Tschanader Bischof starb in Budapest den Märtyrertod

Zwei Ortschaften, zwei Jahreszahlen gelten als Meilensteine für das Leben und den Tod des Heiligen Gerhard: Tschanad – 1030, Buda(pest) - 1046

Einzug der Geistlichen am 24. September in die Tschnaader Kirche. Im Bild (v.l.) der Erzbischof von Belgrad, László Kardinal Német, der emeritierte Bischof von Temeswar, Marin Roos und der Diözesanbischof Jósef Csaba Pál. Foto: Zoltán Pázmány

In der Tschanader Kirche weist ein Kreuz auf die Milleniumsfeier zur Gründung der Diözese Tschand im Jahr 2030 hin.

Statue des Heiligen Gerhard vor der Tschanader Kirche

Der Heilige Gerhard auf dem Sankt-Gellert-Berg Fotos: Siegfried Thiel

Hoch oben über Budapest thront die Sankt-Gellert-Statue auf dem gleichnamigen Gellert-Berg. Sträucher und Bäume lassen das Areal verwildert aussehen, als habe sich hier in 1000 Jahren kaum etwas geändert, doch Treppen ermöglichen den Aufstieg zum 130 Meter hohen Berg und bis zur 14 Meter hohen Statue (ohne Sockel). Die Bronzestatue des Heiligen Gerhard, mit einem Kreuz in der erhobenen Rechten und zu ihren Füßen die Darstellung eines bekehrten Heiden, befindet sich am Südhang des Gellert-Berges in der ehemaligen Stadt Buda, von wo aus der Heilige Gerhard, damaliger Bischof von Csanad/ Tschanad, von rebellierenden Heiden am 24. September 1046 getötet wurde. Jährlich wird am Tag des Märtyrertodes des Heiligen Gerhard dieser Tag begangen und am Ort des alten Bischofssitzes in Tschanad wird das Fest der Kirchenweihe abgehalten.

Am Vortag des Hochfestes hatte der Vorsitzende des Demokratischen Forums der Berglanddeutschen Erwin Josef Țigla, eine Reise nach Budapest organisiert, um an den Ort zu gelangen, der die Tragweite des Lebens aber auch des Todes des 1083 heiliggesprochenen Bischofs Gerhard erfassen sollte. „Als Christen schauen wir auf sein Leben und seinen Tod, die sehr viel für die Zukunft der Kirche bedeuteten“, sagte dann – einen Tag später – Laszlo Kardinal Nemet der Banater Zeitung gegenüber. Der Name des Heiligen Gerhard reicht also weit über Tschanad, den ersten Bischofssitz der Region, oder über den Ort seines Todes hinweg. An beiden Orten steht eine Statue, in Budapest – wie erwähnt – das Bronzedenkmal, in Tschanad die Plastik vor der Kirche.   

Die Geschichte um den Heiligen Gerhard geht in das erste Jahrtausend zurück. Er wurde um das Jahr 980 in Venedig geboren, wurde zum Lehrer des ungarischen Königs Stephan und 1030 gründete er in Tschanad die erste Diözese in diesem Landstrich. Damals war es ein einziges Land, heute ist das Gebiet der damaligen Diözese auf drei Länder verteilt und hat folgerichtig drei Bischofssitze: In Temeswar, in Segedin und in Großbetschkerek/ Zrenjanin. In Budapest wird der Todestag des Heiligen Gerhard zwar mit einer Messe begangen, doch legt man da scheinbar keinen besonderen Wett darauf, dass dies auf den Tag genau geschieht. Dafür aber umso mehr in der Kirche der alten Diözese, in Tschanad, wo am 24. September der Weihetag der Kirche akribisch eingehalten wird und ganz egal auf welchen Wochentag er fällt, ein Hochamt im Beisein hoher kirchlicher Würdenträger ist sozusagen Pflicht. Selbst in Zeiten, als der Wiener Hof verordnet hatte, die weltlichen Kirchweihfeste mit Trachtenzügen und Tanzabenden in die Wochen nach der Erntezeit zu verlegen, haben die Tschanader den 24. September auch aus weltlicher Sicht in Ehren gehalten. Immer an einem Wochenende kurz vor oder nach dem 24. September habe man das weltliche Kirchweihfest abgehalten, heißt es auch bei älteren Semestern, die sich auch noch an die Zwischenkriegszeit erinnern. Ein Hochamt mit Straußsegnung hat es dabei immer gegeben, auch wenn im Kommunismus gelegentlich die Marschmusik bis vor die Kirche untersagt war. Allein in den Jahren, als immer mehr Mitglieder der Kirchweihjugend das Lyzeum besuchten, verlegten die Tschanader ihr weltliches Fest auf ein Wochenende in den Sommerferien.

Das Hochfest der Tschanader Kirche war in diesem Jahr gleichzeitig auch die 995-Jahr-Feier seit der Gründung der Diözese Tschanad. Schon jetzt steht ein Kreuz in der Kirche, dass auf das in fünf Jahren sich vollendende Millennium seit Beginn der Christianisierung der Region mit der Gründung der Csanader Diözese begann. Zum Fest hatte das Bistum diesmal den römisch-katholischen Erzbischof von Belgrad, László Kardinal Német, eingeladen, der zusammen mit dem Temeswarer Bischof Jósef Csaba Pál die Messe in einer bis auf den letzten Platz gefüllten Kirche, zelebrierte. Gäste aus Deutschland und Ungarn, dazu die ortsansässigen Christen aller Nationalitäten aus der Gemeinde und Gläubige aus benachbarten Ortschaften waren zugegen. Etwa 50 Priester aus der Diözese waren anwesend. In einem Exklusivinterview mit der Banater Zeitung (das gesamte Interview wird in einer der kommenden Ausgaben veröffentlicht) sagte Kardinal Nemet, „Bischof Gerhard hatte die schwierige Aufgabe angenommen, hier sozusagen in der christlichen Wüste neue Strukturen aufzubauen. Wir wissen, dass er hier schon Christen vorgefunden hat, die aber nahe zum byzantinische Ritus standen“. Mit deren Hilfe und durch deren existierendes Kloster „ist es ihm gelungen, ein Zentrum zu schaffen, wo er auch mit seinen Gefährten leben konnte. Sein ganzes Wirken hat von Anfang an dazu geführt, dass diese Diözese klare Formen angenommen hat“. Dies bedeutete die Gründung von Pfarreien, Kommunikation mit den Menschen, reisen, das Evangelium verkünden. „Sein Märtyrertod war ganz einfach die Konsequenz dieses Wirkens. Für ihn war es wichtig, das Evangelium nicht nur in guten, sondern auch in schlechten Zeiten zu verkünden“, sagte Erzbischof László Nemet weiter.

Zurück zu dem Ort, an dem der 1083 heiliggesprochene Gerhard den Märtyrertod auf dem Sankt-Gellert-Berg starb. Heiden sollen ihn in ein Fass gesteckt haben und den Berg hinab in die Donau geworfen haben. Anderen zufolge soll man ihn, in einer Kutsche sitzend in die Donau gestürzt haben. Das Denkmal an den Heiligen Gerhard steht in Budapest seit 1904 und ist die Freiheitsstatue der ungarischen Hauptstadt, wie unsere Gästeführerin an diesem Tag, Maria Herein Körös, stellv. Vorsitzende des Gerhardswerks in Ungarn sagt. Auch an einem Werktag pilgern Touristen aber auch Bewohner von Budapest bis zum Sockel der Statue und blicken auf die Donau, auf die imposante Friedensbrücke, die der Statue gegenüberliegt. Möglicherweise trägt die Brücke nicht unverhofft ihren Namen, denn Religion sollte für Verständnis und nicht für das Auseinanderdriften und Ideologien stehen. Die Quelle, die sich in einen Hauch von Wasserfall auflöst und ab halber Höhe vom Gellert-Berg hinabfließt erinnert mit ihrem Rauschen an unstete Zeiten und verdeckt schemenhaft die Lücken der Geschichte.