Am 30. August 1839 wurde Eduard Benjamin Gusbeth als ältester überlebender Sohn des „sächsischen“ Schneidermeisters Georg Traugott Gusbeth und der Elisabeth Carolina geb. Dressnandt im Eckhaus Spitalsgasse – Kühmarkt Nr. 479 (heute Spitalsgasse/Postăvarului Nr. 1) geboren. Er besuchte das Honterusgymnasium und bestand im Jahre 1858 die Reifeprüfung (Matura). Anschließend studierte er in Wien Medizin und erwarb dort im Jahre 1864 die Titel Doktor der Medizin, Magister der Geburtshilfe und Doktor der Chirurgie.
Nach einer kurzen Arbeitszeit als Sekundärarzt in Wien kehrte er im Januar 1865 nach Kronstadt zurück und bot schon am 22. März 1865 in der „Kronstädter Zeitung“ seine Dienste als praktischer Arzt an. Seine Ordination befand sich damals Ecke Hirschergasse – Neugasse. Im gleichen Jahre 1865 heiratete er Amalie Helmbold, mit der er fünf Töchter hatte (eine starb sehr früh).
Die Familie übersiedelte 1869 in das Haus Spitalsgasse Nr. 422 an der Ecke mit der Michael-Weiß-Gasse und 1873 in das eigene Haus, heute in der Spitalsgasse Nr. 27, wo er bis zu seinem Tode am 17. April 1921 lebte.
Außer seinem Arztberuf brachte sich Dr. Eduard Gusbeth aktiv in das öffentliche Leben seiner Vaterstadt ein. Nur als Beispiel haben wir das „Adressenbuch der Stadt Kronstadt“ 60. Jahrgang für das Jahr 1898 durchgeblättert – als Gusbeth 59 Jahre alt war. Wir finden ihn in folgenden Funktionen:
1. Mitglied im Verwaltungsausschuss des Kronstädter Komitats, 2. Mitglied im Ständigen Ausschuss des Kronstädter Komitats, 3. Obmann der Sanitätskommission des Kronstädter Komitats,
4. Mitglied in der Appellationskommission für Waisenangelegenheiten, 5. Mitglied der Kronstädter Komitats-Repräsentanz, 6. Virilist des Kronstädter Komitats, 7. Mitglied im Kronstädter sächsischen Gewerbeverein, 8. Vereinsarzt des Ersten allgemeinen Beamtenvereins der österr.- ungarischen Monarchie, 9. Ausschussmitglied im Kronstädter Verschönerungsverein.
Im Verzeichnis des Medinzinal-Personals steht Dr. Gusbeth an vierter Stelle, er ordinierte täglich von 12 bis 14 Uhr in der Spitalsgasse 27. Dann war er (10.) Vorstand der Kronstädter Allgemeinen Sparkasse, der ältesten Bankinstitution Siebenbürgens, (11.) Vereinsarzt bei der Kronstädter Bezirkskrankenkasse und (12.) Mitglied der Größeren Gemeindevertretung der evangelischen Stadtpfarrgemeinde.
Aus früheren Jahrgängen des Adressenbuches erfahren wir, dass Gusbeth auch (13.) Mitglied der Stadtvertretung war (1879) und (14.) zeitweilig auch des evangelischen Presbyteriums war (z. B. 1886 – 1887), dann (15.) Vorstand des Deutschen Kasinos (1887).
Erstmals erscheint er im Adressenbuch von 1866 an letzter (zwölfter) Stelle unter den Ärzten.
Auch publizistisch betätigte sich Dr. Eduard Gusbeth. Sein Werkeverzeichnis umfasst 45 Titel, darunter Artikel in der „Kronstädter Zeitung“ zu aktuellen medizinischen Fragen, später Erinnerungen aus seinem Leben.
Sein erstes großes Werk war der Band „Zur Geschichte der Sanitätsverhältnisse von Kronstadt“, der im Selbstverlag des Verfassers erschien. Er macht darin zuerst Angaben über Lage, Bodenverhältnisse und Klima, dann über die Bevölkerung. Weiter beschreibt er Epidemien, listet das medizinische Personal auf – Ärzte und Apotheker, geht dann zum Trinkwasser und den Badeanstalten über, die Sanitätsinstitutionen – Spital, Siechenhaus, Augenspital u.a., Friedhöfe und schließlich einen ausführlichen Bericht über den Badeort Zajzon/Zizin.
Hier war Gusbeth als einer der jüngsten Kronstädter Ärzte in den Jahren 1865 und 1866 während der Saison Badearzt gewesen.
Hundert Jahre nach dem Erscheinen brachte die KR Nr. 2/1984 eine Würdigung dieses wichtigen Buches von den Bukarester Ärzten Dr. Gheorghe Brătescu und Dr. Klaus Fabritius unter dem Titel „Eine Leistung – noch zu wenig gewürdigt. Ein hundertjähriges medizinhistorisches Werk“.
Im Jahre 1885 veröffentlichte Gusbeth in der „Kronstädter Zeitung“ seinen ersten Jahresbericht über „Das Sanitätswesen in Kronstadt im Jahre 1884“, für 1885 und 1886 dann auch als Sonderabdruck und für 1887 – 1900 nur noch als selbstständige Broschüren von bis 200 Seiten.
Der unscheinbare Titel verbirgt eine Vielfalt von Informationen zur aktuellen und früheren Stadtgeschichte, so dass die Jahre 1884 – 1900 die bestens dargestellten Jahre der Kronstädter Geschichte sind und eine schier unerschöpfliche Quelle für vielseitige Forschungen.
Als die neue Wasserleitung im Jahre 1893 errichtet wurde, verkaufte Dr. Eduard Gusbeth sein Haus in der Burggasse Nr. 92 der Stadt, damit es abgetragen und dort die Hauptleitungen vom großen Reservoir auf der oberen Burgpromenade in die Innere Stadt geführt werden könnten. Für diesen „Durchbruch“ durch die Stadtmauer prägte dann Prof. Friedrich Wilhelm Seraphin (1861–1909) den schönen Namen „Burgsteig“, rumänisch „Suişul Castelului“.
Nicht unerwähnt bleibe die 1895 gedruckte Arbeit „Stammtafeln einiger Familien aus Kronstadt und anderen Orten“, die auch eine Pionierleistung war.
Neben seinen vielen Verpflichtungen nahm sich Dr. Gusbeth auch noch Zeit, ein Tagebuch zu führen, das seinerseits eine reiche zeitgeschichtliche Quelle ist. Hier zeichnete er Ereignisse aus seinem Leben, aus seiner Familie und aus der Stadt auf, den Verstorbenen widmete er kurze Nachrufe, die seine tiefen Einblicke in das Leben seiner Mitmenschen beweisen – als Arzt und Menschenfreund.
An seinem 75. Geburtstag schrieb er in sein Tagebuch:
„30. August 1914, Sonntag. Heute habe ich mein 75. Lebensjahr erfüllt! Eine lange Zeit! Drei Viertel Jahrhunderte! ... Ich danke ...unserem lieben Herrgott, daß er mir diese Gnade gewährt und mir ¾ Jahrhunderte Erdenleben geschenkt hat!“.
Das Kronstädter Staatsarchiv bewahrt aus den Beständen der früheren Bibliothek des Honterusgymnasiums 40 Bände des Tagebuchs von Dr. Eduard Gusbeth für die Zeit vom 13. Juni 1875 bis zum 13. September 1919 auf, die in der jüngsten Zeit von der Forscherin Camelia Neagoe durchgearbeitet wurden.
Angesichts der vielseitigen Verdienste von Dr. Eduard Gusbeth als Arzt, Medizinhistoriker und Kronstädter Lokalhistoriker ist es anlässlich von 175 Jahren seit seiner Geburt sicher angebracht, seiner dankbar zu gedenken. Er wurde in der Gruft B-23 am Innerstädtischen Friedhof beigesetzt.