„Ein gutes Gemälde ist wie eine Aufforderung zum Tanz, man lässt sich gern von ihm führen“ – dieser Satz könnte als Motto für das Werk der Künstlerin Katharina Zipser stehen, der das Kronstädter Kunstmuseum zurzeit eine Retrospektive widmet. Die Worte wurden von ihrer Enkelin, Elena Zipser, bei der Vernissage am vergangenen Donnerstag zitiert.
„Große stilistische Vielfalt und unzählige Inspirationsquellen, die von der naiven Malerei und dem Surrealismus bis hin zur metaphysischen Kunst und der Tendenz zur Monumentalität reichen“ – so fasste Ausstellungskurator Radu Popica die präsentierten Gemälde und Zeichnungen zusammen. Man freue sich, die Ausstellung nun auch dem Kronstädter Publikum näher zu bringen, nachdem sie vor zwei Jahren bereits in Hermannstadt und Mediasch gezeigt worden sei. Schließlich habe das Kunstmuseum in Kronstadt schon seit Jahren regelmäßig Einzelausstellungen siebenbürgisch-sächsischer Künstler auf seinem Programm – in Vergangenheit Hans Eder, Hans Mattis-Teutsch, Arthur Coulin und Karl Hübner, im kommenden Juli Friedrich Mieß.
Ungewöhnlich bei Katharina Zipser sei laut Museumsdirektor Arpad Bartha die Tatsache, dass sich die Malerin trotz ihrer protestantischen Prägung sehr intensiv mit der othodoxen Ikonenmalerei befasst habe; die Einflüsse der postbyzantinischen Kirchenkunst zögen sich als Leitmotiv durch zahlreiche ihrer Werke. Auch ein Entschärfen der Grenzen zwischen Wirklichkeit und Traum, Fantasie, Mythos macht sich etwa in Gemälden wie dem konfliktbeladenen, dunkelfarbenen „Iokaste träumt von Ödipus träumt von Iokaste“ (1986) bemerkbar, oder dem „Nächtlichen Fenster“ (2012), durch das man blaue Quallen am Himmel schwimmen sieht.
Vielleicht war die Ikonenmalerei für Katharina Zipser zunächst ein Refugium vor dem „sozialistischen Realismus“ der fünfziger und sechziger Jahre, der ihre Studienzeit in Klausenburg und Bukarest zwangsläufig prägte. Doch wenn man Ikonen wie die zwei ausgestellten – „Johannes der Täufer“ und „Kreuzigung“ (beide 1968) – sieht, weiß man, dass es sich um mehr als einen vorübergehenden Impuls handelt. Trotzdem könne Katharina Zipsers Kunst höchstens verschiedenen Schaffenszeiten, nicht aber eindeutig einer stilistischen Strömung zugeteilt werden, wie der Kunsthistoriker Marius J. Tataru in der Begleitbroschüre der Ausstellung bemerkt.
„Faszination für einen Raum, der sich außerhalb jeglicher perspektivischen Logik befindet“ entziffert er in der Zweierkomposition „Schwarzes Licht“ (2004-2005) und „Phao“ (2005). Im Gegensatz zu deren starken Farben wirkt der imposante, pastellige „Große blaue Cherubin“ (2000) weich und leicht wie Seide. Im kleinen Nebenraum am Museumseingang ist der deutschsprachige Film „KATH. Taubenbriefe“ (1999) zu sehen – leider nur für einen Teil des Publikums zugänglich, weil eine rumänische Untertitelung fehlt. Hier spricht die Künstlerin mit dem Regisseur Günter Czernetzky über prägende Ereignisse, Eindrücke und Inspirationsquellen. Die 1931 Geborene erinnert sich an ihre Kindheit in Hermannstadt, an ihren Vater, den Maler Dolf Hienz, an ihre Jugendzeit, an die Auswanderung nach Deutschland im Jahr 1970 und an das Unterrichten der Bildkomposition und Ikonenmalerei an der Münchener Volkshochschule („das ist handwerkliches Training, Kunst kommt erst danach!“, so die Malerin).
Ihre weiterführende Ausbildung als Ikonenmalerin an der Rumänischen Patriarchie setzte sie zunächst um, indem sie einige Freskomalereien für Kirchen aus dem Bărăgan fertigstellte, doch genauso ließ sie sich auch für weltliche Fresken (z.B. die Fassade des Lügenmuseums in Gantikow) begeistern. Weitere Aspekte ihres Oeuvres – raffinierte Aktzeichnungen und charaktervolle Porträts – sind im kleinen Ausstellungsraum des Kronstädter Museums zu sehen. Die Ausstellung ist bis zum 23. März geöffnet.