Am Montag, dem 10. März, war der Festsaal des Deutschen Forums voll. Das Interesse an der Buchvorstellung „Heinrich Wachner – Ein bedeutender siebenbürgischer Lehrer und Naturwissenschaftler“ war groß. Dessen Autoren und He-rausgeber, Wilfried Schreiber und Friedrich Philippi, Kronstädter Erdkundelehrer im Ruhestand, erzählten Näheres zum Buch, zum Wanderer, Lehrer, Wissenschaftler und Forscher sowie zu dessen Arbeit. Das Publikum wurde eingeladen, Erinnerungen zu teilen.
Auf der Suche nach der Wasseramsel
Nach einer musikalischen Einführung durch drei Generationen der Philippi-Familie (Kurt, Andreas und die Kinder Michael und Paul), die auf Blasinstrumenten Heimat- und Wanderlieder spielten, stellten die beiden Autoren abwechselnd, anhand einer Power-Point-Präsentation, das Buch vor. Daten, von Wachner gezeichnete Skizzen und eine Karte waren auf der großen Leinwand zu sehen und Bilder aus der schönen Landschaft um Racoșul de Jos, wo Heinrich Wachner während des Kommunismus im Exil lebte.
Ein Foto aus dem Jahr 1985 beeindruckte: es zeigte den Naturwissenschaftler gemeinsam mit Maja Philippi, Historikerin und Geschichtslehrerin und dem jugendlichen Friedrich Philippi bei einer Wanderung. Sie waren auf der Suche nach der Wasseramsel. Philippi hatte Wachner in Wolkendorf erlebt und lernte durch seinen Vater, Professor Kurt Philippi, Geograf und Wachners Nachfolger als Geografielehrer an der Honterusschule, vieles über die beeindruckende Persönlichkeit.
Wie es zum Buch kam
Das Foto aus Poiana Mărului ist im Buch zu sehen. Doch wie kam es zu dem Buch? Wilfried Schreiber und Friedrich Philippi waren in der Kindheit Nachbarn, haben beide das Honterusgymnasium absolviert und Geografie in Klausenburg studiert. Im Laufe der darauffolgenden Jahre trafen sie sich und beschlossen zusammen, dass die Dokumente über oder von Wachner, die sie besaßen, an die Öffentlichkeit kommen sollten. So entstand ein Buch in drei Teilen. Im ersten Teil geht es um Biografisches. Die bislang unveröffentlichte Ansprache Kurt Philippis bei der Feierstunde zum 80. Geburtstag von Prof. Heinrich Wachner in der Honterusschule 1957 sowie dessen Antwort darauf sind zu lesen. Ebenso auch die Grabrede von Kurt Philippi bei der Beerdigung des Professors am 18. März 1960. Im zweiten Teil wird auf Wachners Tätigkeit als Lehrer und Wissenschaftler eingegangen.
Der in Neumarkt am Mieresch geborene Wachner, der in Klausenburg, Berlin und Marburg Naturwissenschaften studierte, unterrichtete in Hermannstadt, Bistritz und Schäßburg. An der Honterusschule war er 27 Jahre lang tätig.
1400 Pflanzenarten
Die Bedeutung Wachners, der einzige Lehrer, der Geologie- und Wirtschaftsgeografie-Lehrbücher geschrieben hat und der einzige Autor, der seine zahlreichen Schriften immer alleine geschrieben hat, wurde hervorgehoben. Über 80 Arbeiten sind zurückgeblieben, wissenschaftliche und didaktische, hinzu kamen hunderte Zeitungsartikel und Manuskripte. Einige Manuskripte wurden nun dem Honterus-Archiv übergeben.
Wachners geologische, geomorphologische und botanische Forschungen wurden in rumänischen, ungarischen, deutschen und österreichischen Fachzeitschriften veröffentlicht. Als sein bekanntestes Werk gilt das „Kronstädter Heimat- und Wanderbuch” von 1934, das bei einem Lehrerkongress in Bukarest als bestes Heimatkunde-Buch prämiert wurde.
„Als Botaniker hat er sich Lorbeeren erworben durch seine erste Erwähnung vom Moosglöckchen im Căliman-Gebirge und das Alpenleinkraut am Königstein“, erläuterte Schreiber und fügte hinzu, dass der Professor in seinen Forschungen über die Flora des Burzenlandes über 1400 Pflanzenarten aufgelistet hat.
Heinrich Wachner, der sein Leben dem Forschen widmete und morgens täglich vier Stunden an dem Schreibpult neben seinem Bett schrieb, abends die Korrespondenz erledigte und tagsüber unterrichtete, verfasste in den 1930er Jahren auch Texte zu Rumänien, die im großen Brockhaus erschienen sind. Die erstmalige Veröffentlichung des Manuskripts über die Umgebung von Racoșul de Jos, die Wachner ins Detail erforschte sowie seine Briefe an Kurt Philippi und Geograf Tiberiu Morariu kann man im dritten Teil des Bands vollständig nachlesen.
Ein Vorschlag: Markierung der Wege von Wachner
„Wenn sich ein Kronstädter Wanderer, zum Beispiel Ralf Sudrigian mit einem Racoșer zusammen tut und versucht, die Wege, die Wachner beschreibt, zu finden, insoweit sie zu finden sind und diskret zu markieren, dann wäre das etwas Kolossales. Dann könnten die Wanderer, mit diesem Buch in der Hand, eine Menge Geologie und Naturkunde und ein wenig Geografie lernen”, meinte Schreiber. Ralf Sudrigian, Sohn der Erdkundelehrerin Krista Sudrigian und selbst Geografie-Absolvent, zeigte sich erfreut über die Publikation dieses Buchs, das aus Mitteln des Departements für Interethnische Beziehungen gedruckt wurde und kostenfrei verteilt wird. Gleichzeitig bedauerte er, dass Wachners „Kronstädter Heimat- und Wanderbuch“ nicht auch ins Rumänische übersetzt wurde, zumal es seinerzeit sicherlich vielen Leuten geholfen hätte. Stimmen aus dem Publikum unterstützten die Idee, Wachners bedeutendstes Werk zu übersetzen. Am Ende der Präsentation teilten Leute aus dem Publikum Erinnerungen an Wachner. Manche kannten ihn persönlich, die meisten jedoch aus den Erzählungen ihrer Eltern, die ihn zum Lehrer hatten und mit ihm an Sonntagen wanderten. „Wenn mein Vater, als Schüler, Heinrich Wachner fragte, was er sich für die Wanderung mitnehmen sollte, hieß es: ein Käsebrot!“ erzählte eine Dame aus dem Publikum amüsiert. Vom Käsebrot kam dann auch der Spitzname „Kas“, wie Friedrich Philippi erklärte. Man sprach über die Wanderungen, über Steine, Fossile, Pflanzen und Tiere, die man dabei beobachten konnte, über das „Wachnerhaus“ in der Sandgasse und vieles mehr. Und am Ende der Veranstaltung durfte jeder ein von den Autoren signiertes Buch mitnehmen.