Eines der grundlegenden Standardwerke der siebenbürgisch-sächsischen Geschichtsschreibung und Literatur ist das „Schriftsteller-Lexikon oder biographisch-literärische Denk-Blätter der Siebenbürger Deutschen“ wie es im Originaltitel heißt, das vor 150 Jahren in Kronstadt 1868 im Verlag und der Druckerei von Johann Gött & Sohn Heinrich erschienen ist. Der Autor Joseph Trausch entstammte einer geistlichen Familie. Seine Vorfahren waren väterlicherseits alle Geistliche gewesen.
Joseph Trausch wurde am 9. Februar 1795 in der Stadt unter der Zinne geboren. Da besuchte er das Gymnasium, um anschließend seine Ausbildung in Klausenburg und Neumarkt fortzusetzen. Schon früh wurde er in verantwortungsvolle Ämter berufen: 1817 als Magistrats-Honorärsekretär, übte Kanzleipraxis einschließlich in Wien aus. Zurückgekehrt nach Kronstadt war er da Stadtarchivar von 1823 bis 1824, dann Obernotar von 1827 bis 1840. 1831 wurde er Magistratsrat, und neun Jahre später Polizeidirektor von 1842 bis 1849. Einige Male war er Mitglied im Siebenbürgischen Landtag und vertrat die Sächsische Nationsuniversität in einigen Aufgaben, mit denen er betraut wurde. Später treffen wir ihn in Hermannstadt als Rechtskonsulent an und ab 1850 Präsident des kaiserlich-königlichen Kammerprokurators. Einige Jahre später trat er 1860 in den Ruhestand. Für seine öffentliche Tätigkeit wurde er mit dem Ritterkreuz des Franz-Joseph-Ordens ausgezeichnet. Trausch gehörte auch zu den Gründern des Vereins für siebenbürgische Landeskunde. Sein wichtigstes Werk ist das Schriftsteller-Lexikon, das bis zu seinem Tod, der am 16. November 1871 in seiner Heimatstadt erfolgte, in drei Bänden erschienen ist. Abgeschlossen wurde dieses Werk mit einem vierten Band, den Dr. Friedrich Schuller als Autor zeichnet und der in Hermannstadt 1902 im Verlag und der Druckerei W. Krafft erschienen ist.
Großes Interesse an der Geschichte
Schon von früh an zeigte Joseph Trausch besonderes Interesse an der Geschichte der Siebenbürger Sachsen, an der Heimatkunde. Er hat zahlreiche Urkunden, Chroniken, Nachschriften und Bücher gesammelt. Trausch hat zwölf Bände von Abschriften zu einem Urkundenbuch der Siebenbürger Sachsen gesammelt. Er war es, der auch als erster ein Urkundenbuch zur Geschichte der Rumänen aus Siebenbürgen und eines zur Geschichte der Szekler zusammenstellte. Auch war er ein Mitarbeiter und Förderer der ersten deutschen Publikation in Kronstadt, des „Siebenbürger Wochenblatts“ und der „Blätter für Geist, Gemüth und Vaterlandskunde“ (1837).
Joseph Trausch bezeichnet sich selbst auf dem Titelblatt des ersten Bandes als „k.Finanz-Rath in Pension, Ritter des k.k. Franz-Joseph-Ordens, Korrespondent der k.k. geologischen Reichs-Anstalt, Ehren-Mitglied des siebenbürgischen Vereins für Naturwissenschaften in Hermannstadt, Kurator des Kronstädter Kirchen-Bezirkes A. B. und Vorsteher des Vereins für siebenbürgische Landeskunde“. Trausch ist auch der Autor einer „Geschichte des Burzenländer Capitels“ und der „Beiträge und Actenstücke zur Reformationsgeschichte von Kronstadt“.
Im Vorwort zum ersten 1868 erschienenen Band seines Lexikons betonte Joseph Trausch, dass schon in den Gymnasialjahren die Geschichte und das Wirken seiner sächsischen Landsleute ein besonderes Interesse bei ihm ausgelöst hatten. Durch Zufall kam er in Besitz des Buches von Johann Seivert über siebenbürgische Gelehrte und ihre Schriften, das 1785 in Preßburg erschienen war, und dann seinen Forschungsdrang anregte, mehr über seine Mitmenschen zu erfahren. Er begann nach Ergänzungen über die verstorbenen, bei Seivert angeführten Persönlichkeiten zu suchen, wie auch nach zusätzlichen Daten über die noch lebenden sächsischen Schriftsteller seiner Zeit. Zu Hilfe kamen ihm auch die Berichte aus der Siebenbürgischen Quartal-Schrift und aus den Siebenbürgischen Provinzblättern. In seinem Drang nach der Datensuche ging er viele Bekanntschaften ein, machte Reisen in siebenbürgische Städte, wo er sich zeitweilig aufhielt um seinen Forschungen nachzugehen. Anfangs benutzte er diese Ergänzungen zu den Angaben Seiverts nur für sich selbst als Kuriosum. Als seine Forschungen aber größere Ausmaße annahmen, kam ihm der Gedanke, seine Angaben als Lexikon in Buchform herauszubringen und den Lesern zur Verfügung zu stellen. „Ich bin mir bewusst, das nicht übersehen zu haben, fühle dagegen auch selbst, dass grade deswegen meine Arbeit hie und da – außer anderen großen Mängeln – auch die Spuren einer vielfachen Unterbrechung in einer langen Reihe von Jahren an sich trägt, ein Mangel, dem ich bei vorgerückten Jahren und heterogenen Amts-Geschäften nicht nach Wunsch habe abhelfen können. Hauptsächlich in dieser Hinsicht mögen demnach wohlwollende Leser mein Buch mit freundlicher Nachsicht beurteilen, und sich an dem Haupt-Inhalte meines Buches für vorkommende Formfehler schadlos halten“ betonte er.
Außer den schon erwähnten Publikationen, die er als Quellenmaterial benutzte, hat er mehrere Schriften aus ungarischen Bibliotheken, aber auch die Handschrift Seiverts, die sich nach dessen Tod in Besitz des Hermannstädter Stadtpfarrers Johann Filtsch und dann dessen Sohnes, der Pfarrer in Schellenberg war, befand, für seine Dokumentation benutzen können. Anderseits bedauerte er die Tatsache, dass er einige wichtige Schriften, wie beispielsweise die des am 25. September 1812 verstorbenen Professors der Theologie am Klausenburger reformierten Kollegium, Michael Pap, „Siebenbürgisch-ungarische Gelehrtengeschichte“ nicht einsehen konnte. Zu Hilfe kamen ihm aber noch einige Nachschlagwerke, wie beispielsweise die Österrei-chische Nationalenzyklopädie (1835 – 1837), sowie die aus den Jahren 1850 - 1851. In diesen fand er auch zahlreiche Quellenangaben, die ihn zu weiteren bibliographischen Angaben führten.
Schriftsteller-Lexikon ergänzt
Trausch sah ein, dass seine Arbeit an Bedeutung und Wert gewinnen würde, wenn dieses das Leben und Wirken sämtlicher siebenbürgischer Schriftsteller umfassen würde. Gab es für die ungarischen Persönlichkeiten derartige Initiativen von Historikern dieser Nationalität, waren es nicht die gleichen Chancen für die Rumänen. „Was die Literatur der siebenbürgischen Rumänen betrifft, kann ich nur den Wunsch aussprechen, dass sich ein Kenner derselben, welcher die Hilfsmittel dazu besitzt, die Aufgabe stellen möge, die gelehrte Welt auch damit, und besonderes mit ihren zahlreichen neuen Produkten bekannt zu machen“ betonte Trausch.
Er zählte in seinem Schriftstellerlexikon auch die Verfasser kleinerer Schriften auf und wollte damit sein Werk so vollständig wie nur möglich ausarbeiten. Er wollte dadurch freilich nicht nur Seiverts Unterlagen erweitern, sondern auch sich selbst einen größeren Verdienst erwerben. Er war sich bewusst, dass viele der Angaben über die verschiedenen sächsischen Persönlichkeiten mangelhaft waren, machte sich daher an die Arbeit, diese nach Möglichkeit auszuweiten, indem er Nachforschungen über jede einzelne Person, die er in den drei Bänden darstellte, anstellte. In seinen drei Bänden hat Trausch Angaben über das Leben und Schaffen von über 800 sächsischen Persönlichkeiten geboten. In Seiverts Buch zählte er, wie er angibt, 47 Kronstädter, 52 Hermannstädter, 17 Mediascher, 11 Schäßburger und 12 Bistritzer. Somit ist auch zahlenmäßig der Unterschied seiner Arbeit gegenüber der von Seivert sehr beträchtlich. Als Anhang wird ein entsprechendes Namensregister sämtlicher Personen, die er in sein Werk aufgenommen hat, angegeben. Zudem hat er bei allen von ihm verfassten Angaben einleitend die Initialen Tr. und bei denen, die von Seivert stammen Seiv. vermerkt. Auch betonte er, hätte die von Johannes Honterus 1547 in Kronstadt errichtete Bibliothek noch bestanden, wäre seine Ernte gesegneter gewesen. Die Künste und Wissenschaften haben seit Jahrhunderten unter den Sachsen geblüht, somit hat er versucht, diesen auch durch sein Werk ein Denkmal zu setzen.
Trausch starb während der Drucklegung des dritten Bandes. Das Manuskript hatte er abgeschlossen. Eugen von Trauschenfels (1833 - 1903) nahm sich der Herausgabe des dritten Bandes nach Wunsch von Trausch an. Wie schon betont, sollte dann der vierte Band, als dessen Autor Dr. phil. Friedrich Schuller, Dozent am Landeskirchenseminar in Hermannstadt zeichnete, als Ergänzung der erschienenen drei Bände veröffentlicht werden. Dieser enthält zusätzlich gesammelte biographische und bibliographische Daten siebenbürgisch-deutscher Schriftsteller.
Noch Seivert hatte zu Lebzeiten betont: „Das Gedächtnis unserer sächsischen und ausländischen Gelehrten, die im Schoße unserer Völkerschaft gelebt haben, sowohl, als die von ihnen hinterlassenen gedruckten und handschriftlichen Denkmäler ihres Fleißes zu erneuern“ ist eine Aufgabe, die den Nachkommen zukommt. Dieser Aufgabe nahm sich Hermann Adolf Hienz an, im Dienst der siebenbürgischen Landeskunde diese Arbeit fortzusetzen. Als Beiträge zum Schriftsteller-Lexikon der Siebenbürger Deutschen erschienen diese bis zur 12. Folge als Beilage zur Zeitschrift für Siebenbürgische Landeskunde und wurden gedruckt mit Unterstützung des Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien im Böhlau-Verlag Köln Weimar Wien. Zu der von Seivert hinterlassenen Aufforderung fügte Hermann Hienz hinzu, dass nur so das Leben und Wirken seiner Träger bewahrt werden kann. Und betonte bei der an ihn erfolgten Verleihung des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturpreises 2010: „Dies sollte gerade in der heutigen Zeit und nach dem, was unsere Gemeinschaft in den letzten 65 Jahren durchgemacht hat, ein Anliegen und ein Bedürfnis von uns allen sein...Der mir zuerkannte Siebenbürgisch-Sächsische Kulturpreis gründet wohl im Wesentlichen auf meine Arbeiten am ‚Schriftsteller-Lexikon der Siebenbürger Deutschen‘“.