In der Kronstädter Stadtbibliothek gab es viele Jahre nach dem Tode Norbert Petris einen Raum mit dem musikalischen und literarischen Nachlass des bekannten Musikers. Dazu gehörten neben der erdrückenden Zahl von Eigenkompositionen auch Universalliteratur, Fachzeitschriften, Tonträger usw. In rührender Weise hat seine Frau, Rosa Petri, dafür gesorgt, dass nicht ein einziges Blatt abhanden kommt. Diesen Raum gibt es aus Platzgründen nun nicht mehr, doch man kann an die Kompositionen herankommen.
Der Museumsbestand „Norbert Petri“ konnte angelegt werden, weil der hochangesehene Komponist – tätig am Kronstädter Musiktheater, Sekretär des Kronstädter Komponistenverbandes, Jurymitglied bei zahlreichen Chorwettbewerben „Cântarea României“, Folkloresammler, Herausgeber mehrerer Chorliedersammlungen – und regimetreuer Staatsbürger mit nichts den Unmut der Behörden erregt hat. Seine flexible Art sich anzupassen, dabei auch einiges zu schlucken (nicht zuletzt von aufsässigen Sängern oder Instrumentalisten) bewirkte, dass er ruhig und gelassen auch in heiklen Situationen lachen konnte, wo es anderen nicht zum Lachen kam.
Er konnte sich eingliedern, er war überall zu Hause. Geboren 1912 in Hermannstadt, besuchte er die Schulen in Karlsberg, Schäßburg und Bukarest und studierte zunächst Philologie in Bukarest und Wien. Mit 25 Jahren entschloss er sich zum Musikstudium in Bukarest. Zwischen den Jahren 1942 und 1944 war er zweiter Dirigent der Philharmonischen Gesellschaft in Kronstadt, vorübergehend auch Organist, desgleichen am „Kronstädter deutschen Liederkranz“ tätig. In dieser Zeit komponierte er seine ersten Singspiele „Rotkäppchen“, „Ein Bauer muss es sein“ oder „Siebenbürgische Bauernhochzeit“.
Der Deportation nach Russland ist er nicht entgangen, ganze 5 Jahre dauerte es bei ihm bis er im Dezember 1949 wieder bei seiner Familie (Frau und zwei Kinder) sein konnte. Im Lager hat er das kulturelle Leben seiner leidgeprüften Gefährten fest in die Hand genommen und auch dort komponiert. Seine Kompositionen zeichnete er mit dem Namen „Norwil“ (NORbert WILhelm Petri war sein vollständiger Name).
Ab dem Jahre 1950 unterrichtete Petri an der Kronstädter Volks-Kunstschule verschiedene Instrumente, darunter Akkordeon. Aus dieser Zeit stammt seine Akkordeon-Schule. Er gehörte zu den Gründungsmitgliedern des Kronstädter Musiktheaters, an dem er ab 1954 als Dirigent wirkte. Dieser Wirkungsstätte verdanken wir die nun zahlreich entstehenden Operetten, Singspiele, Musicals, Ballette bis hin zu Opern. Die Titel sind Vielen noch von den Plakaten in der Stadt bekannt: „Ultima oră“, „Cei trei muşchetari“, „Idolul sfărâmat“, „Trandafirii Doftanei“, „Ion cel tare“, „Rodica“ usw. In den meisten dieser Werke gibt es auch eine deutsche Textfassung, die aber ungenützt blieb. Außerdem hat er auch Werke verfasst, in denen es nur deutschen Text gibt, z.B. „Therese Krones“, „Lisa räumt auf“ u.a. Petri schuf desgleichen auch sinfonische Werke, Kammermusik, Instrumentalmusik, Lieder, patriotische Kantaten bis hin zu Massenliedern und Blasmusik.
Im Bewusstsein weitester Kreise unserer Landsleute hüben wie drüben ist Petri durch seine Chorbücher mit gelungenen Chorsätzen fest verankert geblieben. Eine besondere Attraktion bildete für Petri die Tanzmusik: Es gibt eine umfangreiche Geschichte des Tanzes, die er herausgegeben hat. Petri hat auch diverse Bearbeitungen nach anderen Komponisten – beispielsweise Johann Strauß – gemacht. Er war Mitglied in der Händel Gesellschaft. Für die weltlichen Kantaten J. S. Bachs hat er neue Texte geschrieben. Petri war bei der Gründung eines Amateurorchesters (in der Redoute) und des Paul-Richter-Chores maßgeblich beteiligt.
Und wie sieht sein musikalisches Erbe heute aus? Nach einigen Ansätzen – einem Kompositionswettbewerb und einem Gesangswettbewerb „Norbert Petri“ – ist es sehr still um ihn geworden. Die Oper, an der Petri immerhin 25 Jahre lang wirkte, wo das ganze Aufführungsmaterial vorhanden ist, müsste sich einschalten; übrigens ist dieses Thema mit der neuen Leitung der Oper angesprochen worden. Es würde sich auch lohnen, einen Teil der Texte seiner Vokalwerke umzuschreiben, weil die Musik sehr gekonnt geschrieben ist. Im Deutschen Forum in Kronstadt wird für den März eine „Norbert Petri“-Feier vorbereitet. Im Oktober soll seine Sinfonie erstaufgeführt werden.