Verein der Elite der rumänischen Intellektuellen Siebenbürgens

Umfangreicher Band gewidmet dem ASTRA Verein anlässlich des 155-jährigen Gründungstages

Eine Buchvorstellung ist nicht immer der größte Anziehungspunkt im kulturellen Bereich. Anders war es aber bei der Vorstellung des Bandes „ASTRA în satul meu“ (ASTRA in meinem Dorf) von Ion Onuc Nemeş am 11. Mai 2016 in Hermannstadt. Ein erlesenes Publikum, zahlreiche Intellektuelle nützten den Anlass, das Buch, dessen Autor mehrere Jahre Direktor der ASTRA-Bibliothek in Hermannstadt war, positiv zu bewerten, sich zu dem Inhalt zu äußern und die Arbeit von Ion Onuc Nemeş zu würdigen. Seither fand in mehreren Städten und der Heimatgemeinde des Herausgebers die Vorstellung dieser über 500 Seiten umfassenden Dokumentation statt, dieses auch aus Anlass des 155-jährigen Gründungstages der Transilvanischen Vereinigung für Rumänische Literatur und die Kultur des Rumänischen Volkes ASTRA (Asociaţia Transilvană pentru Literatura Română şi Cultura Poporului Român). Gegründet wurde der Verein am 23. Oktober 1861 in Hermannstadt. Schwerpunkte waren die Förderung der rumänischen Literatur und Kultur durch Studien, der Ausarbeitung von Werken im Bereich der Wissenschaften und Künste, die durch Preise und Stipendien unterstützt werden sollte. Ein Ergebnis sollte die Herausgabe der ersten „Rumänischen Enzyklopädie“ in den Jahren 1898 – 1904 werden.

Zum Vorsitzenden des Vereins wurde der orthodoxe Metropolit Andrei Şaguna gewählt. Sein Stellvertreter war der Historiker und griechisch-katholische Theologe Timotei Cipariu. Der Kronstädter Journalist, Historiker und Philologe George Bariţiu wurde zum Generalsekretär des Vereins gewählt. Ein weiterer wichtiger Schritt wurde 1897 durch die Gründung der „Casa Naţională“ (National-Haus) getan, der die Kultureinrichtungen wie Bibliotheken, Museen fördern sollte. Dem Verein schlossen sich namhafte Intellektuelle an, zahlreiche regionale Filialen wurden gegründet. An der Generalversammlung der ASTRA, die am 20. September 1936 in Blasendorf stattgefunden hat und dabei das 75-jährige Jubiläum begangen wurde, beteiligten sich auch der rumänische König Carol II. und Kronprinz Michael.

Nach dem Zweiten Weltkrieg folgten schwere Zeiten für den Verein und seine leitenden Mitglieder. 1948 wurde dieser von den neuen Machthabern verboten. Dieses geschah dann offiziell durch den Beschluss des Ministerrates Nr. 47070 vom 25. Mai 1950, als das Innenministerium mehrere Kulturvereine, darunter auch ASTRA, verbot. Erst nach 1960 konnte man wieder über den Verein sprechen. In Kronstadt wurde 1966 sogar eine Kulturzeitschrift „ASTRA“, die den Namen des Vereins auch heute trägt, gegründet, und zog zahlreiche Intellektuelle zu ihren Mitarbeitern heran.

Der Schriftsteller, Dichter, Journalist und Ikonenmaler Ion Onuc Neme{ hat anhand seiner Erinnerungen in seinem Geburtsort Sâncraiu Almaşului, Kreis Sălaj, die Bedeutung der von dem ASTRA-Verein entfalteten Kultur- und Bildungstätigkeit innerhalb der rumänischen Bevölkerung in Siebenbürgen hervorgehoben. Über die Rolle dieses Kulturvereins haben viele Autoren Bücher veröffentlicht, Studien ausgearbeitet. Doch Nemeş verfällt nicht darin, einiges schon Bekannte zu wiederholen, sondern hat ein Buch aus einer ganz anderen Sicht veröffentlicht. So hebt er besonders die Rolle der Dorf-Intellektuellen hervor, die diese Kultur- und Aufklärungsarbeit am Lande unterstützt haben.

Der Verein hatte seine Anhänger auch jenseits der Grenzen, in Gebieten, wo es eine rumänische Bevölkerung gab wie im serbischen Banat oder der Südbukowina. Gegründet und gefördert wurden Bibliotheken, Schulen am Lande, Kulturhäuser, Vorträge wurden gehalten. Die Pfarrer und Lehrer wurden als „Söhne des Lichtes“ eingeschätzt. Für die Dörfer, die Gemeinden zugeteilt waren, wurden Wanderbibliotheken gegründet. Im Kronstädter Kreis wurde eine solche für Marienburg ins Leben gerufen. Bücher wurden aber auch beispielsweise nach Bessarabien geschickt. In einigen Untergliederungen des Vereins in Agnetheln, Blasendorf, Kronstadt, Törzburg, Schäßburg wurden anlässlich der regionalen Versammlungen tausende aufklärende Broschüren ausgeteilt. Anlässlich einer Kulturveranstaltung in Schäßburg am 6. November 1921, wurden 125 Volksbibliotheken für die Ortschaften aus dem Kokelgebiet ausgeteilt.

Andrei Şaguna sah als Hauptgrund der Armut und des Rückstands der Bevölkerung, den Mangel an Unterricht und Bildung. Ausstellungen wie beispielsweise die im Oktober 1902 in Hermannstadt stattgefundene Wirtschaftsschau betrachtete er als offene Lektionen im Bereich der Sozialpädagogik. In den lokalen Monographien sah er kleine Geschichtsschreibungen der großen Landesgeschichte. Die Klausenburger Niederlassung führte ab 1933 ein neues Programm ein u.zw. brachte sie einmal monatlich Bauern aus umliegenden Dörfern zu Oper- oder Theatervorstellungen. Nach dem Modell aus der Tschechoslowakei wurden auf Dörfern gezielt Schulen für die Ausbildung von Bauern eingerichtet. Der Vorsitzende der ASTRA-Filiale von Fogarasch, Prof. Valeriu Literat hat hier 1933 und 1934 eine derartige Bauernschule organisiert. Die Kurse begannen vor Frühlingsanbruch, dauerten vier Wochen und wurden von Fachleuten aus der Landwirtschaft durchgeführt. Zum Abschluss wurden den Kursteilnehmern praktische Geschenke, wie bei-spielsweise Baumsetzlinge geschenkt, um sie in ihren Gärten zu pflanzen.

Die heute viel gelobte Transalpina-Straße, die von Mühlbach nach Novaci über die Karpaten bis 2200 m Höhe führt, wurde im Herbst 1935, am 6. Oktober von König Carol II. eingeweiht, der die Initiative für deren Bau hatte. Der „Königsweg“ verbindet die Kreise Hermannstadt, Alba, Hunedoara und Gorj.

Der Verein zollte dem Sport große Bedeutung. Am 13. Juni 1937 beteiligten sich König Carol II. und Großwoiwode Michael an einer großen sportlichen Festveranstaltung in Klausenburg. Sie waren zu Ehrenvorsitzenden des ASTRA Vereins 1932 bzw. 1941ernannt worden. Bei dem Anlass wurde auch dem Sportpark von Klausenburg der Name des Königs verliehen.

Der Band umfasst einen sehr reichen Anhang. Mehrere Philologen, die den Band schon als Manuskript einsehen konnten, äußern ihre positive Meinung zu dem Buch, zu dem Konzept des Autors, über dessen Gestaltung. Es folgen Zusammenfassungen in englischer, französischer und deutscher Fassung (letztere von Beatrice Ungar). Über 100 Seiten sind der Reproduktion von Archivfotos reserviert worden, die eine beste Dokumentation zur der Geschichte des Vereins bieten. Es folgen eine ausführliche Bibliographie, eine Liste der von der ASTRA veröffentlichten Publikationen, lokalen Monographien, eine Liste der verwendeten Abkürzungen und Sigel, und schließlich eine Namensliste von Persönlichkeiten und Institutionen, die zu den Mitarbeitern und Förderern gezählt werden. Darunter auch der bekannte Hermannstädter Fotograf Emil Fischer (1873 – 1965), der deutsche Philologe Gustav Weigand (1860- 1930), Professor an der Universität Leipzig.
Der ASTRA-Verein, der sich ganz besonders die Förderung des nationalen Bewusstseins der rumänischen Bevölkerung zum Ziel gesetzt hatte, hat durch den aufliegenden Band, der im Verlag „ASTRA Museum“ 2015 erschienen ist, einen neuen, bedeutenden Baustein zu der eigenen Geschichte erhalten.