Opfer der politischen Entwicklungen der Revolutionsjahre 1848/1849

Vor 175 Jahren wurde Stephan Ludwig Roth, der Vertreter der sächsischen Minderheit hingerichtet

Stephan Ludwig Roth

Der Ausbruch der französischen Revolution im Februar 1848 löste praktisch eine Kettenreaktion in Europa aus, was politische Folgen mit sich brachte, für einige der Völkerschaften entstanden neue standesgemäße Voraussetzungen. Für die Siebenbürger Sachsen kam es zu einem Verlust ihrer Rechte, wurden von einer „Geschützten Nation“ zu einer ethnischen Minderheit in Siebenbürgen. In Wien war die Revolution am 11. März 1848 ausgebrochen, unter deren Druck Kanzler Metternich abdankte und flüchtete. Kaiser Ferdinand musste unter dem Druck der revolutionären Forderungen Versprechungen machen bezüglich einer liberalen staatlichen Ordnung, die Gleichberechtigung für alle Staatsbürger, gleich welcher Volkszugehörigkeit diese angehörten, Pressefreiheit u.a. sicherte. Am 3. April wurden die  Rumänen in Siebenbürgen als gleichberechtigte Bürger anerkannt, die Sachsen wurden praktisch auch zur Minderheit, und sahen sich bedroht durch die aufkommenden Magyarisierungstendenzen durch die Vereinigung Siebenbürgens mit Ungarn. Durch den Konflikt zwischen der ungarischen Revolutionsregierung und dem habsburgischen Kaiserhaus, nachdem Ungarn die Unabhängigkeit von Österreich erklärt hatte, entstand die Unzufriedenheit der ungarischen Behörden gegenüber den Sachsen und Rumänen, da diese die Position des kaiserlichen Heeres unterstützten. Der im Herbst 1848 ausgebrochene Bürgerkrieg führte dazu, dass Siebenbürgen bis Sommer 1849 unter die Macht der ungarischen Regierung kam, die Repressivmaßnahmen einleitete. Gegen diese Maßnahmen stellte sich auch der Pfarrer, Publizist und Schulmann Stephan Ludwig Roth, der verhaftet, durch ein Schnellverfahren verurteilt und hingerichtet wurde.

Stephan Ludwig Roth wurde als Sohn eines Lehrers und Pfarrers 1796 in Mediasch geboren. Die erste Schulausbildung erhielt er in Mediasch und dem nahegelegenen Hermannstadt, studierte anschließend in Tübingen, um sich dann eine Zeit in Iferten in der Schweiz bei Pestalozzi aufzuhalten. Er kehrte in die Heimat als Doktor der Philosophie zurück. Hier wirkte er als Pfarrer, als Pä-dagoge, Schulmann, als Wirtschaftler, wobei er seine Kenntnisse in den Dienst der Gemeinschaft stellte, der er entstammte. Insgesamt wirkte er 13 Jahre von 1821 bis 1834 als Lehrer und Rektor des Gymnasiums in Mediasch, das heute seinen Namen trägt,wobei er den Unterricht nach den bei Pestalozzi erhaltenen Kenntnissen gestaltete. Es folgten weitere 15 Jahre, in denen er im theologischen Dienst in Mediasch und dann in Niemesch stand. Davon 1834 bis 1837 in Mediasch und die letzten Jahre (1837 – 1847) in Niemesch und schließlich dann in Meschen. Er war Herausgeber mehrerer Publikationen und Schriften, in denen er sich für die aktuellen Probleme einsetzte. Er veröffentlichte eine pädagogische Fachzeitschrift, je eine Publikation für die Anliegen der Bauern und für die Gewerbetreibenden, sprach aktuelle politische Probleme in der damaligen Presse an, war für eine Modernisierung der Pfarrwahlen. Zu seinen bekanntesten Schriften gehört „Der Sprachkampf in Siebenbürgen. Eine Beleuchtung des Woher und Wohin?“, erschienen 1842, in der er u.a. auf die Anerkennung der rumänischen Sprache in Siebenbürgen, die von dem meisten Bewohnern gesprochen wurde, und auch als Verständigung zwischen den Nationalitäten diente, eingeht. Somit wurde er zu einer bekannten Persönlichkeit in Siebenbürgen, geschätzt auch von den anderen dort lebenden Nationalitäten. Als Volksvertreter wurde er 1848 in das Amt als politischer Vertreter der sächsischen Nationsuniversität berufen. Der ausgebrochene Bürgerkrieg nahm Roths Einsatz als Pazifist voll in Anspruch, um weiteren Übergriffen vorzubeugen. Im Januar 1849 wurden die österreichischen Truppen geschlagen, wobei die von General Bem angeführten ungarischen revolutionären Brigaden den Sieg verzeichneten. Bem hatte die Amnestie ausgerufen, doch Stephan Ludwig Roth wurde am 21. April 1849 in Meschen gefangengenommen, verhaftet,  abgeführt und nach Klausenburg vor ein Militärgericht gebracht, das ihn am 11. Mai 1849 zum Tode verurteilte. Am gleichen Tag wurde das Urteil vollstreckt. Er bleibt einer unserer großen Sachsenvertreter in der Geschichte, die seinem fortschrittlichen Denken und Wirken einen Ehrenplatz gesichert hat.