Die Stadt unter der Zinne ist ohne seine Türme und Basteien kaum vorzustellen. Sie werden täglich von Touristen aus dem In- und Ausland besucht, doch auch bei den Kronstädter sind die Wahrzeichen der Stadt beliebt. Die Favoriten sind die Weberbastei und der Schwarze und Weisse Turm. Nicht nur, weil man hier romantische Spaziergänge machen kann. Viele der historischen Monumente werden zur Bühne für verschiedene Kulturveranstaltungen oder beherbergen Museen. Trotzdem geht es lange nicht so energisch zu wie in anderen Städten, wo die Lokalbehörden die Türme verschiedenen Kulturvereinen zur freien Verfügung überlassen haben (z.B. in Neumarkt am Mieresch) und sich hinter den dicken Mauern wirklich etwas tut. Man hat aber auch in Kronstadt langsam angefangen, das Potenzial der historischen Gebäude auszunutzen. Bei Amural, dem ersten Festival für zeitgenössische bildende Kunst, das jemals in Rumänien organisiert wurde, hat man im September des Vorjahres durch Video-Mapping die Architektur der Stadt zum Leben erweckt. Durch 3D-Projektionen wurden zum Beispiel die beiden auf der Warthe gelegenenTürme mit verschiedenen Kunstwerken angestrahlt. Das Event erfreute sich eines großen Erfolges. Jetzt gibt es jedoch Grund zur Sorge: sowohl die Weberbastei, als auch die beiden Türme müssen dringend saniert werden, sonst besteht die Gefahr, dass sie in Kürze nicht mehr zu kulturellen oder touristischen Zwecken genutzt werden können.
Bei Kronstädtern sehr beliebt
Laut den Ergebnissen der „Studie für Kulturkonsum der Bevölkerung des Munizipiums Kronstadt“, die im Herbst des Jahres 2015 an die Öffentlichkeit gebracht wurden, ist die Weberbastei bei den Kronstädtern sehr beliebt, wenn es darum geht, Konzerte oder andere Open-Air Veranstaltungen zu besuchen. Die Events, darunter der „Bunte Abend“ des deutschen Forums, der jedes Jahr zu Sommerbeginn organisiert wird, erfreuen sich immer großer Beteiligung. Trotzdem wird das Potential der Weberbastei nicht genügend ausgenutzt. Bevor man aber verschiedene Projekte genehmigt, die hier stattfinden sollen, müsste man das historische Monument sanieren. Vor einem Monat sendete die Evangelische Kirche A.B. Kronstadt ein Alarmsignal: man müsste dringend den Verfall des Monumentes stoppen. Die Kirche hat beschlossen, die Kosten der Reparaturen zu tragen und hat diesbezüglich einen Vorschlag an den Kronstädter Kreisrat weitergeleitet.
Die Struktur des Gebäudes ist zur Zeit noch nicht gefährdet, trotzdem sind einige Reparaturen fällig. Es wurde gewarnt, dass besonders das Dach sich in einem schlechten Zustand befinden würde. Man sollte dringend neue Ziegel auflegen. Ebenfalls ist es wichtig, das Wasser, das sich in der Nähe des Gebäudes angesammelt hat, abzuleiten. Eine Installation für die Ableitung von Niederschlagwasser ist dringend benötigt. „Die Evangelische Kirche wünscht sich, dass durch diese Arbeiten die Standfestigkeit des historischen Gebäudes bis zu den nächsten Renovierungsarbeiten gesichert wird“, erklärte Frank-Thomas Ziegler, Vertreter der Honterusgemeinde.
Auch das Holz in den Galerien ist verfault. „Es gibt keine Probleme mit dem alten Holz aus dem 19. und 20.Jahrhundert, sondern mit dem Holz, das vor ein paar Jahrzehnten bei verschiedenen Reparaturarbeiten angelegt wurde. Solange das faule Holz nicht ersetzt wird, gibt es ein hohes Unfallrisiko, falls in der Weberbastei weiterhin Kulturveranstaltungen organisiert werden. Auch die elektrische Installation, die sehr alt ist, muss ausgewechselt werden. Wenn man eine neue, moderne Belichtung haben wird, kann man die Weberbastei perfekt für Theateraufführungen und Konzerte nutzen“, meint der Historiker Nicolae Pepene, Leiter des Geschichtsmuseums Kronstadt.
Vorläufig kann man sich in der Weberbastei nur eine Karte Kronstadts aus dem Jahr 1896 und eine kleine Waffenkollektion anschauen. Es werden aber verschiedene temporäre Ausstellungen geplant, damit das historische Gebäude für Touristen attraktiver wird. Die Evangelische Kirche, das Geschichtsmuseum und der Kronstädter Kreisrat haben vor, eine Partnerschaft zu schließen, um zusammen europäische Gelder für Kulturprojekte beantragen zu können. Was die Reparaturen betrifft, ist bis zu diesem Zeitpunkt noch nichts Konkretes bekannt.
Was passiert mit den Türmen?
In einer schwierigen Situation befinden sich auch der Schwarze und der Weiße Turm. Die beiden Wehrtürme auf der Warthe wurden in den letzten Jahren von Consilprest SRL verwaltet, einer Firma, die dem Kronstädter Kreisrat untergeordnet ist. Im Sommer 2015 hat Consilprest die Schlussfolgerung gezogen, dass es sich bei den beidenTürme um Sehenswürdigkeiten handelt, deren Verwaltung und Pflege eher Verluste als Gewinne einbringen. Der Kreisrat hatte vorgeschlagen, dass die beiden Türme vom Geschichtsmuseum übernommen werden sollen. Das war jedoch nicht möglich, da die Monumente Eigentum des Bürgermeisteramtes Kronstadt sind und sich im öffentlichen Raum befinden.
Im Januar dieses Jahres hatte der ehemalige stellvertretende Vorsitzende des Kreisrates Claudiu Coman bekanntgegeben, dass die beiden Wehrtürme während des Winters geschlossen bleiben. Anfang März hat Consilprest den Kreisrat darüber informiert, dass wegen der Schneefälle und des schlechten Wetters verschiedene Schäden an den Türmen verursacht wurden. Anfang April wurde beschlossen, dass sich der Kreisrat dringend um die Verwaltung und Pflege der beiden Wehrtürme kümmern soll, bis diese dem rechtlichen Eigentümer, also dem Bürgermeisteramt Kronstadt, zurückerstattet werden. Consilprest besteht aber auch auf die Rückerstattung der Investitionen, die an den Türmen vorgenommen wurden. Bis zur Klärung der Situation stehen die beiden Monumente verlassen da. Vorläufig dienen sie nur als schöne Fotografie-Kulisse.