Die Kräuterfee aus dem Dorf des Königs

Raluca Olaru und ihr einmaliges Heilpflanzenprojekt in Zalánpatak

Raluca Olaru und ihre Produkte Foto: Claudiu Guraliuc

Raluca Olaru zeigt König Charles III. den regenerierenden Balsam von „Hodaia“ Foto: privat

Der Duft der Kräuter in Raluca Olarus Haus erinnert an eine Naturapotheke. Fotos: Laura Căpățână Juller

Der Duft der Kräuter in Raluca Olarus Haus erinnert an eine Naturapotheke.

Hinter diesem Tor befinden sich die Gästehäuser von König Charles III. in Zalánpatak.

Das Schloss Daniel wurde Ende der 2000er Jahre renoviert.

Im Zimmer Nr. 8 im Schloss Daniel in T˛li{oara ist ein Gemälde aus dem 17. Jahrhundert auf den Wänden zu sehen.

Im Ferienhaus-Ensemble Körtöves Guest Village können sich Kinder auch über einen großen Spielplatz und einen Erlebnispark im Freien freuen.

„Wenn ihr zu lange Zeit in unserem Dorf bleibt, kann es sein, dass ihr Königinnen werdet!“, scherzt ein Mann, den wir nach dem Weg zum Anwesen von König Charles III. in Zalánpatak (auf Deutsch Zalaner Glashütte, auf Rumänisch Valea Zălanului) fragen. Vor Kurzem hat man die Straße, die aus Malnaș ins Dorf führt, repariert. Es ist leichter, in die Ortschaft mit gerade einmal 110 Einwohnern zu gelangen. Und trotzdem liegt Zalánpatak im Kreis Covasna gut versteckt zwischen Wäldern. Schlägt man einen Weg ein, der durch den Wald führt, ist man in etwa fünf Stunden in Micloșoara beim Kalnoky-Schloss. Auf diesem Weg ist der Monarch mehrmals gewandert und hier kann man in den Sommermonaten Reitergruppen aus Großbritannien begegnen. Die Pforte zum Gästehaus des Königs steht offen und wir können in den Hof. Ein paar britische Touristen sind schon da. Es ist Mitte Mai, ein paar Tage nach der Krönung von Charles III. Alle Zimmer sind belegt, aber wir können uns im Hof umschauen. Die Sicht auf die nahe gelegenen Hügel und die blühenden Bäume ist wunderschön. Das Gästehaus des Monarchen ist das erste Haus im Dorf, wenn man aus Richtung Malnaș kommt. Das letzte Haus im Dorf, wenn man in Richtung Baraolt fährt, ist das von Raluca Olaru. In ein paar Stunden wird eine Gruppe von britischen Touristen hier an einem Workshop für Herstellung von Parfüm erwartet.

Museum für Pflanzenheilkunde

Raluca Olaru ist vor einem Jahr nach Zalaner Glashütte gezogen, um hier Heilpflanzen anzubauen. Pflanzenarten aus der Gattung Eibisch, Arnika oder Pfefferminze sind nur einige, die in der  hügeligen Landschaft gedeihen. Olaru verwendet sie für die Bio-Kosmetika, die sie herstellt. „Hodaia“ heißt ihr kleines Unternehmen, das sie mit europäischen Fonds im Rahmen eines Start-up-Programms gründete. Das Regal in ihrem Wohnzimmer sieht aus wie eine riesige Apotheke aus früheren Zeiten: hunderte von Fläschchen und andere Behälter voller natürlicher Pflanzenextrakte. „Man muss die Natur wirklich lieben, um so abgeschieden leben zu können“, erklärt sie. Raluca ist die einzige Rumänin im Dorf und freut sich, von der Gemeinde aufgenommen zu sein. Sie hat begonnen Ungarisch zu lernen und nimmt an Veranstaltungen im Dorf teil.

Gerade als wir ankommen, verabschiedet sie sich von mehreren Arbeitern, die die riesige Scheune im Hof umbauen. Hier werden bis im Sommer ein Museum für Apotheke und traditionelle Medizin und ein Bildungszentrum entstehen. Gläser, Gefäße, Destillierapparate und andere Utensilien werden ausgestellt. Manche davon sind hunderte Jahre alt und werden noch genutzt. Die meisten Objekte stammen von Ralucas Großmutter, die Heilerin in ihrem Dorf war. Sie ist es, die Raluca in die Geheimnisse der Pflanzenheilkunde und der Herstellung von Pflanzen, Salben und Tinkturen eingeweiht hat. Für sich selbst und für ihre Freunde wendet Olaru auch jetzt noch immer nur traditionelle Heilmittel an. „Schon als kleines Kind musste ich auf Wiesen und Feldern nach Kräutern suchen, Pflanzen behandeln oder im Kessel die Seife rühren… lauter Sachen, worauf ein Kind keine Lust hat. Es hat mir damals nicht gefallen”, erinnert sie sich. Als Jugendliche hat sie sich total gegen diese Richtung gewendet, Violine und Klavierspielen gelernt und Restauration studiert. Das Leben brachte sie aber zurück zur Naturheilkunde. In Deutschland studierte sie an einer Heilpraktikerschule und nahm an den Kursen der Chemie- und Biologie-Fakultät teil. „Ich war Inkognito-Studentin. Das heißt, ich nahm an Stunden teil, die mich interessierten, obwohl ich nicht an der Uni eingeschrieben war. Mich interessierte die Arbeit im Labor, wo ich gelernt habe, Extrakte aus Pflanzen herzustellen“. Diese wissenschaftlichen Kenntnisse verbindet sie seither mit ihrem Wissen im Bereich Phytopharmazie und traditioneller Heilmedizin und passt sie den Bedürfnissen des modernen Menschen an. Ihr Know-How und ihre Begeisterung möchte sie mit anderen teilen. Daher entsteht in ihrem Garten in Valea Zălanului ein botanischer Garten für Heilkräuter, wahrscheinlich der erste seiner Art in Siebenbürgen. Hier werden Interessenten ab diesem Sommer die Pflanzen besser kennenlernen und über ihre Anwendungsmöglichkeiten erfahren können. Raluca Olaru will im Bildungszentrum Workshops für Herstellung von Seife, Parfum oder Tinkturen halten. Zahlreiche andere Kulturveranstaltungen wie Seminare, Kurse und Werkstätten zu Themen wie Ökologie und Medizin, aber auch beispielsweise zum Herstellen von Musikinstrumenten sind geplant. Der Ort steht auch Studenten aus In- und Ausland offen, die hier ihr Praktikum ablegen können.

„Was man nicht essen würde, sollte man auch nicht auf die Haut geben“

Die Pflanzen, die für „Hodaia“ angewendet werden, sind von Raluca Olaru angebaut, gepflegt, geerntet, gelagert und verarbeitet. „Sie brauchen Wald, Bach, hohe Hügel, richtige Winter und milde Sommer. Das alles haben sie hier in Zalánpatak.“ Das fehlte ihnen in Nima Râciului, einem Dorf im Kreis Mure{, wo die Unternehmerin einen weiteren großen Anbau hat. Hier gedeihen unter anderem Salbei und Thymian, die sie für ihre Produkte braucht. Rund 40 einheimische Pflanzenarten baut sie an, genauso viele sammelt sie in der Natur. Aus den Kombinationen, die sie ausdenkt, entstehen u.a. Cremen, Salben, Seifen, festes Shampoo, ätherische Öle, Rasierwasser, Tees, Elixir und Tinkturen. Manchen Kunden bereitet sie für deren Bedarf personalisierte Artikel vor. Lavendel beispielsweise presst/destilliert sie und vermischt das Öl mit ätherischem Rosmarinöl, mit kaltgepresstem Öl aus Färberdistelsamen, roten Traubenkernen und Nuss. Das Resultat ist ein feuchtigkeitsspendendes Öl für die Haut, das besonders im Sommer sehr gefragt ist. Ein Hit ist der regenerierende Balsam für alle Hauttypen und Alter, der u.a. Johanniskraut-Extrakt und Ringelblumen enthält. Letztere hat die Pflanzenliebhaberin in den vergangenen Wochen in der Gegend gesammelt. Die Zusammensetzung aus Heilkräuterextrakten und kaltgepressten pflanzlichen Ölen helfen gegen Sonnenbrand, Ausschlag, Wunden und Kratzer, wie auch gegen Dermatitis oder Ekzeme. Sie spenden Feuchtigkeit und Elastizität und helfen zur Hautregeneration. „Die Natur schenkt uns so viele wertvolle Mittel auch in Rumänien. Warum sollen wir um die Welt reisen, um welche zu kaufen? Wir haben hier alles, um gesund leben zu können.“ Um ihr Konzept, alles 100 Prozent natürlich und lokal herzustellen, kauft die Unternehmerin Öle, die sie nicht selbst produziert, bei kleinen Unternehmern aus den Kreisen Harghita, Covasna und Klausenburg. Sie hat die Ware sorgfältig geprüft: die Samen sind heimisch, werden ökologisch angebaut, der Boden und die Pflanzen sind nicht gespritzt und die Lagerung ist konform. Des weiteren werden die Produkte handgemacht und werden nicht an Tieren getestet. Zwar ist die Konkurrenz sehr hart, denn viele Firmen ziehen billigeres Öl aus Indien für ihre natürlichen Produkte vor. Raluca hält aber an Qualität und Nachhaltigkeit, auch wenn sie weiß, dass ihre Kosmetika auch vier Mal teurer als herkömmliche sind. „Man sollte immer auf das Etikett schauen. Alles, was man nicht essen würde, ist nicht gut für die Haut.“ Es ist das größte Organ des Menschen und 60 Prozent der chemischen synthetischen Substanzen in den Pflegeprodukten, die auf der Haut aufgetragen werden, können ins Blut gelangen und im Körper abgelagert werden. Das kann ungesund sein. „Wenn man alles versteht, was ein Produkt enthält, ist es in Ordnung, dann ist es natürlich.“

„Pflanzen sind intelligent“

„Die meisten sogenannten natürlichen Cremes am Markt enthalten Palm- oder Kokosöl. Das ist gar nicht nachhaltig“, weiß Olaru. Allein der Transport führt zu Luftverschmutzung. Daher kauft sie beispielsweise für die feste Seife Rindertalg von einer Farm in Klausenburg. „Talg ist praktisch gesehen ein Rest. Für die Seife ist er aber super und durch den Kauf unterstütze ich ein lokales Unternehmen. Es ist wichtig für die Wirtschaft einer Region, dass das Geld in der Region bleibt. Es ist wichtig für den Umweltschutz und für ein besseres Leben.“ Ihr Konzept scheint bis ins kleinste Detail vorbereitet zu sein. So dass auch die Verpackung nachhaltig, bzw. aus Karton, Metall, Glas oder Stoff ist. Anfangs wollte Raluca nur Produkte für Männer herstellen. Wie beispielsweise den „Balsam für fleißige Hände“. Mittlerweile ist das Rasierwasser das einzige Produkt, das sich ausschließlich an Männer wendet. Im restlichen Angebot findet jeder etwas, unabhängig von Hauttyp, Altersgruppe oder Geschlecht. Wunde Babyhaut kann mit dem regenerierenden Balsam von „Hodaia“ verwöhnt, Augenfalten können mit einem Elixir bekämpft werden, das u.a. gemeine Schafgarbe und Salbei enthält. Das Körperöl mit Färberdistel ist sogar für die Anwendung in Salaten geeignet. Für unterwegs eignet es sich gegen Sonnenbrand und Mückenstiche. Am Herzen liegt Raluca Olaru die Seife „Izlaz“. Das Rezept hat ihre Großmutter ihr sehr detailliert aufgeschrieben und erklärt. Raluca hat es ständig verbessert, bis sie, nach neun Jahren, nun  damit zufrieden ist. Ihre Stammkunden - Seniorinnen, junge Frauen, Mütter, Männer, Sportler etc - bestellen immer wieder gerne diese Seife. Auch andere Produkte entwickelt sie fortwährend. „Es nimmt mir immer weniger Zeit, ein Rezept zu vervollständigen“, sagt sie stolz. In ihrer Arbeit verlässt sie sich auf die Pflanzen. Sie ehrt und schätzt sie, bewundert ihre Intelligenz. „Die Pflanzen sind intelligent und sie sind widerstandsfähig. Schneidet man einer Blume den Kopf ab, blüht sie im kommenden Jahr wieder. Sie kommunizieren miteinander und helfen einander, sie haben eine Symbiose mit den Tieren und Insekten gefunden. In kalten Monaten bewahren sie ihre Energie in der Wurzel, um im Frühling wieder zu blühen. Sie überleben in den schwierigsten Zeiten. Und sie verstehen alles, was wir sagen. Das ist Intelligenz, wenn man es so betrachtet.“


Übernachtungsmöglichkeiten in der Nähe von Zalánpatak

Das Schloss des Schwanen-Grafen und die Ferienhäuser ohne Elektrizität
25 Kilometer entfernt von Zalánpatak, in Tălișoara nahe von Baraolt, liegt das Schloss Daniel, einst das Anwesen einer Grafenfamilie. Familie Daniel stammt aus dem Nachbardorf Vârghiș, wo es ein weiteres Schloss gibt, das besucht werden kann. Nach dem 2. Weltkrieg zogen die Grafen ins Exil und verkauften das Schloss. Während des Kommunismus war hier, wie in vielen ehemaligen Grafenschlössern, der Sitz einer landwirtschafltichen Genossenschaft (CAP). Ende der 2000erJahre wurde das Schloss renoviert. Man kann hier übernachten, gut essen und im neuen Wellness-Bereich im Untergeschoss schwimmen und in die Sauna gehen. Das ehemalige Schloss hat acht ganz verschiedene Zimmer und in den schönsten von ihnen hat man Wandgemälde aus dem 17. Jahrhundert entdeckt. Das wichtigste Gemälde befindet sich im Zimmer Nr. 8 und zeigt den Grafen Daniel in Konstantinopel. Das Gebäude wurde im Jahr 2008 von einem ungarischen Ehepaar gekauft. Sie hatten damals 120.000 Euro und wollten eigentlich eine Wohnung in Bukarest kaufen. Dann haben sie eine Annonce gesehen - zu demselben Preis konnten sie ein Schloss in Covasna kaufen. Sie entschieden sich für das Schloss. An die ehemaligen Besitzer erinnert, außer den Wandgemälden, auch ein riesiges Portrait am Eingang. Es zeigt den Grafen Daniel mit einem Schwan. Der Schwan ist auch auf dem Familienwappen der Daniels eingezeichnet.

Infos unter: danielcastle.ro

Auch in der nahe gelegenen Vârghiș-Klamm kann man übernachten, und zwar in Öko-Häusern ohne Elektrizität und Gas. Das Ferienhaus-Ensemble Körtöves Guest Village wurde vor ein paar Jahren errichtet und immer mehr Familien wollen hier Urlaub machen und Abende bei Kerzenlicht verbringen.

Infos unter: kortoves.ro