiche am Ufer, die gerade schwer mit einem Sturm zu kämpfen hatte. „Ich verliere im Sturm keine Blätter wie du, und während deine Zweige geschüttelt und gebogen werden, bleibe ich in Ruhe. Ich lasse mich vom Winde drehen, wie er will. Ich beuge mich und stehe nachher wieder auf. Mach es wie ich und du wirst es viel leichter haben.“ Denken und sprechen nicht viele von uns so? Die Eiche erwiderte: „Sicher, du hast es im Leben viel leichter als ich. Aber welchen Nutzen bringst du? Die Menschen verwenden dich nicht zum Bau ihrer Häuser und gebrauchen dich auch nicht als Material, um Statuen und Truhen zu schnitzen. Dazu benötigen sie härteren Stoff als dich.“ Gott schnitzt seine Heiligen, die den Himmel bevölkern sollen, nicht aus „Schilfrohrmenschen“, sondern aus „Eichenmenschen“ wie Johannes und Basilius. Die Adventszeit ist dazu da, dass wir uns prüfen, aus welchem Holz wir uns selbst schnitzen. In unserer Glaubensüberzeugung sollten wir zu Eichen heranwachsen.