Wie ein Lauffeuer ging die Nachricht von dem Einsturz der Türme der Evangelischen Kirchen A.B. am 14. Februar in Radeln und am 19. Februar in Rothbach durch die Medien. Aber besonders betroffen von diesen traurigen Ereignissen wurden die Ortsbewohner, die Kirchenglieder der beiden Diasporagemeinden. In Radeln waren es am Jahresende immerhin noch 44, in Rothbach ganze 12 Mitglieder jeweiliger Kirchengemeinde. Nach dem massiven Aderlass und der Vereinsamung sahen sich nun die Gemeindeglieder auch ihrer letzten Stütze beraubt, der Kirche, die für geraume Zeit nicht mehr dienlich sein kann, oder im Falle von Rothbach voraussichtlich endgültig geschlossen wird.
Das Kronstädter Bezirks- und das Landeskonsistorium trafen einige Sofortmaßnahmen für die Sicherung an beiden Orten, wendeten sich um Unterstützung und Hilfe an das Kulturministerium, an Hilfe aus dem Ausland. Ovidiu Ganţ, Abgeordneter seitens des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien im Parlament, machte Eingaben an die Regierung, um finanzielle Unterstützung zu erhalten. Anlässlich des 16. Kuratorentages am 12. März, der vom Landeskonsistorium einberufen worden war, erläuterten die Kuratoren der Gemeinden, welches der Zustand der jeweiligen Kirchengebäude ist, um nach Möglichkeit solchen Ereignissen vorzubeugen. Einige befinden sich in gutem Zustand, andere sind vom Einsturz bedroht. Man kam auch zu der Einsicht, dass nicht alle Kirchengebäude gerettet werden können.
Im Auftrag des Premierministers Dacian Cioloş, traf am Gründonnerstag, dem 25. März l.J., der Vizepremier der rumänischen Regierung Vasile Dâncu in Begleitung von Ovidiu Ganţ vor Ort ein, wo er in klärenden Gesprächen mit Bischof Reinhart Guib und Hauptanwalt Friedrich Gunesch über die weiteren Schritte beriet und vor allem Soforthilfe von der Regierung versprach. An der Aussprache beteiligten sich seitens der Landeskirche auch Pfarrer Dr. Ştefan Cosoroabă, Stefan Bichler, Ortwin Hellmann, Kurator des Kronstädter Evangelischen Kirchenbezirkes, der Unternehmer Michael Schmidt, Vorsitzender gleichnamiger Stiftung, Mihai Donţu, Abgeordneter im Parlament seitens des Repser Gebietes, Sorin Taus, Bürgermeister der Gemeinde Marienburg, zu der Rothbach gehört.
Dâncu, der persönlich vom Premierminister beauftragt wurde, Dringlichkeitsmaßnahmen zu treffen, betonte, Gelder aus dem Reservefond der Premiers zu lockern, um erste Hilfe zu gewähren. Aber es braucht auch dringend Gutachten von Experten, um die beiden Baudenkmäler in ein Finanzierungsprogramm aufzunehmen. Diesbezüglich gibt es auch weitere Möglichkeiten wie das Regio-Programm mit ausländischer Unterstützung oder das Nationale Entwicklungsprogramm für Lokalebene (PNDL). Gelder gibt es auch im Bereich des Denkmalschutzes, dafür benötigt es aber einen umfassenden Plan. Auch der Kronstädter Kreisrat muss sich da einschalten, betonte Dâncu. „Wir wurden überrascht von dem Einsturz des Kirchturmes von Rothbach“, betonte Bischof Reinhart Guib. Bisher wurden einige Eingriffe an diesem unternommen, doch nicht ausreichend. Nun sind die Arbeiten aber dringend und von großen Ausmaßen. Hauptanwalt Friedrich Gunesch betonte, vom Kulturministerium 500.000 Lei für die ersten Sicherungsmaßnahmen erhalten zu haben. Ein Sonderstab wurde im Rahmen der Evangelischen Landeskirche gegründet, der sich der Situation angenommen hat.
Im Anschluss besuchte Vasile Dâncu in Begleitung der gesamten Gefolgschaft Radeln, wo auch Rockstar Peter Maffay, Vorsitzender der Tabaluga-Stiftung, eingetroffen war. Desgleichen Karl Hellwig Stadtrat von Reps und Caroline Fernolend, Gemeinderat in Bodendorf und Direktorin der Mihai Eminescu Trust Stiftung. Da wurden die weiteren Schritte besprochen, um den teilweise eingestürzten Kirchturm zu sichern und zu retten. Der Vizepremier versprach, sich auch für den Ausbau der Gemeindestraßen von der Nationalstraße bis Radeln und der von Bodendorf bis Deutschweißkirch einzusetzen. Einen Teil der diesbezüglichen Finanzierung trägt auch der Kronstädter Kreisrat, wie dies auf seiner letzten Sitzung angenommen wurde.
Ihre Besorgnis zeigen auch die jeweiligen Heimatortsgemeinschaften in Deutschland über die Lage in den Heimatgemeinden. Die Rothbächer HOG trifft am 7. Mai in Würzburg zusammen. um über die Zukunft der teilweise eingestürzten Kirche zu beraten. Gleich nach dem Vorfall wurden Kultobjekte aus der Kirche per Inventar übernommen, Pfeifen und Orgelteile in die Orgelbauwerkstatt von Honigberg gebracht. Der Schutt muss sortiert werden, um die brauchbaren, alten Steine zu verwenden, der Kirchenraum muss durch eine Mauer abgeschlossen werden, um diesen vor Wettereinfluss und vor weiterem Einsturz zu sichern. In Radeln wurde die Orgel abgebaut und in die Schwarze Kirche nach Kronstadt gebracht. Die Glocken in Rotbach wurden aus dem Schutthaufen geborgen, die Turmspitze konnte auch an sicheren Ort gebracht werden. Laut Meinung von Bezirkskirchenkurator Ortwin Hellmann sollte ein Architekturwettbewerb, einschließlich ausländischer Beteiligung ausgeschrieben werden, um die beste Lösung für die Rettung diese Baudenkmals zu finden.
Eine weitere Finanzierungsquelle bietet die Entwicklungsagentur Zentrum mit dem Sitz in Karlsburg. Bis zum 25. Mai können dort Projekte eingereicht werden, die eine Finanzierung bis zu fünf Millionen Euro erhalten können. Für die, die dem UNESCO Kulturerbe angehören, können Finanzierungen bis zu zehn Millionen Euro erhalten werden. Derartige Anträge können von Bürgermeisterämtern, Kreisräten, Ministerien, Glaubensgemeinschaften (Kirchen, Bischofsämter) gestellt werden. Innerhalb dieser Projekte werden Finanzierungen für Restaurierungen, Konsolidierungen und Schutzmaßnahmen der Baudenkmäler genehmigt. Das diesbezügliche regionale Programm, das der Entwicklungsregion Zentrum aus europäischen Mitteln zusteht, beträgt 33,83 Millionen Euro. Möglichkeiten sind somit vorhanden. Dringend müssen aber die Beschlüsse gefasst werden, welches die Zukunft der Kirche von Rothbach sein soll, wird der Kirchturm wieder aufgebaut oder wird eine andere Lösung in Betracht genommen. Dafür muss dann dringend das entsprechende Projekt ausgearbeitet werden.
In diesen Tagen wurde auch die Saison des Kirchenburgentourismus wieder eröffnet, der im Rahmen des Projektes „Entdecke die Seele Siebenbürgens“ läuft, das 2013 eingeleitet wurde. Mit dem Ferienpass „Transilvania Card“ können zahlreiche der Kirchenburgen besucht werden, die Besucher noch mehr für diese Baudenkmäler sensibilisiert werden. Dadurch zeigen sich auch die öffentlichen, zuständigen Behörden wie Regierung und Kulturministerium am Erhalt der Kirchenburgen besonders interessiert und sind auch bereit, Gelder dafür zur Verfügung zu stellen. Das betonte wiederholt auch Vizepremier Vasile Dâncu anlässlich seiner am Gründonnerstag vorgenommenen Besichtigungen vor Ort.