Auf den Spuren einer bewegten Familiengeschichte 

Buch von Boris Kálnoky in Kronstadt vorgestellt

Albrecht Klein, Boris Kálnoky, Edith Olosz und Farkas Kálnoky (v.l.n.r) bei der Buchvorstellung in Kronstadt Foto: privat

„Manchmal tritt man durch eine Tür und ahnt nicht, dass man alles hinter sich lässt; der einzige Ausweg ist der in eine neue Welt“– mit diesem Satz beginnt das Buch „Ahnenland oder die Suche nach der Seele meiner Familie“ von Boris Kálnoky, dessen zweite Auflage kürzlich im Hermannstädter Schiller-Verlag erschienen ist. Am Nachmittag des 4. März wurde es vor zahlreichem Publikum und in Anwesenheit des Autors und seines Vaters, Graf Farkas Kálnoky, bei der INSPIRATIO-Galerie vorgestellt. 

Die Grafenfamilie Kálnoky ist den KR-Lesern inzwischen bekannt. Hauptsächlich dank Tibor Kálnoky, dem Bruder Boris Kálnoky, von dessen Freundschaft mit dem König Charles III. und den Bemühungen, den nachhaltigen Tourismus in Siebenbürgen zu fördern, oft Thema von Medienberichten war (auch die KR hat darüber ausführlich berichtet). 

In Micloșoara (ungarisch Miklósvár), knapp eine Autostunde von Kronstadt entfernt Richtung Baraolt, wo sich das ehemalige Jagdschloss der Grafen befand, wurde das Familienerbe der Kálnokys  zu neuem Leben erweckt – Touristen aus aller Welt wohnen in den Ferienhäusern im Dorf und erkunden auf dem Pferdesattel die unangetastete Natur. Periodisch finden im Weinkeller des restaurierten Schlosses Konzerte bei Kerzenlicht und andere Kulturveranstaltungen statt. In Valea Cri{ului (ungarisch Sepsik?röspatak), dem Wohnsitz der Adelsfamilie, gibt es große Restaurierungspläne 

Eine Rückkehr und eine neue Welt 
Die Familie Kálnoky verbrachte über acht Jahrhunderte in Siebenbürgen, bis die rumänischen Faschisten die Großeltern von Boris und Tibor aus dem Land verwiesen haben. Aufgewachsen in Deutschland, Frankreich und den USA sind die beiden Brüder Ende der 80er Jahre zum ersten Mal in das Dorf ihrer Vorfahren gekommen. Damals sprach keiner der beiden Ungarisch. Wie es in der Einleitung des Buches heißt, ist ihnen genau das passiert, als sie zur Zeit der politischen Wende das alte Landgut der Familie in Siebenbürgen besuchten: ihr Leben nahm eine neue Wendung. 
Ende der Neunziger Jahre zog Tibor endgültig nach Rumänien. Seine Heimat ist nun Siebenbürgen. Sein älterer Bruder, der Journalist Boris Kálnoky, zog nach Jahren, in denen er als Korrespondent der Tageszeitung „Die Welt” an vielen verschiedenen Orten gelebt hat, nach Ungarn. 
Seit mehr als 10 Jahren ist er als freier Berichterstatter über lokale Ereignisse für mehrere deutschsprachige Publikationen tätig und leitet als Dozent die Medienschule am Mathias-Corvinus-Kolleg. Heute fühlt er sich als Budpaester. 

Doch die Frage „Wo komme ich her?“ hat ihn seit diesem Besuch im Heimatort seiner Vorfahren beschäftigt. 

Es war ein Sommertag im Jahr 2007. Kálnoky war damals Korrespondent der „Welt“ in Istanbul. „Ich saß in der Badewanne und träumte: Wie schön wäre es, wenn ich ein Buch über die Geschichte meiner Familie und über sie die Geschichte Mitteleuropas schreiben könnte, vom Tatarensturm an. Zwei Stunden später klingelte das Telefon, es war ein großer deutscher Verlag. Ob ich nicht ein Buch über meine Familie schreiben wolle? – fragten sie“, erzählte Boris Kálnoky. Vier Jahre später, im Jahr 2011, hat er „Ahnenland oder die Suche nach der Seele meiner Familie“ veröffentlicht. 
Es wirkt fast wie ein Roman, aber es ist doch eine wahre Geschichte. Sie beginnt im Jahr 1252, als seine Urahnen als Szekler im südlichen Karpatenbogen ein Stück Land vom König der Ungarn geschenkt bekommen. 1697 wird ihnen der Grafentitel verliehen. Trotz Adelstitel und herausragenden Ämtern kommt nicht für alle Familienmitglieder gleichermaßen der Wohlstand. Die reiche Familiensaga ist ein Panorama mitteleuropäischer Geschichte. 

Von Wünschen, die sich letztendlich doch erfüllen
Der rote Faden des Buches ist die Geschichte des kurzen Lebens von Hugo Kálnoky, dem Großvater des Autors. Der Buchumschlag zeigt ihn zusammen mit seinem damals zweijährigen Sohn Farkas auf dem Pferdesattel. Mit Hugo endete (vorläufig) die Geschichte der Adelsfamilie auf siebenbürgischem Boden. Er wurde von den Kommunisten des Landes verwiesen und ließ sich letztendlich in Amerika nieder. Sein größter Wunsch war es, sein Zuhause in Siebenbürgen wiederzusehen. Manche Wünsche gehen spät in Erfüllung. Der Wunsch von Hugo Kálnoky, wieder in Köröspatak zu leben, wurde ihm nicht zu Lebenszeiten erfüllt. Aber durch seinen Enkel ist er zur Wirklichkeit geworden – das Anwesen befindet sich heute wieder in Familienbesitz. 

„Ahnenland“ verspricht sich als spannende Lektüre für jeden, der in Siebenbürgen lebt und mehr über die Geschichte der Region erfahren will. „Am Anfang habe ich viel nachgedacht, welche Zielgruppe das Buch hat. Dann hat mir mein Verleger einen guten Ratschlag gegeben: ich soll nicht mehr so viel über Zielgruppen nachdenken, sondern einfach das Buch schreiben, das mir gefallen würde. Denn dann wird es auch anderen gefallen“, meint Boris Kálnoky. Dann wendet er sich an seinen Vater. „Und was meinst du? Ist es mir gelungen?“, fragt er ihn. „Es ist dir  teilweise gelungen“, sagt zwinkernd Farkas Kálnoky. 

„Ahnenland oder auf der Suche nach der Seele meiner Familie“ ist im INSPIRATIO-Laden oder online auf der Webseite der Schiller-Buchhandlung erhältlich.