Herr. K. ist ein Mann ohne Gesicht. Ohne Alter, ohne Beruf, ohne Biographie. Man könnte ihn für ein Phantom halten, wenn er nicht ein Denker wäre. Das ist sein einziger Beruf. Herr K. Ist Titelheld der knapp hundert „Geschichten von Herrn Keuner“, deren erste Bertolt Brecht 1930 veröffentlichte und deren letzte er kurz vor seinem Tod im Jahr 1956 schrieb. „’Woran arbeiten Sie?’ wurde Herr K. gefragt. Herr K. antwortete: ‘Ich habe viel Mühe, ich bereite meinen nächsten Irrtum vor.’“ Diese Situation ist typisch für die Geschichten vom Herrn Keuner: eine einfache, alltägliche Ausgangsfrage und die überraschende, unerwartete Antwort. Die dialogisch-dialektische Struktur dieser parabelhaften Prosaminiaturen und ihr subtiler Humor eignen sich hervorragend für eine Bühnenfassung. Dieses Potential hat auch Petra Antonia Binder, Leiterin der deutschsprachigen Schülertheatergruppe PUN©HT, erkannt. Zusammen mit den Jugendlichen erarbeitete sie die Bühnenfassung und probte ein paar Monate lang. Das Resultat zeigen sie am Sonntag, dem 10. Juni um 18 Uhr in der Redoute: „Keiner wie Keuner“ ist das erste Theaterprojekt der Gruppe und verspricht, sehr interessant zu sein. Auch deshalb, weil die Produktion in einem Brecht-Jahr Premiere feiert: 2018 sind es 120 Jahre seit der Geburt des Schriftstellers. Über das neue Projekt sprach mit Petra Antonia Binder KR-Redakteurin Elise Wilk.
Wie kam es dazu, dass ihr Brechts Texte für euer erstes Theaterprojekt ausgewählt habt?
Letztes Jahr, als ich mich für ein passendes Stück für die Theatergruppe entscheiden sollte, habe ich die Schüler gefragt, was sie gerne spielen würden, welches die Themen sind, die sie am meisten ansprechen. Jeder hat mir wenigstens ein Thema genannt. So habe ich die Schlussfolgerung gezogen, dass die meisten Schüler an aktuellen Themen interessiert sind, von der Rolle des Einzelnen in der Gesellschaft und vom Einfluss des Politischen auf die individuellen Schicksale. Das hat mich auf die Idee gebracht, etwas aus Bertolt Brechts Werk auszusuchen. So bin ich auf diese Parabeln gestoßen, die unter dem Namen „Geschichten vom Herrn Keuner“ veröffentlicht wurden. Was mich am meisten an diesen Texten gereizt hat ist deren Aktualität und die Vielfalt der Themen, die angesprochen werden - von sozio-politischen, historischen und kulturellen Themen bis zu Themen wie Liebe, Psychologie oder der Rolle des Menschen in der Gesellschaft. Außerdem ist es ein Werk, das bei uns in Rumänien weniger bekannt ist.
Wir haben sehr viel an den Texten gearbeitet, sie diskutiert - es sind keine leichten Texte. Hier ist der Subtext am wichtigsten, und um diesen richtig übertragen zu können muss man zuerst in die Tiefe gehen, ihn sehr gut verstehen. Ich habe mit den Jugendlichen über alle Themen, die sich in den ausgewählten Texten wiederfinden, diskutiert, auch auf persönlicher Ebene, und das hat zu einer Annäherung der Mitglieder der Theatergruppe und zu einem großen gegenseitigen Vertrauen geführt.
Habt ihr zusammen an der Bühnenfassung gearbeitet?
Größtenteils ist die Dramatisierung von Brechts Geschichten meine Arbeit. Aber es war mir sehr wichtig, dem Text etwas Persönliches zu verleihen, was die Jugendlichen betrifft. Es gibt daher zwei Stellen in der Bühnenfassung, wo die Dialoge von ihren Gedanken inspiriert wurden. Ich habe ihnen ein paar Fragen zum Thema gestellt, die aber gleichzeitig sehr persönlich waren, sie haben sehr ehrlich, aber anonym darauf geantwortet (Anonymität ist in ihrem Alter sehr wichtig, besonders dann, wenn es um Gefühle geht). Danach habe ich ihre Antworten gelesen und sie in den Text eingebaut. Ich glaube, das hat ihnen viel geholfen, als sie sich für ihre Rollen vorbereitet haben.
Wie verliefen die Proben?
Die Proben verliefen meistens sehr gut, besonders in den letzten Wochen. Laut Plan sollten wir am Anfang einmal pro Woche proben, aber mit der Zeit haben sowohl ich als auch die Jugendlichen gemerkt, wie wichtig dieses Projekt ist. Also haben wir beschlossen, unsere Freizeit zu opfern und zwei- bis dreimal pro Woche zu proben. Der Proberaum war in den meisten Fällen der Festsaal des Forums. Eigentlich hätten wir im Festsaal des Honterus-Lyzeums proben sollen, aber es gab fast immer Probleme: der Saal war mehrmals besetzt und niemand hatte uns darüber benachrichtigt (wir mussten draußen proben, und das im Januar), der Sportsaal, wohin die Proben verlegt wurden, war viel zu schwach beleuchtet und das Versprechen, uns Scheinwerfer zu beschaffen, wurde nur teilweise eingehalten. Zum Glück haben wir vom Jugendforum und vom Ortsforum Hilfe erhalten - wir hatten die Gelegenheit, an einem Wochenende außerhalb Kronstadts zu proben und den Forumsfestsaal mehrmals für Proben zu nutzen. Dafür möchten wir herzlich danken.
Warum ist es wichtig, dass das Honterus-Lyzeum eine Theatergruppe hat?
Wie ich früher erwähnt habe, kann man nicht zu hundert Prozent sagen, dass es sich um die Theatergruppe des Honterus-Lyzeums handelt. Ich glaube es wäre sinngemäßer zu sagen, dass es für die siebenbürgisch-sächsische Gemeinschaft wichtig ist, eine Schülertheatergruppe zu haben, die sich für den Erhalt von Sprache und Tradition einsetzt. Es handelt sich also mehr um die Theatergruppe einer Minderheit als um die Theatergruppe einer Schule.
Wo werdet ihr noch auftreten?
Noch gibt es keinen Plan, aber mit Sicherheit wird unser Stück weiterhin aufgeführt werden. Was bis zu diesem Zeitpunkt feststeht ist ein Auftritt der Theatergruppe im Rahmen der Haferlandwoche in Deutsch-Kreuz am 4. August. Es handelt sich um eine Performance über die Legenden und Aberglauben im Haferland.
Die Theatergruppe PUN©HT besteht aus: Alexandru Adam, Alexandru Oancea, Antonia Tontsch, Alexandra Vulcan, Brianna Antohe, Flavia Oltean, Lorena Elena Druia, Maria Claudia Negrea, Mara Predoiu, Miruna Maria Ghiță, Remus George Ducaru, Teodora Călin und Tudor Ionescu.
Bühnenfassung und Regie: Petra A. Binder
Plakat: Maria Nițu
Ein Projekt von Petra A. Binder, gefördert von:
Department für Interethnische Beziehungen, Demokratisches Forum der Deutschen in Rumänien, Deutsches Jugendforum Kronstadt, Redoute.