Im Vorwort zu ihrem 2020 erschienenen Buch über Gebrauchsgegenstände in Landwirtschaft, Garten, Haushalt und Handwerk schreibt die Autorin Sara Konnerth, die beruflich an der Lucian-Blaga-Universität als Dozentin tätig ist und sich zugleich als Vorsitzende des Ortsforums Neppendorf im Demokratischen Forum der Deutschen in Hermannstadt engagiert: „Die meisten der in diese Darstellung aufgenommenen Gegenstände stammen aus den ehemaligen Bauernhöfen aus Neppendorf, wo sie von den einst hier wohnenden Sachsen und Landlern benutzt worden sind und hier teilweise heute noch benutzt werden. Hinweisen möchten wir allerdings schon an dieser Stelle da-rauf, dass es sich dabei nicht mehrheitlich um solche Gebrauchsgegenstände und Geräte handelt, die allein von den Neppendorfer Bauern benutzt werden, sondern dass sich alle hier beschriebenen Objekte in die Reihe der Gebrauchsgegenstände gliedern lassen, die typisch sind für alle sächsischen Bauernhöfe aus Siebenbürgen.“ (S. 7f.)
Alle in diesem Buch von Sara Konnerth versammelten Objekte wurden bereits im Rahmen einer Ausstellung mit dem Titel „Neppendorfer Lebensweise“ gezeigt, die anlässlich des 10. Neppendorfer Heimattreffens im Sommer 2019 stattfand. Ein Teil der damals präsentierten Gegenstände kann in der Evangelischen Kirche in Neppendorf vo-raussichtlich noch bis 2022 besichtigt werden, der andere Teil ist heute wieder im Gebrauch derjenigen Neppendorfer Familien, die sie den Ausstellungsmachern als Leihgaben zur Verfügung gestellt haben. In der Danksagung zu ihrem Buch spricht die Autorin aber nicht nur diesen Familien, sondern auch anderen Personen, die zum Zustandekommen dieses Buches wesentlich beigetragen haben, ihren Dank aus, darunter Samuel Beer, aus dessen Buch „Daheim in der Fremde. Die Geschichte der Familie Beer/Penonre aus Neppendorf“ (2018) die Autorin mehrere längere Zitate zur Getreideernte, zu Büffeln als Haus- und Arbeitstieren, zum Hanf- und Flachsanbau, zum „Sechtln“ (Wäschewaschen) und Seifensieden in Neppendorf entnommen hat.
Außerdem dankt die Autorin dem Demokratischen Forum der Deutschen in Rumänien, das den Druck und das Erscheinen dieses Buches überhaupt erst möglich gemacht hat, ferner den beiden Buchgestaltern Petra Henning und Claudiu Popa vom Hermannstädter Honterus-Verlag, sowie vor allem auch den drei Fotografen: Ştefan Dragomir von der Firma „Artografica“, von dem die meisten Fotos in diesem Buch stammen, sowie Andrey Kolobov und Valer Cazacu.
Durch die exzellenten Fotografien erhalten die im Buch abgebildeten Gegenstände über ihren Gebrauchscharakter und ihren „Symbolcharakter“ (S. 8) hinaus gleichsam Kunstcharakter. Der Philosoph Martin Heidegger hat diesen Gedanken bereits in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts, in seiner Abhandlung „Der Ursprung des Kunstwerkes“, entfaltet und die Surrealisten haben ihn mit der Idee des „Objet trouvé“ noch früher intuitiv erfasst und künstlerisch umgesetzt. So sorgt das Buch von Sara Konnerth im Sinne des Horazschen ‚prodesse et delectare’ für einen mehrfachen Genuss: die Lektüre der Texte von Sara Konnerth und Samuel Beer nützt und belehrt, die Betrachtung der Bilder der drei Fotografen vergnügt und erfreut.
Der Bildteil des Buches, der durchweg von einführenden oder kommentierenden Texten begleitet wird, setzt ein mit größeren Arbeitsgeräten wie Pflug und Egge, die von Zugtieren (Pferden, Ochsen, Büffeln) über das Feld gezogen wurden. Der große Getreiderechen mit langem Rechenbalken kam zum Einsatz, um nach der Aberntung des Getreidefeldes die zurückgebliebenen Ähren von Hand aufzunehmen. Heurechen wurden dagegen bei der Heuernte zum Sammeln von Heugut benutzt. Die im Buch abgebildeten Holzgabeln könnte man sich gut als Accessoires für die Holzskulpturenassemblage „Die Badenden“ (1956) von Pablo Picasso vorstellen. Daneben sieht man in Sara Konnerths Buch Heu-, Mist- und Kartoffelgabeln aus Metall sowie hölzerne Heurupfer, die dazu dienten, das Heu von den Schobern herunterzuziehen.
Allen im Buch gezeigten Gegenständen eignet eine ästhetische Dimension, die unter anderem von der Tatsache herrührt, dass es sich bei ihnen um keine industriell gefertigten Produkte handelt, die alle gleich sind, sondern um manuell gefertigte Einzelexemplare, Originale sozusagen. So kann man auf S. 24 des Buches von Sara Konnerth eine Sense bewundern mit einem wunderbar geschwungenen Sensenblatt, das in der Biegung des hölzernen Sensenbaumes seine formale Entsprechung findet. Für den Bauern, der diese Sense schwingt, hat sie Gebrauchscharakter, für den Betrachter, der ihre optische Form genießt, außerdem ästhetischen Charakter. Auch die Gebrauchsspuren, die man an den Gegenständen wahrnehmen kann, tragen zur Wahrnehmung ihres Kunstcharakters bei.
Auf Gartengeräte wie Hacke, Spaten oder Sichel folgen in Sarah Konnerths Buch Geräte aus der Viehzucht wie Melkzubehör, Milchkannen oder das „Milchwagerl“, in dem die Milch weitertransportiert wurde. Desgleichen finden sich Abbildungen von Jochen, in die die Tiere eingespannt wurden, von Brandeisen, mit denen die Tiere gekennzeichnet wurden, und von Geräten wie dem Maisribbler oder dem Kartoffelstampfer, mit Hilfe derer Tierfutter zubereitet wurde. Dreschflegel, Fruchtschaufeln, Messgeräte (wie etwa das hölzerne „Viertel“) und Waagen runden den landwirtschaftlichen und gartenbaulichen Teil des Buches ab, auf den dann im folgenden Teil Haushaltsgeräte folgen: Holztrog, Backformen, Backofenzubehör, Mehlsieb und Mehlschaufel, Geräte zur Wurstzubereitung,
Suppenschüsseln, Küchengeschirr aus Kupfer und Emaille. Auch hier kann man sich an den Farben und Formen der Geräte erfreuen: am Glanz der Emaille (etwa bei einem „Waidling“, einem Gerät, das man zum Teiganrühren, zum Spülen von Gemüse und zum Wäschewaschen benutzte) oder am Leuchten des Kupfers.
Kleinere Küchengeräte, Instrumente zur Weinzubereitung (Kelter, Quetsche, Fässer, Krüge), Schnapskessel, kunstvoll bemalte Teller und Krüge, Porzellangeschirr, das allerdings in Bauernhäusern selten benutzt wurde, und Gegenstände aus Keramik ergänzen diesen Teil des Buches, in dem die Autorin selbst an einer Stelle die ästhetische Qualität der fotografierten Objekte hervorhebt: „Keramikgegenstände waren nicht nur nützlich und – wie man heute weiß – gesund, sondern boten auch einen ästhetischen Anblick.“ (S. 101)
Geräte zur Hanfbearbeitung, Spinnrocken und Spinnräder, Haspeln und Webstühle sind in Sara Konnerths Buch ebenso abgebildet wie handwerkliche Produkte, z. B. gewobene Teppiche. Der auf S. 122 des Buches abgebildete Fetzenteppich ist das Werk der Großmutter der Autorin, an dem jene noch im hohen Alter auf dem Webstuhl im Keller ihres Hauses gewoben hat. Ganz am Ende des Buches kommen noch handwerkliche Utensilien zur Sprache und zur Abbildung: Arbeitsgeräte des Maurers sowie des Tischlers. Neben Anmerkungen und einem Bilderverzeichnis mit Bildnachweis bietet das Buch zudem ein ausführliches Literaturverzeichnis, auf dessen einzelne Titel zum Teil in den diversen Kapiteleinführungen (vgl. etwa S. 11ff.) eigens Bezug genommen wird. Insgesamt also ein lehrreiches und anschauliches Buch, das auch andere dörfliche Gemeinschaften dazu anregen will, „weitere, noch feststellbare Bestände an landwirtschaftlichen Gebrauchsgegenständen zu retten und zu fotografieren und auf diese Weise für ihre Beschreibung zur Verfügung zu stellen“ (S. 8)!