Gedanken zur nicht einmal so fernen Zukunft von Kronstadt brachte rund dreißig Teilnehmer am 8. Oktober zu einem Workshop im Aro-Place-Hotel zusammen. Es waren größtenteils Fachleute in Sachen Nachhaltigkeit und grüner und digitaler Entwicklung, Vertreter von Nichtregierungsorganisationen, junge Unternehmer. Die Mehrheit waren nicht Kronstädter, so dass mit Interesse erwartet werden konnte, was für Kronstadt als wünschenswert in Aussicht gestellt wurde von Leuten, die die Stadt nur flüchtig kannten, von denen aber deswegen vielleicht eine weniger subjektive Sichtweise vorausgesetzt werden konnte. Zu einer internationalen Beteiligung, wie es sich die Veranstalter, Social Innovation Solutions (SIS) – eine Beraterfirma für Nachhaltigkeit, Zukunftsprognosen und Innovation – gewünscht hätte, kam es leider nicht, so dass Rumänisch zur Arbeitssprache wurde, wobei aber immer wieder auf englische Fachausdrücke und Wortwendungen zurückgegriffen wurde.
In fünf Arbeitsgruppen hatten die Teilnehmer die Aufgabe, Prioritäten in der zukünftigen Gestaltung Kronstadts festzusetzen, die dafür notwendigen Maßnahmen und Schritte in einen Fahrplan („Roadmap“) zu integrieren, um dann in einer Schlussrunde ihre Ergebnisse vorzustellen und zu begründen. Dabei gab es viele Gemeinsamkeiten, weil alle sich als Optimisten erwiesen und Kronstadt nur Gutes wünschen wollten. Es ging um Begriffe wie Nachhaltigkeit, Eco- und Techno-Hub, Kreislaufwirtschaft, städtische Mobilität, Mentalitätswechsel. Vorgesehen war auch die Aufzählung der Herausforderungen (Risikos oder Gefahren), die einem allgemein erwünschten und erwarteten positiven Zukunftsbild im Wege stehen könnten.
Zusammenfassend soll hier diese Zukunft für das Kronstadt des Jahres 2040 beschrieben werden. Kronstadt wird eine weltoffene Stadt sein, in der es sich, vor allem für die junge Generation, zu leben und zu arbeiten lohnt. Stadtverwaltung und Bevölkerung arbeiten gut zusammen, weil das gemeinsame Wohl verfolgt wird und dieselben Werte geteilt werden. Neue umweltfreundliche Technologien haben sich durchgesetzt und gelten als Beispiel auf nationaler und internationaler Ebene, denn Kronstadt wird als grüne Hauptstadt Europas bezeichnet. Eine umweltfreundliche Stadtmobilität ist etwas Selbstverständliches geworden. Die Stadt hat eine der beliebtesten Unis im Land, welche die besten Fachkräfte herangezogen hat und deren Absolventen am liebsten für immer in Kronstadt bleiben würden. Alle fühlen sich wohl in dieser Stadt, die ein Teilnehmer poetisch als „Nest und Ameisenhaufen“ sieht: ein Nest, weil es sich da so wohl und sicher leben lässt; ein Ameisenhaufen, weil da viel los ist in allen Hinsichten (z.B. Wirtschaft, Kultur, Tourismus). Christian Macedonschi, Vorsitzender des Vereins „Smart City Brașov“ schlägt den Slogan „We care“ vor. Uns allen als starke Gemeinde liegt die Zukunft der Stadt am Herzen und das ist die Voraussetzung für den Erfolg.
Allerdings setzt das auch einen Mentalitätswechsel („eine Revolution in der Denkweise“) in der Bevölkerung voraus, man gehe von „neuen Bürgern“ aus – gut erzogen, gut informiert, gut integriert. Und da beginnen auch die möglichen Schwierigkeiten, die genannt wurden: ein Widerstand der Gesellschaft gegenüber Änderungen und Neuerungen; eine Verwaltung, die ihre Grenzen aufzeigt und, darüber hinaus, die sich, je nach Ergebnis der Lokalwahlen, mehr oder weniger an die festgelegte Zukunftsstrategie gebunden fühlt, was also keine Kontinuität garantieren kann. Das Unternehmertum könnte eigene Ziele verfolgen, die nicht im Gleichklang mit jener der Kommune sind. Hinzu kommen eine unvorhersehbare Steuergesetzgebung, Krisen wirtschaftlicher oder politischer Natur, nicht zuletzt ein gefährdeter Frieden.
SIS-Leiter Ciprian St˛nescu, der dieses Treffen effizient und umsichtig moderierte, unterstrich abschließend, dass für die Gestaltung der Zukunft Kronstadts (wie auch Bukarest und Konstanza eine Stadt mit Gewicht und Gesicht auf Landesebene), jenseits von wirtschaftlichem Aufschwung, technischen Errungenschaften oder touristischer Sonderstellung das Wohlbefinden ihrer Bevölkerung nicht aus den Augen verloren werden darf und dass sehr vieles damit von einem entsprechend guten Unterricht abhängt, ausgehend von der Grundschule und nicht nur die Hochschule betreffend.
Ralf Sudrigian